164 — Sie haben ganz klar zum Ausdruck gebracht, daß Sie die Petition dem Magiſtrat zur wohlwollenden Er⸗ wägung überweiſen wollen, daß ſie aber dieſen Aus⸗ druck: „zur wohlwollenden Erwägung“ überweiſen, ſür etwas zu ſchwach halten den Wünſchen der Pe⸗ tenten gegenüber und daß ſie deswegen den ſtärkeren Ausdruck: zur Berückſichtigung überweiſen, wählen. Dieſer Berückſichtigung fügen ſie aber ſofort die De⸗ klaration hinzu: beileibe nicht die Wünſche erfüllen — denn das ginge ja auch geſetzlich gar nicht an. Es iſt mir durchaus lieb und angenehm, dieſe klare Feſt⸗ ſtellung (Zuruf: Klare?!) von den Herren gehört zu haben. (Zuruf: Silbenſtecherei!) Wenn dann Herr Kollege Granitza davon ſpricht, ich hätte den Herren etwas imputiert, nämlich ich habe zum Ausdruck bringen wollen, die Anlieger ſollen gar keine Beiträge zahlen —, ſo muß ich dagegen doch proteſtieren. Ich habe nur dagegen Widerſpruch erhoben, daß der Kernpunkt der juriſtiſchen Streit⸗ frage, ob Beiträge zu erheben ſind nach dem einen oder nach dem andern Geſetz, verwiſcht wird und dieſer Kernpunkt der Frage, der uns und den Ma⸗ . intereſſiert, hier für die Hausbeſitzer in den rdergrund geſchoben wird, denen es darum zu tun iſt, keine Beiträge zu bezahlen. Ich nehme gern davon Akt, daß auch Herr Kollege Granitza und Herr Kollege Mosgau — bei Herrn Kollegen Mosgau habe iſt es nicht ſo deutlich in Erinnerung —, aber daß Herr Kollege Granitza mit voller Klarheit wiederum ausgeſprochen hat, daß die Anlieger Bei⸗ träge unter allen Umſtänden zu zahlen haben, daß von einer Ueberraſchung in der Richtung gar keine Rede ſein kann. Wohl aber hat Herr Kollege Granitza mir etwas imputiert, meinen Worten untergelegt, daß ich den Magiſtrat, ſagen wir einmal, habe ſcharf machen wollen, die Anliegerbeiträge nun ſofort mit rigoro⸗ ſeſter Schärfe beizutreiben, ganz gleichgültig, ob dar⸗ über Exiſtenzen zugrunde gehen und Häuſer ſub⸗ 1% werden. Nun, Herr Kollege Granitza mag ch meine Ausführungen im unkorrigierten Steno⸗ gramm durchleſen; er wird dann ſehen, daß er mir tatſächlich etwas imputiert hat. Auf eine Diskuſſion darüber, wer die meiſten Steuern zahlt, ob die Hausbeſitzer die Hälfte aller Steuern zahlen, will ich heute nicht mehr eingehen. (Zurufe: Schadel) Ich glaube, die Verſammlung wird es mir danken. Das eine möchte ich dem Herrn Kollegen Granitza doch ſagen: eine große Anzahl von Bürgern würde außerordentlich zufrieden ſein, wenn ſie ſehr viel mehr Steuern zahlte, als ſie in Wirklichkeit zahlt. Wenn alſo die Hausbeſitzer die Hälfte aller Steuern in Wirklichkeit aufbringen, ei, dann ſind es ganz be⸗ neidenswerte Leute. Eine ganze Anzahl von Bür⸗ Charlottenburgs würde ganz gerne zu dieſer chicht gehören. Wie geſagt, auf die Frage, wo die Steuern letzten Endes herkommen, will ich bei dieſem Punkte der Tagesordnung nicht eingehen. Ich glaube, die Verſammlung wird es mir danken. (Sehr richtig! Bravol und Heiterkeit.) Sitzung vom 8. April 1914 Stadtſyndikus Sembritzki: Meine Herren! Be⸗ vor Sie zur Abſtimmung ſchreiten, möchte ich mit zwei Worten den Standpunkt des Magiſtrats zur Frage der Stundung klarlegen. Wenn die Petenten wünſchen, daß die Beiträge allgemein bis zur rechts⸗ kräftigen Entſcheidung des anhängig gemachten Ver⸗ waltungsſtreitverfahrens geſtundet werden ſollen, ſo kann dieſer Wunſch der Petition Berückſichtigung, d. h. Erfüllung, nicht erwarten, und zwar ſchon des⸗ halb nicht, weil die Beiträge in zwei Jahren nach der Ausſchreibung das ihnen kraft Geſetzes innewoh⸗ nende Vorrecht vor allen ſonſtigen Laſten, Hypo⸗ theken, Grundſchulden verlieren und wir nicht wiſſen können, ob das Verwaltungsſtreitverfahren vor Ab⸗ lauf dieſer zweijährigen Friſt der Verjährung des dinglichen Vorrechtes beendet ſein wird. Außerdem würde es nach meiner Ueberzeugung eine Unbilligkeit gegenüber anderen Steuer⸗ und Abgabenſchuldnern ſein, eine derartig generelle Stundung eintreten zu laſſen. Ueber Stundungsanträge, die uns in einer gewiſſen Anzahl ſchon vorliegen, wird nur von Fall zu Fall entſchieden werden können unter Berück⸗ ſichtigung der wirtſchaftlichen Lage der Antragſteller einerſeits, ſelbſtverſtändlich unter tunlichſter Scho⸗ nung der begründeten wirtſchaftlichen Intereſſen, und der gebotenen rechtlichen und wirtſchaftlichen Inter⸗ eſſen der Stadt anderſeits. (Sehr richtig!) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Stadthagen (Schluß⸗ wort): Meine Herren! Herr Kollege Dr. Borchardt hat einige Punkte nicht ganz den Verhältniſſen ent⸗ ſprechend dargeſtellt; ich muß ſie hier noch klarſtellen, damit nicht aus dem Stenogramm ſpäter falſche Schlüſſe gezogen werden. Er meinte, der Ausſchuß hätte, indem er die Petition zur Berückſichtigung überwieſe, gleichzeitig dazu Stellung genommen, daß die Anlieger überhaupt dieſes Recht, Anlieger⸗ beiträge zu erheben, beſtreiten, und dabei bemerkte Herr Kollege Dr Borchardt, daß die Anliegerbeiträge aus dem einen oder dem andern Geſetz zu erheben wären. Herr Kollege Mosgau hat ſchon den feinen Unterſchied hier klargeſtellt, der zwiſchen Anlie⸗ ger beiträgen im rechtlichen Sinne d. h. den Bei⸗ trägen nach § 15 des Fluchtliniengeſetzes — und Beiträgen auf Grund des § 9 des Kommunalab⸗ gabengeſetzes beſteht. Ich habe es in meinem Re⸗ ferat ausdrücklich vermieden, die Beiträge auf Grund des § 9 als Anliegerbeiträge zu bezeichnen. Die Petenten ſind aber auf die Frage der Beiträge auf Grund des § 9 des Kommunalabgabengeſetzes mit keinem Wort eingegangen. Herr Kollege Dr Bor⸗ chardt befindet ſich alſo in einem Irrtum, wenn er meint, die Petenten hätten die rechtliche Grundlage für die Erhebung von Beiträgen überhaupt beſtrit⸗ ten. Das haben ſie nicht getan, ſondern ſie haben lediglich die Erhebung von Anlieg er beiträgen auf Grund des § 15 des Fluchtliniengeſetzes be⸗ ſtritten. Darüber war ſich der Petitionsausſchuß einig, die Fragen müſſen erſt die Gerichte entſchei⸗ den, da iſt die Rechtslage noch zweifelhaft. Inſofern hat Herr Kollege Bougarbt recht. Dem haben wir uns angeſchloſſen. Ferner hat der Herr Kollege Borchardt geſagt, ich hätte mitgeteilt, die B hätten ſich ein Rück⸗ riffsrecht für beide Fälle geſichert. Meine Herren, as habe ich auch nicht geſagt. Ich habe lediglich