216 B. Erhöhte Preiſe treten ein bei allen Wagneropern und bei Premieren. Bei tantieme⸗ pflichtigen Opern ſowie bei ſonſtigen großen Opern können mit Zuſtimmung der zuſtändigen Deputation und des Magiſtrats die feſtgeſetzten erhöhten Preiſe erhoben werden. C0. Der Opernhaus⸗Betriebs⸗Aktiengeſell⸗ ſchaft wird geſtattet, für die Galerieplätze allge⸗ meine Eintrittspreiſe bis zu 1,25 ℳ. zu erheben. D. Ferner wird der Opernhaus⸗Betriebs⸗ Aktiengeſellſchaft geſtattet, an den Sonntagen in Ausnahmefällen bei Gaſtſpielen mit Zuſtim⸗ mung des Magiſtrats und der zuſtändigen Depu⸗ tation Eintrittspreiſe zu erheben, die über die feſtgeſetzten Preiſe hinausgehen.) Punkt 10 der Tagesordnung: Anfrage der Stadtv. Hirſch und Gen. betr. Feſtnahme von Bürgern durch die Polizei. — Drukſache 151. (Die Anfrage lautet: Iſt dem Magiſtrat bekannt, daß die Polizei in der Sophie⸗Charlotten⸗Straße Bürger, die ruhig ihres Weges gehen, verhaftet und auf der Polizeiwache feſthält? Iſt der Magiſtrat in der Lage, Maßnahmen zum Schutze der perſönlichen Freiheit Charlottenburger Bürger zu ergreifen?) Ich muß noch bemerken, daß die Beſprechung dieſer Anfrage bereits in unſerer Sitzung vom 6. Mai beſchloſſen worden iſt und daß namens der Anfrage⸗ ſteller Herr Kollege Hirſch bereits das Wort erhalten hat, ſo daß nunmehr ein Vertreter des Magiſtrats das ten müßte. Der Herr Oberbürgermeiſter hat das Wort. Oberbürgermeiſter Dr Scholz: Der Magiſtrat hat ſich bereit erklärt, dieſe Anfrage zu beantworten, aber unter der ausdrücklichen Einſchränkung, daß die Beantwortung ſich auf die bisher amtlich feſtgeſtellten Tatſachen beziehen ſoll. Ich habe mich mit dem Herrn Polizeipräſidenten in Verbindung geſetzt und von ihm folgende authentiſche Mitteilung über den Vorfall bekommen — die Mitteilung datiert vom 15. Mai d. I. —: Seit 21. April d. I. wird hier, Sophie⸗ Charlotte⸗Straße Nr. 5, in der Maſchinenfabrik von Stegmeyer geſtreikt. Von den Streikenden wurden in der üblichen Weiſe Streikpoſten aus⸗ geſtellt. Seitens dieſer Streikpoſten ſind wieder⸗ holt, ſo am 1. Mai, Gewalttätigkeiten gegen Ar⸗ beitswillige auf der Straße verübt worden, ſo daß mehrere Strafanzeigen erſtattet werden mußten. Infolge dieſer Vorgänge wurden ſeitens der Schutzmannſchaft ſtrengere Maß⸗ nahmen getroffen, die Streikpoſten zur Ver⸗ hütung weiterer Ausſchreitungen auf Grund des § 125 der Straßenordnung vom 31. Ok⸗ tober 1902 von der Straße zu weiſen. Wegen Nichtbefolgung einer ſolchen poli⸗ zeilichen Anordnung wurde am 4. Mai der Schloſſer Ernſt Brummer zur Anzeige gebracht. Am 6. Mai nachmittags wurde Brummer in Begleitung eines Unbekannten wiederum als Streikpoſten in der Sophie⸗Charlotten⸗Straße betroffen. Der Unbekannte war der Werkzeug⸗ macher Wilhelm Richter. Beide bewegten ſich nicht wie „Bürger, die ruhig ihres Weges Sitzung vom 10. Juni 1914 gehen“ auf der Straße, ſondern patrouillierten vor der Fabrik hin und her, ſo daß über ihre Abſicht, als Streikpoſten ſich zu betätigen, kein Zweifel ſein konnte. Außerdem war Brummer als ſolcher ja bereits bekannt. Seitens des dienſthabenden Aufſichtsbeamten wurden beide aufgefordert, den Platz zu verlaſſen unter Hin⸗ weis darauf, daß Brummer bereits einmal zur Anzeige gebracht ſei. Dieſer Aufforderung leiſteten ſie nur ſo weit Folge, als beide ein Stückchen Weges weitergingen, um ſofort wieder zurückzukehren. Beide wurden von einem hinzukommenden Polizeiwachtmeiſter nochmals aufgefordert, den Platz zu verlaſſen. Brummer leiſtete der Aufforderung nunmehr Folge, während Richter ſich weigerte und erklärte, er könne gehen, wohin er wolle. Darauf wurde Richter aufgefordert, dem Beamten zur Feſt⸗ ſtellung ſeiner Perſon zu der Wache des 10. Polizeireviers zu folgen. Die Siſtierung nach der Wache war um ſo mehr erforderlich, als von 8 bis 10 Streikpoſten der Verſuch ge⸗ macht wurde, Richter aus der Gewalt der Be⸗ amten zu befreien. Es bedurfte erſt der Dro⸗ hung, von der Waffe Gebrauch zu machen, ehe der Beamte ſeiner Aufgabe nachkommen konnte. Die Feſtſtellung der Perſönlichkeit auf der Wache hat genau 19 Minuten Zeit erfordert (von 5 Uhr 12 bis 5 Uhr 31), nach deren Verlauf Richter wieder entlaſſen wurde. Von einer Ver⸗ haftung kann mithin überhaupt nicht die Rede ſein. Gegen Richter wurde eine Strafanzeige vor⸗ gelegt. Da Richter bei ſeiner Vernehmung jede Auskunft verweigerte, iſt die Anzeige zwecks Erhebung der Anklage aus § 125 Straßen⸗ ordnung an die Königliche Amtsanwaltſchaft abgegeben worden. So weit die Mitteilungen des Herrn Polizei⸗ präſidenten. Ich habe mich heute nach der Lage der Sache erkundigt und erfahren, daß die Angelegenheit im Rechtsſtreit befangen iſt. Meine Herren, ich habe mich für verpflichtet ge⸗ halten, der Stadtverordnetenverſammlung — da die Sache in öffentlicher Sitzung angeregt worden war — von dem Stande der Dinge Mitteilung zu machen. Ich möchte aber der Verſammlung anheimgeben, heute von einer Beſprechung der Angelegenheit abzuſehen, und zwar aus zwei Gründen. Einmal iſt es in allen Parlamenten nicht nur alter, ſondern auch ſehr ver⸗ ſtändiger Brauch, in den Lauf eines Rechtsſtreits durch Beſprechung der Sache nicht einzugreifen; anderſeits ſtehe ich aber auch perſönlich auf dem Standpunkt, daß gerade eine Selbſtverwaltung, die den Kreis ihrer Zuſtändigkeit ſo weit faßt und ſo energiſch behauptet, wie ſie es irgend kann, keinen An⸗ laß dazu geben ſoll, daß ihr vorgeworfen wird, daß ſie in andere Zuſtändigkeiten eingreife. Und das würde zweifellos geſchehen, wenn wir heute in eine Beſprechung dieſes Falles einträten. Ich möchte alſo der Verſammlung anheimgeben, heute von einer Be⸗ ſprechung nach dieſer Mitteilung Abſtand zu nehmen. Vorſteher Dr. Frentzel: Die Beſprechung iſt in der Sitzung vom 6. Mai, wie ich vorhin ſchon ſagte, be⸗ ſchloſſen. Wir können alſo von der Beſprechung heute nur dann Abſtand nehmen, wenn die Majorität dieſer Verſammlung eine weitere Vertagung dieſer Beſpre⸗ chung beſchließen würde.