226 der Bewilligung einer größeren Summe näherzu⸗ treten; denn das, was der Magiſtrat hier vorſchlägt, iſt doch außerordentlich beſcheiden, wenn man erfährt, daß beiſpielsweiſe München 60 000 ℳ im Jahre für dieſen Zweck opfert, daß Caſſel 16 000 ℳ dafür aus⸗ gibt und außerdem Räume im Rathaus zur Ver⸗ fügung ſtellt, damit ein dort beſtehender Verkehrs⸗ verein förderlich wirken kann. Und faſt alle größeren Städte Deutſchlands haben auf dieſem Gebiete ſchon Namhaftes geleiſtet. Ich will nicht alles aufzählen, was in dieſer Beziehung ſchon geſchehen iſt. Einige Städte haben Führer in die Welt hinausgehen laſſen, andere haben Automaten in ihren Städten aufge⸗ ſtellt, die nach Einwurf eines 10 Pf.⸗Stücks einen Führer verabfolgen. Duisburg hat inmitten ſeiner Stadt an hervorragender Stelle einen Rundbau er⸗ richtet, in dem ſtändig ein Beamter waltet, der allen Fremden den richtigen Weg weiſt. Wenn nun auch Charlottenburg nicht mit München in einem Atemzuge genannt werden kann, ſo iſt die Summe, die Charlottenburg hier aufwenden will, doch ſehr beſcheiden. Zwar gibt Berlin zunächſt nur 5000 ℳ; aber opferwillige Bürger von Berlin haben bisher ſchon die Summe von 30 000 ℳ auf⸗ gebracht und ſo ein erfolgreiches Arbeiten des Zentral⸗ vereins ermöglicht. Wenn man die letzte Fremden⸗ ziffer in Charlottenburg anſieht, ſo gibt ſie doch einen Fingerzeig dafür, daß hier etwas geſchehen muß. Im Monat April weiſt der Fremdenverkehr von Char⸗ lottenburg allein 4 620 Perſonen auf, die in hieſigen Hotels und Gaſthäuſern genächtigt haben. Die Zahl der Paſſanten iſt jedenfalls ein Vielfaches davon. Von allen Berliner Vorortgemeinden iſt meiner An⸗ ſicht nach in erſter Linie Charlottenburg daran inter⸗ eſſtert, hier etwas zu tun. Charlottenburg mit ſeinen herrlichen Avenuen und ſeinen vielen Sehenswürdig⸗ keiten kann in dieſer Beziehung nicht in einem Atem⸗ zuge mit Steglitz, Wilmersdorf oder Reinickendorf ge⸗ nannt werden; hier nehmen wir ſicherlich eine Sonder⸗ ſtellung ein. Im Jahre 1916, glaube ich, wird Char⸗ lottenburg im Vordergrunde des Fremdenzuſtroms ſtehen, wenn hier die großen olympiſchen Spiele ſtatt⸗ finden. Das Geld, das wir vorher für dieſe Zwecke ausgeben, wird im Jahre 1916, davon bin ich per⸗ ſönlich feſt überzeugt, vielfältig wieder eingebracht werden. Ich habe infolgedeſſen vor einigen Monaten mit dem Herrn Direktor Thiele von der hieſigen Kunſtgewerbeſchule Fühlung genommen, der auf meine Veranlaſſung hin in ſeiner Anſtalt ein Konkurrenz⸗ ausſchreiben veranſtaltet hat, um ein künſtleriſches Plakat für Charlottenburg zu gewinnen. Ich habe mir erlaubt, mit Zuſtimmung des Direktors und des Dezernenten der Schule einige Exemplare hier zur Verfügung zu ſtellen, und bitte die verehrten Herren Kollegen, ſie in Augenſchein zu nehmen. Insbe⸗ ſondere würde ich den Vertreter Charlottenburgs, der in dieſen Ausſchuß gewählt werden ſollte, bitten, dafür zu ſorgen, daß bei dem Plakatentwurf für Groß⸗ Berlin Charlottenburg nicht zu kurz kommt, daß viel⸗ leicht die hier gewonnenen Skizzen eine gute Grund⸗ lage dafür bilden. Ein ſolches Plakat muß in vielen Hunderten und Tauſenden von Eremplaren auf den Bahnhöfen und in den Zügen die von und nach Berlin führen, verbreitet werden, und wenn ein ſolches Plakat für Berlin verbreitet wird, müßte es auch gleichzeitig für Charlottenburg verbreitet werden. In dieſem Sinne bewilligen meine Freunde ſehr gern die beſcheidene Summe von 1000 ℳ und be⸗ halten ſich weitere Anregungen vor. Sitzung vom 24. Juni 1914 Stadtv. Wöllmer: Meine Herren! Die Frei⸗ gebigkeit meines Herrn Vorredners iſt ſehr bemerkens⸗ wert. Wir ſind der Meinung, daß wir lediglich der Anregung des Magiſtrats folgen und weitere An⸗ träge nicht ſtellen ſollten. Ich kann nicht verhehlen, daß ſogar im Kreiſe meiner Freunde einige Bedenken darüber laut wurden, ob wir uns überhaupt an die⸗ ſem Privatunternehmen beteiligen ſollten, da das In⸗ tereſſe Charlottenburgs an dieſer Sache doch nicht ſo groß iſt. Unſere Fraktion wird dem Antrage des Magiſtrats zuſtimmen, aber einen höheren Betrag nicht bewilligen. Stadtv. Dr. Borchardt: Auch für meine Freunde kann ich erklären, daß wir weiteren Anregungen des Herrn Kollegen Rieſenberg in der von ihm genannten Richtung nicht mit Freuden entgegenſehen, daß wir ſolche Anregungen zwar prüfen werden, aber ſchon heute glauben verſichern zu können, daß wir ſie ab⸗ lehnen werden. Wir finden den Betrag von 1000 ℳ, der hier gegeben werden ſoll, ſogar reichlich hoch für dieſen Zweck, wenn man bedenkt, daß Berlin nur 5000 Mark zahlt. Herr Kollege Rieſenberg ſcheint denn doch die Stellung Charlottenburgs als eines Vororts von Berlin vollſtändig zu verkennen. Soviel Schönes, Gutes und Sehenswertes auch in Charlottenburg ſein mag, — die Fremden, die ſich das anſehen, werden deswegen alle doch weiter in Berlin wohnen und nicht in Charlottenburg logieren. Es werden alſo alle die⸗ jenigen wohltätigen Folgen für Charlottenburg, von denen Herr Kollege Rieſenberg geſprochen hat, in keiner Weiſe eintreten. Wir ſind nun einmal ein Vorort von Berlin, und in dieſer Stellung ſollten wir nicht ver⸗ ſuchen, ſo zu tun, als ob wir in mancher Beziehung eben eine große, ganz und gar ſelbſtſtändig liegende Gemeinde ſeien. Wie geſagt, uns erſcheint der Beitrag von 1000 Mark, den wir für dieſen Zweck zahlen wollen, eich⸗ lich hoch, und ich muß geſtehen, daß ich etwas erſtaunt darüber bin, daß man gerade von jener Seite, die ſonſt den Daumen ſo außerordentlich feſt auf den Beutel hält, wenn es ſich auch nur um wenige Pfennige bei manchmal ſehr notwendigen Ausgaben handelt, in dieſem Falle, wo es ſich um eine durchaus nicht un⸗ bedingt notwendige Angelegenheit handelt, ſo frei⸗ gebig vorgehen will. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Ge⸗ genüber den Angriffen des Herrn Kollegen Dr Borchardt möchte ich bemerken, daß, wenn Herr Kollege Rieſenberg Vorſchläge bezgl. etwas ſtärkerer Geldaus⸗ gaben gemacht hat, er dabei natürlich von dem Ge⸗ danken ausgegangen iſt, daß ſich dieſe Geldausgaben ſehr gut rentieren werden. Das iſt bei dieſem ganzen Unternehmen zur Hebung des Fremdenverkehrs ſelbſt⸗ verſtändlich die Grundidee. Damit entfallen alle Fol⸗ gerungen, die Herr Dr Borchardt daraus gezogen hat. (Sehr richtig! bei der Vereinigten Alten Fraktion.) (Die Verſammlung beſchließt mit großer Mehr⸗ heit nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Leiſtung eines Jahresbeitrages an die Zentralſtelle für den Fremdenverkehr Groß⸗ Berlins in Höhe von 1000 ℳ. vom 1. April 1915 ab unter der Bedingung zu bewilligen, daß ein Vertreter der Stadtverwaltung in den Vorſtand der Zentralſtelle eintritt.)