172 Hierbei möchte ich auf etwas hinweiſen. Der Magiſtrat hat nämlich zur Unterſtützung der Vorlage einen Weg beſchritten, den meine Freunde mit Be⸗ fremden beobachtet haben. Es hat im Kreiſe meiner Freunde Verſtimmung hervorgerufen, daß der ſtädti⸗ ſche Preſſedienſt in Bewegung geſetzt wurde, daß eine einſeitige Berichterſtattung veranlaßt wurde, trotzdem der Magiſtrat wiſſen mußte, daß die Anſichten noch nicht geklärt ſind und daß eine ziemlich große Oppo⸗ ſition gegen die Vorlage des Magiſtrats beſteht. Meine Freunde ſtehen auf dem Standpunkt, daß eine derartige Beeinfluſſung der öffentlichen Meinung durch unſern Preſſedienſt nicht angezeigt iſt. Ich hoffe, daß in der Folge hiervon abgeſehen werden wird. (Bravol) Schließlich beantrage ich namens der großen Mehrheit meiner Freunde die Ablehnung der Ma⸗ giſtratsvorlage. Ich hoffe, daß damit die Be⸗ unruhigung, die in weiten Kreiſen der Bürgerſchaft nicht allzu gering iſt, ſchwinden wird. (Bravo!) Stadtv. Granitza: Meine ſehr verehrten Herren! Der vorige Punkt der Tagesordnung beſchäftigte ſich infolge der Ausgeſtaltung des Wittenbergplatzes mit einem Antrage, der heute angenommen worden iſt, und der erfreulicherweiſe wohl bewirken wird, daß ſolche ſtädtebaulichen Entgleiſungen, wie ſie ſtattgefunden haben, in Zukunft tunlichſt verhindert werden. Jetzt haben wir uns in dem nun zur Beratung ſtehenden Punkte der Tagesordnung damit zu beſchäftigen, was in Zukunft aus dem Wittenbergplatz werden ſoll. Der Herr Kollege Bergmann hat ausgeführt: ſolange triftige Gründe nicht vorliegen, müſſe der Markt auf dem Wittenbergplaß beibehalten werden. Die Gründe, die für die Beſeitigung des Marktes auf dem Wittenberg⸗ platz ſprechen, ſind ſo wuchtig und ſo überzeugend, daß die Kommiſſion, die mit ihren 15 Mitgliedern voll⸗ ſtändig beſetzt war, ſich für Abſchaffung des Marktes auf dem Wittenbergplatz ausgeſprochen hat. (Wiederholte Rufe: Einſtimmig?!) — Es iſt nicht geſtattet, über das Stimmenverhältnis im Plenum zu ſprechen. (Widerſpruch und Rufe: Doch, das können Sie machen!) — Ich bin ſeinerzeit belehrt worden, daß das nicht ge⸗ ſtattet iſt. (Wiederholte Rufe: Keine Namen nennen!) — Alſo es hat ſich die Mehrzahl für die Beſeitigung des Marktes ausgeſprochen, und zwar mit 8 gegen 7 Stimmen. (Hört! hört! Heiterkeit und Widerſpruch.) — Das Protokoll ergibt es ja. Nun, für viele Menſchen ſind Gründe niemals zwingend. (Lebhafte Rufe: Sehr richtig! und Heiterkeit.) — Lachen ſind auch keine Beweisgründe. — Kollege Bergmann hat auch nicht einen einzigen Grund ange⸗! Sitzung vom 22. April 1914 führt, der für die Beibehaltung des Marktes ſpräche, mit Ausnahme des Preiſes der Lebensmittel. (Zurufe: Das iſt auch ſehr wichtigl) —. Unterbrechen Sie mich doch nicht, Kollege Boll⸗ mann! — Man wird niemals beſtreiten können, daß auf einem Markte Lebensmittel relativ billig und wohlfeil zu haben ſind. (Bravol) Wenn Charlottenburg bloß auf dieſen einen Markt angewieſen wäre, dann hätte Kollege Bergmann recht. Charlottenburg iſt aber nicht auf dieſen einen Markt angewieſen, ſondern es hat neben dem Markt auf dem Wittenbergplatz noch vier andere Marktplätze; außer⸗ dem wird die Stadt in nächſter Zeit noch zwei andere Marktplätze einrichten. Auch das iſt in der Kommiſſion erörtert worden. Von dieſen Ausführungen hat, ſcheint es, Herr Kollege Bergmann nichts gehört. Ferner iſt in der Kommiſſion ausgeführt worden, daß am Wittenbergplatz 4 Millionen Fahrkarten ge⸗ löſt worden ſeien. Meine Herren, ſtellen Sie ſich ein⸗ mal vor, was das heißt: 4 Millionen Fahrkarten löſen, alſo verkaufen! Es müſſen infolgedeſſen auch faſt ebenſo viele Perſonen oder Fahrgäſte vom Witten⸗ bergplatz abwandern. (Zuruf.) — Annähernd ſtimmt es; die Zufuhr iſt beinahe ſo groß wie die Abfuhr. Mit mathematiſch genauem Erempel kann man hierbei nicht operieren. Wenn man Gründe anführt, ſo kann man nicht allgemein ſagen: der Verkehr iſt groß, der Verkehr iſt klein, es wird viel umgeſetzt, es wird wenig umgeſetzt. Mit ſolchen Gründen aber operiert der Kollege Bergmann. Mit ſolchen allgemeinen Gründen kann ich Ihnen be⸗ weiſen, daß der Mond aus Jod beſteht. Wenn man im verkehrstechniſchen Sinne etwas beweiſen will, ſo muß man zählen, meſſen und rechnen. Alles das hat der Herr Kollege Bergmann nicht getan; er hat weder heute ſolche ſtatiſtiſchen Grundlagen gegeben noch in der Kommiſſion. Allerdings mit einer Zahlenangabe war er bei der Hand, nämlich mit den vielen Unter⸗ ſchriften unter der Petition, die ſich infolge der unge⸗ heuer übertriebenen Agitation mit dem Markt auf dem Wittenbergplatz beſchäftigt hat. Meine Herren, ich lege hier vor mich hin ſieben Briefe, die an mich ge⸗ richtet ſind. Nach der Handſchrift muß ich bei dreien derſelben urteilen, daß die Abſenderin dieſelbe iſt. Merkwürdigerweiſe ſcheinen auch die gedruckten Briefe der nämlichen Quelle zu entſtammen. Der Kollege Bergmann hat geſagt, im Augenblick wären 7400 Un⸗ terſchriften geſtern geſammelt worden. Ich bin geſtern von 7 bis 12 Uhr auf dem Wittenbergplatz geweſen (Zurufe und Heiterkeit) und weiß genau, daß dieſe Unterſchriften ſchon vor 5 und 6 Tagen geſammelt worden ſind. (Zuruf: In kurzer Zeit!) Ich weiß, daß Mädels gemietet worden ſind, in die 24 gegangen ſind und um Unterſchriften gebeten anhe)