Sitzung vom 10. Juni 1914 vielmehr die Erhöhung der Kanaliſationsgebühr in vollem Umfange beſtehen zu laſſen. Ich meine jedoch, daß wir ganz gut den Beſchluß faſſen können, die Müllgebühr herabzuſetzen; denn dann wird ja immer noch der Dispoſitionsfonds um 63 000 ℳ erhöht. Wenn nun angeführt wird, daß einzelne unvor⸗ hergeſehene Ausgaben entſtanden ſind, ſo möchte ich doch bemerken, daß der Dispoſitionsfonds dazu da iſt, unvorhergeſehene Ausgaben zu deckean. Dann möchte ich nochmals betonen, daß wir ja die Möglichkeit geben wollen, den Dispoſttionsfonds um 63 000 ℳ zu erhöhen, und außerdem möchte ich zu bedenken geben, daß in den vorangegangenen Jahren der Dispoſitionsfonds regelmäßig weſentlich, um Hunderttauſende von Mark, überſchritten worden iſt. 4 2 Deshalb glaube ich, an Sie nochmals die Bitte richten zu ſollen, doch nach unſerem Vorſchlage zu be⸗ ſchließen und die Müllgebühr herabzuſetzen. Zeigen Sie, daß Sie nicht nur platoniſch dem Grundbeſitz Ihre Liebe entgegenbringen, ſondern daß Sie ſie auch durch Taten beweiſen wollen. (Bravo!) Stadtv. Gredy: Meine Herren! Wie ich gehört habe, hat der Magiſtrat in dieſer Ausſchußſitzung ſo ernſthafte Eröffnungen über die Finanzlage der Stadt gemacht, daß es wirklich geraten ſcheint, dem Vor⸗ ſchlage des Ausſchuſſes und nicht der Anregung des geehrten Herrn Vorredners zu folgen. Wir haben es hier mit kalten, unerbittlichen Zahlen zu tun. Ich glaube nicht, daß ſich der Magiſtrat damit einver⸗ ſtanden erklären kann, überhaupt den Vorſchlag näher zu prüfen. Es wird meiner Anſicht nach beſſer ſein, ihn zurückzuziehen; denn er wird keine Ausſicht auf Annahme haben. Stadtv. Meyer: Meine Herren! Der Antrag, der heute von Herrn Kollegen Byk befürwortet worden iſt, entſpricht dem Antrag, der ſeinerzeit in der erſten Leſung von meiner Fraktion geſtellt wurde, und ich glaube, Sie werden ohne weiteres überzeugt ſein, daß es uns ſchwer fällt, heute gegen dieſen Antrag zu ſtimmen. (Zuruf von der Vereinigten alten Fraktion: Wer weiß!) — Auf die Frage: wer weiß, glaube ich keine Antwort geben zu ſollen; denn ich halte eine derartige Frage für unparlamentariſch. — Wenn wir es dennoch tun, ſo geſchieht es, weil wir im Ausſchuß die Ueber⸗ zeugung von der Notwendigkeit erlangt haben, gegen den Antrag zu ſtimmen, eine Ueberzeugung, die wir dort übrigens mit einem Vertreter der Vereinigten alten Fraktion, die heute erklärt hat, daß ſie ein⸗ ſtimmig gegen den Ausſchußantrag ſtimmen wind, teilen konnten. Meine Herren, die Sachlage geſtaltet ſich doch ſo, daß wir im dritten Monat des Etatsjahres den Dispoſitionsfonds ſich von 200 000 ℳ auf 80 000 vermindern ſehen und daß es infolgedeſſen nicht dem geringſten Zweifel unterliegen kann, daß, wenn wir die freiwerdende Summe dem Dispoſttionsfonds nicht zuführen, eine ganz erhebliche Ueberſchreitung des letzteren eintreten muß. Würden wir daher den Antrag, der von Herrn Kollegen Dr Byk und ſeinen Freunden einge⸗ 211¹ bracht iſt, annehmen, ſoliefe das dar⸗ auf hinaus, das wir auf eine ſichere, et atsmäßig bereits endgültig feſtge⸗ ſetzte Einnahme verzichteren, um einen un zweifelhaften Fehlbetrag entſtehen zu laſſen. Das, meine Herren, iſt eine Finanzpolitik, die wir nicht mitmachen können, die wir im Intereſſe der Stadt verwerfen müſſen. Nun hat Herr Kollege Dr Byk geſagt, der Dis⸗ poſitionsfonds ſei dazu da, damit unvorhergeſehene Ausgaben daraus gedeckt werden. Das iſt ſehr richtig. Aber wenn wir den Dispoſitionsfonds nicht erhöhen, dann wird er eben unvorhergeſehene Ausgaben nicht decken können, und dann wird allerdings das ein⸗ treten, was in früheren Jahren — das hat Herr Dr. Byk zutreffend ausgeführt — auch eingetreten iſt, daß nämlich der Dispoſitionsfonds bedeutend über⸗ ſchritten wird. Dieſen Luxus konnte ſich die Stadt in zweifellos guten Jahren, in Jahren, in denen ein großer, reichlicher Reſervefonds zur Verfügung ſtand, leiſten. Aber bei der jetzigen Finanzlage, die ſich durch die uns allen bekannten wirtſchaftlichen Verhältniſſe unzweifelhaft ungünſtig geſtaltet hat, darf man dieſen Weg nicht gehen, will man vorſichtig, will man gewiſſenhaft ſein. Zudem, mein Herren, unterliegt es gar keinem Zweifel, daß, wenn wir heute den Beſchluß faßten, die Müllgebühr herabzuſetzen, der Magiſtrar dem nicht zuſtimmen würde und wir bei einem etwaigen Konflikt den Kürzeren ziehen würden. Ich betone ausdrücklich, daß die Möglichkeit eines Konfliktes ſelbſtverſtändlich für niemand ein begründeter Anlaß wäre, von einer wohlerwogenen Meinung abzugehen; aber im vorliegenden Falle ſtehen wir der Sicherheit gegenüber, daß wir auch durch den Konflikt unſere etwaige Beſchlußfaſſung nicht zum Ziele bringen könnten, und zwar, weil dem Magiſtrat die beſſeren Gründe zur Seite ſtehen. Herr Kollege Dr. Byk har gefordert, wir Libe⸗ ralen ſollten zeigen, daß wir nicht nur platoniſch für den Grundbeſitz eintreten. Meine Herren, würden wir ſeinem Antrage zuſtimmen, dann würden wir nicht nureinenplatoniſchen Beſchluß, ſondern einen reinen Demonſtrations⸗ beſchl uß faſſen, (Sehr richtig! bei der liberalen Fraktion.) der Hoffnungen und Erwartungen erweckt, von denen wir ſelbſt wiſſen, daß ſie unter keinen Umſtänden erfüllt werden. Eine derartige Politik würde nach Auffaſſung meiner ſämtlichen Freunde am aller⸗ wenigſten im Intereſſe des Grundbefitzes liegen, und deshalb lehnen wir den Antrag des Herrn Kollegen Dr Byk und ſeiner Freunde einmütig ab. Stadtv. Neumann: Meine Herren! Auch meine Freunde haben keine Veranlaſſung, es wegen dieſer Vorlage zu einem Konflikt mit dem Magiſtrat kommen zu laſſen; aber wir glauben nicht, daß es zu einem Konflikt mit dem Magiſtrat kommen würde, wenn die Stadtverordnetenverſammlung einig wäre. Herr Kollege Meyer ſtellt es ſo dar, als wenn man hier den Hausbeſitzern ein Douceur geben, gleichſam eine Ertravergütung zahle wolle. Davon kann keine Rede ſein. Man hat dem Hausbeſitz eine Ertrabelaſtung auferlegt und will ihm durch dieſe 75 000 ℳ eine Extravergütung zurückgeben; das iſt links und rechts ausgeglichen. Und wenn ſelbſt der Dispoſttionsfonds um dieſe Summe überſchritten