Sitzung vom 24. Juni 1911 burg und dann nach Kurfürſtendamm führen ſoll. Hierdurch würden die Stadt⸗ und Straßenbahn ſehr entlaſtet werden, auch bekämen die Bewohner von Wilmersdorf, Halenſee und Grunewald direkten An⸗ ſchluß an den Stadt⸗ und Fernbahnhof Charlotten⸗ burg. Durch den gedachten Ring würden dicht⸗ bevölkerte Stadtteile Charlottenburgs an den Ver⸗ kehr angeſchloſſen, auch würde die ſpätere Bebauung des Exerzierplatzgeländes günſtig beeinflußt werden. Da dieſe ganze Angelegenheit noch ſehr unreif iſt, man noch gar nicht weiß, wie ſich die Untergrund⸗ bahngeſellſchaft ſowie die hierbei in Betracht kommen⸗ den Behörden und ganz beſonders die einzelnen Ge⸗ meinden zur Sache ſtellen werden, ob die Nachbar⸗ gemeinden eventuell genügende Zuſchüſſe geben würden, ob überhaupt die gedachte Linienführung infolge der ſcharfen Kurven techniſch durchführbar ſein wird, ſo kann dieſem Plane vorläufig noch nicht ernſtlich näher getreten werden. Sollte eine der hier aufgeführten Linienführungen Tatſache werden, ſo würde Charlottenburg jedenfalls ein Vorteil daraus nicht erwachſen; im Gegenteil, wir würden Nachteile dadurch haben, weil infolge der günſtigeren Geſtaltung der Verbindungen von den Vororten zur Stadt ein großer Teil unſerer ſteuerkräftigen Bürger nach außerhalb ziehen wünde. Der Petitionsausſchuß hat deshalb beſchloſſen, die Petition des Haus⸗ und Grundbeſitzervereins 1895 dem Magiſtrat als Material zu überweiſen. Ich bitte Sie, meine Herren, dem Beſchluſſe des Petitions⸗ ausſchuſſes zuſtimmen zu wollen. Stadtv. Brode: Meine Herren! Geſtatten Sie, daß ich für meine Perſon an dieſe Ausführungen einige Bemerkungen knüpfe. Als wir im Jahre 1909 die Teillinie vom Wittenbergplatz nach der Uhland⸗ ſtraße beſchloſſen, hatten wir wohl alle die Hoffnung, baß, wenn die Linie einmal fertiggeſtellt ſein würde, dann auch bereits die Weiterführung in Angriff ge⸗ nommen ſein würde. Inzwiſchen ſind nahezu fünf Jahre verfloſſen, und wir ſtehen heute genau auf demſelben Standpunkt wie im Jahre 1909. In der Bürgerſchaft wird es vielfach nicht verſtanden, woran das eigentlich liegt, daß gerade dieſe Linie nicht weitergeführt wird, wo doch heutzutage überall in Groß⸗Berlin von Untergrundbahnprojekten die Rede iſt und Untergrundbahnen gebaut werden. Die Kur⸗ fürſtendammlinie wird aber nicht weiter gebaut. Da hört man nicht zu ſelten, daß daran wohl Charlotten⸗ burg die Schuld trage. Gerade um dieſer Anſicht entgegenzutreten. habe ich mir das Wort erbeten. Wir ſind ſeinerzeit, als wir die Untergrund⸗ bahnvorlage genehmigten, von der Vorausſetzung ausgegangen, daß das Unternehmen vom Wittenberg⸗ platz bis nach Halenſee oder Bahnhof Charlotten⸗ burg ein einheitliches Ganzes bildet. Um dieſes Unternehmen möglich zu machen, haben wir uns ent⸗ ſchloſſen, über 2½ Millionen zuzuſchießen, um zu⸗ nächſt einmal die Teilſtrecke bis zur Uhlandſtraße ſicherzuſtellen und zu bauen. Das taten wir in der Vorausſetzung, daß es gelingen würde, auch die übri⸗ gen Gemeinden, die an dieſer Linie intereſſiert ſind, zur Fortführung der Linie zu bewegen. Denn wenn wir nicht davon überzeugt geweſen wären, daß eine Fortführung der Linie in abſehbarer Zeit erfolgt, würden wir ſicher nicht dieſe Teillinie, dieſe Sackbahn gebaut und die hohen Beträge darin inveſtiert haben. Nun liegt die Sache ſo, daß es bis heute dem Magiſtrat nicht möglich geweſen iſt, ſich mit den 231 Organen der in Betracht kommenden Gemeinden zu verſtändigen. Da möchte ich doch an den Magiſtrat die Bitte richten, zu erwägen, ob denn nicht, wenn dieſe Verſtändigung, wie ſich gezeigt hat, nicht mög⸗ lich iſt, ein anderer Weg gangbar wäre, ob es nicht möglich wäre, daß wir den Zweckverband mit dieſer Angelegenheit beauftragen. Der Zweckverband iſt doch eigentlich dazu da, in ſolchen Fällen einzutreten, wo ſich die einzelnen Intereſſenten untereinander nicht verſtändigen können. Oder ob es nicht möglich würe, einen gemeinſchaftlichen Wirtſchaftsbetrieb in Ausſicht zu nehmen, wie das von verſchiedenen Seiten angeregt wird. So wie es bis heute gegangen iſt, kann es doch nicht weiter gehen. Nachdem 5 Jahre verfloſſen ſind, ſtehen wir genau auf demſelben Standpunkt wie früher. Es wird wirklich nicht in der Bürgerſchaft verſtanden, aus welchem Grunde eigentlich die Fortführung der Bahn nicht geſchieht. Wenigſtens ſollte doch die Oeffentlichkeit darüber in⸗ formiert werden, daß Charlottenburg die Schuld daran nicht trägt. Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Herren! Die Angelegenheit, die der Herr Stadtv. Brode eben hier zur Sprache gebracht hat, iſt ſo bedeutungsvoll und von ſo außerordentlich finanzieller Tragweite, daß ſie im Rahmen einer Petition meiner Anſicht nach überhaupt nicht behandelt werden kann. (Sehr richtig!) Außerdem ſind wir gar nicht darauf vorbereitet, dieſe Anfrage ſofort zu beantworten. (Stadtv. Brode: Es war keine Anfrage!) — Die Wünſche ſind geäußert worden, und Herr Stadtv. Brode hatte uns nahegelegt, gegenüber der Oeffentlichkeit feſtzuſtellen, daß die Stadt Char⸗ lottenburg keine Schuld an der Verzögerung der An⸗ gelegenheit träfe. Wir können uns doch nicht mit einer kurzen Erklärung in dieſem Sinne begnügen, ſondern müſſen Tatſachen mitteilen, aus welchen hervorgeht, daß in der Tat von unſerer Seite alles geſchehen iſt, was im Intereſſe der Sache geſchehen konnte. Ich möchte alſo bitten, uns davon zu entbinden, heute irgendwelche ſachlichen Erklärungen abzugeben, und ſtelle anheim, in der zuſtändigen Deputation oder gelegentlich durch beſondere Anfrage dieſe kom⸗ plizierte Angelegenheit zur Erörterung zu ſtellen. (Bravo!) (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ausſchuſſes, die Petition 1I11 dem Magiſtrat als Material zu überweiſen.) Vorſteher Dr Frentzel: Wir kommen zu IV. Petition des Bundes der Charlottenburger Haus⸗ und Grundbeſitzervereine betr. Stra⸗ ß en handel. Berichterſtatter Stadtv. Imberg: Meine Herren! Es liegt uns heute wieder eine Petition auf Aufhebung des Straßenhandels vor. Dieſe Materie hat uns ſchon häufig und ſeit vielen Jahren ſowohl im Peti⸗ tionsausſchuß wie hier im Plenum beſchäftigt und