160 hier das möglichſte Entgegenkommen bewieſen werden möchte, und gerade dieſe Rückſicht auf den Wunſch, den Anliegern möglichſt entgegenzukommen, d. h. ſoweit es irgend angängig iſt und ſoweit irgendeine Sicherſtellung für die For⸗ derung hinterlegt wird, hat den Ausſchuß verhin⸗ dert, Ihnen etwa zu empfehlen, die Petition nur als Material zu überweiſen. 4 Ich will mich alſo kurz dahin reſümieren, daß Ihnen der Ausſchuß empfiehlt, die Petition zur Berückſichtigung zu überweiſen, aber in den Grenzen, die das Orts⸗ ſtatut der Verwaltung läßt, und in den Grenzen, dienach den allgemeinen ſozialen und finanziellen Grund⸗ fätzen der Stadtverwaltung gelten. Ich bitte Sie, meine Herren, demgemäß zu be⸗ ſchließen. Sitzung vom (Bravo!) Stadtv. Mosgau: Meine Herren! Wenn mein Fraktionskollege Otto in der letzten Sitzung die Be⸗ ſprechung der Anfrage der Kollegen Jachmann und Gen. beantragte, ſo geſchah es aus dem durchaus ver⸗ ſtändlichen und berechtigten Empfinden heraus, daß es ſich hier um eine Angelegenheit handelt, die in weiten Kreiſen der Bürgerſchaft Aufſehen erregt hat. Wir wurden ganz plötzlich vor die Tatſache geſtellt, daß der Magiſtrat von den Hausbeſitzern in einer Straße, die wir ſchon lange als eine fertige Straße kennen, hohe Beiträge forderte. Nun iſt durch die Darlegungen des Herrn Kol⸗ legen Dr. Stadthagen das Material in überſichtlicher, klarer und deutlicher Weiſe dargelegt worden, ſo daß es ſich erübriat, darauf noch einmal einzugehen. Ich beſchränke mich alſo darauf, nur im Auftrage meiner Freunde die Erklärung abzugeben, daß wir für den Antrag des Petitionsausſchuſſes ſtimmen werden, weil uns klar iſt, daß der Magiſtrat zu ſeinem Vor⸗ gehen nicht nur berechtigt, ſondern ſogar verpflichtet iſt. Der Magiſtrat muß die Rechte der Stadtge⸗ meinde in der Art und Weiſe wahrnehmen, wie es ihm am richtigſten ſcheint. Ob der Weg, den er geht, richtig iſt, darüber ſteht uns keine Kritik zu; denn die Erhebung von Gebühren iſt durch die Städteordnung allein dem Magiſtrat ohne Mitwirkung der Stadt⸗ verordnetenverſammlung vorbehalten. Wir haben wohl alle nach dem Vortrag des Herrn Kollegen Dr Stadthagen den Eindruck gewon⸗ nen, daß es ſich hier um ein Gebiet handelt, das ſehr ſchwierig und auch ſehr ſtrittig iſt. Ob der Magiſtrat mit ſeiner Auffaſſung, daß hier der § 15 des Flucht⸗ liniengeſetzes anzuwenden ſei, recht behalten wird, weiß niemand. Wenn er es tut, tut er es in der pflichtmäßigen Erwägung, daß er dadurch die Inter⸗ eſſen der Stadtgemeinde am beſten wahrzunehmen glaubt. Die Stellung der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung einer derartigen Petition und einem derartigen Vorkommnis gegenüber muß von der von rein recht⸗ lichen Grundſätzen diktierten Stellung des Magiſtrats abweichen. Es muß hier ein wenig, ich möchte nicht fagen: mit dem Gefühl, aber mit dem Mitfühlen gehandelt wer⸗ den. Wir müſſen uns in die Lage der Grundbeſitzer zu verſetzen ſuchen, die plötzlich — teilweiſe vielleicht, ohne daß ſie es für möglich hielten, teilweiſe in der Erwartung, daß das Ereignis eintritt — aufgefordert werden, bedeutende Summen zu bezahlen. Da haben 8. April 1914 unſere Mitbürger das Recht, zu verlangen, daß von ihren Vertretern in der Stadtwerordnetenverſamm⸗ lung alles geſchieht, damit ihnen die Erfüllung ihrer Verpflichtung, um die es ſich ja hier handelt, ſo leicht wie möglich gemacht wird. 4 Darum wird meine Fraktion den Antrag auf Berückſichtigung annehmen, nicht weil ſie damit ir⸗ gendwie das Vorgehen des Magiſtrats kritiſieren will, ſondern nur weil ſie ausdrücken will, daß den Charlottenburger Steuerzahlern in der Hardenberg⸗ ſtraße gegenüber alle diejenige Rückſicht genommen werde, die im Rahmen des Geſetzes, im Rahmen der Rechte der Stadtgemeinde möglich iſt. (Bravol) Stadv. Dr Borchardt: Meine Herren! Die Stellungnahme der liberalen Fraktion, wie ſie eben durch den Herrn Vorredner dargelegt worden iſt, iſt nach meinem Empfinden geradezu das Unglaubiuuſte, was mir je vorgekommen iſt. Es wird klipp und klar ausgeſprochen, daß der Magiſtrat mit ſeinem Vor⸗ gehen goldrecht hat; es wird klipp und klar von den Herren ausgeſprochen, daß der Magiſtrat nicht nur be⸗ rechtigt, ſondern ſogar verpflichtet geweſen iſt, ſo vor⸗ zugehen, wie er vorgegangen iſt. Das waren die Worte des Herrn Kollegen Mosgau. Trotzdem aber wird geſagt: wenn auch der Magiſtrat ſo vorgegangen iſt, — wir als Stadtverordnete ſtellen uns nicht auf den Rechtsboden, wir ſtellen uns auf den Gefühls⸗ boden; (Sehr richtig! bei der Vereinigten Alten Fraktion.) wir müſſen mitfühlend ſein. Ja, meine Herren, das begreife ich: mitfühlend mit den Herren Grundbe⸗ ſitzern in der Hardenbergſtraße. 7 18 (Rufe: Mit allen!) — Nein, meine Herren, nicht mit allen, ſondern Ihr mitfühlender Standpunkt iſt gegenüber dem Rechts⸗ ſtandpunkt meines Wiſſens wenigſtens zum erſtenmal in den 14 Jahren, in denen ich hier mitzuwirken die Ehre habe, in der Weiſe vertreten worden. Bei keiner anderen Angelegenheit habe ich bisher aus der Stadt⸗ verordnetenverſammlung heraus den Standpunkt ver⸗ treten hören: wir können uns nicht auf den Rechts⸗ ſtandpunkt ſtellen, wir müſſen den Gefühlsſtandpunkt einnehmen und ein mitfühlendes Herz haben, auch da, wo der Rechtsſtandpunkt ein anderer iſt. Meine Herren, es iſt außerordentlich charakte⸗ riſtiſch, daß dieſer Standpunkt gerade gegenüber den Hausbeſitzern in der Hardenbergſtraße hervorgehoben wird. Es war für mich gar nicht ſo ſehr überraſchend, daß dieſer Rummel in der Preſſe losging, daß dieſe, verzeihen Sie den Ausdruck, den ich gebrauche, um mög⸗ lichſt parlamentariſch zu bleiben, durchaus nicht der Wahrheit entſprechenden Behauptungen über das Vor⸗ gehen des Magiſtrats gegenüber den Beſitzern in der Hardenbergſtraße in die Preſſe lanciert worden ſind. Bei der Darſtellung, die man hier hört, kommt es ſo heraus, als ob es irgendwie ſtrittig iſt, daß überhaupt Anliegerbeiträge bezahlt werden. Herr Kollege Dr Stadthagen hat den Standpunkt des Ausſchuſſes ſehr deutlich und eingehend dahin präziſiert, daß darüber kein Streit beſteht, daß die juriſtiſche Streitfrage viel⸗ mehr die iſt, ob die Anliegerbeiträge auf Grund des § 15 des Fluchtliniengeſetzes oder auf Grund des § 9 des Kommunalabgabengeſetzes erhoben werden