150 iſt, die in einem großen Teile der Bevölkerung mit Recht Befremden und nicht Befriedigung erzeugt hat, bringt jetzt der Magiſtrat eine Vorlage, um das Un⸗ recht, das ſeinerzeit durch ein unbegreifliches Ver⸗ ſehen — ich weiß nicht, auf welcher Seite — begangen worden iſt, wieder gutzumachen. Ich weiß genau, daß ein Teil meiner wenigen Freunde (Heiterkeit) mit mir darin einig iſt, daß wir nur ſehnlichſt wünſchen können, daß der Markt auf dem Witten⸗ bergplatz verſchwindet. Die Herren Bergmann und Genzmer beurteilen eine der eminenteſten und wich⸗ tigſten ſtädtebaulichen Entwicklungen nach dem Preiſe des Kohls, der auf dem Wittenbergplatz feilgehalten wird. (Heiterkeit.) Vergegenwärtigen Sie ſich, wie die ganze Entwick⸗ lung aus dem Zentrum Berlin nach dem Weſten drängt, wie der Wittenbergplatz im Verein mit dem Nollendorfplatz das künftige Zentrum Groß⸗Berlins ſein wird, dann werden Sie erkennen, daß es abſolut notwendig iſt, dieſe Entwicklung nicht aufzuhalten, ſondern zu beſchleunigen. Was zu ſtürzen droht, das ſoll man nicht halten, ſondern man ſoll den Sturz beſchleunigen. Nur ſo können Sie dem ganzen Fort⸗ ſchritt nutzen. Ein wahrhaft liberaler Mann wird in dieſem Falle dafür ſtimmen: (Heiterkeit) Wittenbergplatz, denn wir weg mit dem Markt vom eine beſſere Geſtaltung wollen eine Weiterentwicklung, haben! Nun wird geſagt: wir wünſchen, daß der Markt am Wittenbergplatz ſolange bleibe, bis ein anderer Platz gefunden wird. Ich glaube, da werden wir uns auf einen Tag vertröſten müſſen, den wir niemals erleben werden. Ich wüßte nicht, welche geeigneten Plätze dort noch in der Nähe frei ſind. Wenn ich meine Wünſche in dieſer Beziehung nicht befriedigen kann, ſo muß ich ſie zugunſten einer beſſeren Sache unterdrücken. Der Herr Kollege Jaſtrow erwähnte, es ſei ja nur eine Störung von 12 bis 2 Uhr. Meine Herren, die Störung iſt nicht von 12 bis 2 Uhr, ſondern die Buden werden ſchon um 4, 5 Uhr des Morgens auf⸗ geſchlagen, und der Radau beginnt mit dem erſten Sonnenſtrahl, den man, Gott ſei Dank, noch auf dem Wittenbergplatz ſieht. Sodann wurde von dem Kollegen Bergmann in geradezu ſteinerweichenden Worten auf den Abzug der Charlottenburger Bürger nach Wilmersdorf hin⸗ gewieſen. (Wiederſpruch des Stadtv. Bergman n.) — Pardon, es war ein anderer Kollege. — Ja, ſie ziehen gerade weg, weil der Markt da iſt. Wenn Sie den Wittenbergplatz ſo ausgeſtalten, wie Wilmersdorf ſeine Plätze ausgeſtaltet, wenn Sie ſo vorgehen wie Wilmersdorf, das die Märkte auf ſeinen Plätzen ab⸗ tut, dann bekommen Sie auch ein ſteuerkräftiges Publikum dahin. Ich ſtimme durchaus dem zu, daß der Markt auch gewiſſe Bevölkerungskreiſe anzieht; aber von den Bewohnern, die dort in Frage kommen, wäre das nur die kleinſte Minderheit, (Stadtv. Ru ß: Sehr richtig!) Sitzung vom 8. April 1914 denn Leute, die 7⸗ und 8000 ℳ Miete zahlen, meine Damen und Herren (Stürmiſche Heiterkeit., Vorſteher Dr. Frentzel (unterbrechend): Herr Kollege Granitza, ich darf Sie wohl darauf aufmerk⸗ ſam machen, daß das paſſive Wahlrecht der Frauen für die Stadtverordnetenverſammlung noch nicht ein⸗ geführt iſt. (Heiterkeit.) Stadtv. Granitza (fortfahrend): Ich meine, für diejenigen Frauen, die ſelbſt oder deren Eheleute eine derartige Miete zahlen, kommt ein Markt auf dem Wittenbergplatz nicht in Frage. Dieſe Herr⸗ ſchaften werden beim Einkauf ihrer Waren weit beſſer in den Spezialgeſchäften bedient, die ſich dort etablieren werden. Wer aber in der dortigen Gegend noch preiswert einkaufen will, der möge ruhig die Stadtmärkte aufſuchen, an denen ja meiner Ueber⸗ zeugung nach Charlottenburg ſonſt noch einen großen Ueberfluß hat. Nun die finanzielle Seite1! Wir bekommen Geld von der Untergrundbahn einfach geſchenkt, um einen wunderſchönen Platz herzurichten oder um den nicht wunderſchönen Platz jetzt wunderſchön zu ge⸗ ſtalten. Ich meine doch, wir ſollten das Geld, das uns geboten wird, nicht abweiſen. Denn nachher, wenn die Polizei uns erſt dazu zwingt — und ſie zwingt uns ſicher, den Markt zu beſeitigen, ganz gleich, ob Ihr Wunſch, einen andern Platz für den Markt zu finden, erfüllt wird oder nicht —, dann müſſen wir das Geld aus unſerer Taſche nehmen, um den Wittenbergplatz auszuſtatten. Alſo nehmen wir das Geld, das uns jetzt mit vollen Händen ge⸗ boten wird, und vertröſten wir uns nicht auf den Tag, bis wir einmal etwas anderes finden. Auf die Suche nach neuen Plätzen möchte ich nicht gehen. Meines Erachtens iſt die Ueberweiſung der Ma⸗ giſtratsvorlage an einen Ausſchuß — ich ſpreche nicht für meine Freunde, ſondern für mich perſönlich — (Heiterkeit) ganz überflüſſig; die Frage iſt ſo breit und ſo reich erörtert, daß jeder Verkehrstechniker, jeder, der die ſtädtebauliche Entwicklung unſerer Großſtädte in London und Paris ſtudiert hat, weiß: der Markt auf dem Wittenbergplatz iſt ein Uebel, alſo weg mit ihm! Stadtv. Meyer: Meine Herren! Ich habe das ſeltene Vergnügen, mit Herrn Kollegen Dr Bor⸗ chardt übereinzuſtimmen, nämlich darin, daß auch meiner Ueberzeugung nach die heutige Diskuſſion die Ziele verkennt, die eine Diskuſſion in der Voll⸗ verſammlung hat, wenn ein Ausſchuß eingeſetzt werden ſoll. Wir täten gut, uns die Stellung zu den Detailfragen vorzubehalten, nachdem der Aus⸗ ſchuß beraten und uns über das Ergebnis ſeiner Beratungen berichtet hat. Ich werde mich demgemäß auch mit all dieſen Detailfragen nicht befaſſen; ich habe mich nur zum Worte gemeldet, um auf zwei Punkte einzugehen, deren Klärung im Plenum allerdings notwendig erſcheint. Das eine nur ganz kurz gegenüber Herrn Kol⸗ legen Granitza, der ausgeführt hat, daß jeder wahr⸗ ſhaft liberale Mann für die Aufhebung des Marktes