232 wir haben erſt im Dezember vorigen Jahres recht ausführlich über dieſes Thema verhandelt. Die uns heute vorliegende Petition bietet in ihrer Begründung nichts Neues, nichts was wir nicht ſchon aus den früheren Eingaben kennen. Es wird ausgeführt, daß das Straßenbild durch die Wagen ver⸗ unſtaltet, daß das Publikum durch die Straßenhänd⸗ ler hin und wieder beläſtigt würde, daß weiter durch das Wegwerfen von Obſtſchalen uſw. die Sicherheit der Fußgänger auf den Straßen gefährdet würde. Es wird ferner darauf hingewieſen, daß die Ware, die auf den Wagen verkauft wird, minderwertig ſei, daß ſie in recht mangelhaftem und nicht einwand⸗ freiem Papier verpackt werde und daß auch die Ge⸗ wichte, welche benutzt werden, durchaus nicht immer den geſetzlichen Anforderungen entſprechen. Schließ⸗ lich wird — und das ſcheint mir das Hauptſächlichſte zu ſein, in anbetracht der Vereine, die die Eingabe eingereicht haben — darauf hingewieſen, daß durch die Straßenhändler die Ladengeſchäfte erheblich ge⸗ ſchädigt und deren Inhaber in ihrer Eriſtenz gefähr⸗ det würden, daß dadurch wieder die Hausbeſtzer einen Teil ihrer Läden leer ſtehen hätten und infolgedeſſen ſchließlich auch die Stadt einen Ausfall an Steuern habe. Ja, meine Herren, das haben wir allerdings alle ſchon aus den früheren Petitionen gekannt, und beſondere Einzelfälle, in denen ſich nun derartige Mißſtände ganz beſonders gezeigt haben, ſind in der Petition diesmal nicht erwähnt. Sie wiſſen, daß durch die Abänderung des § 73 der Straßenpolizeiverordnung der Straßenhandel in Charlottenburg ſehr erheblich eingeſchränkt worden iſt. Aber es ſcheint, als wenn ſich gerade nach dem Erlaß dieſer Verordnung in gewiſſen Kreiſen, die an der Sache intereſſiert ſind, eine ſtarke Bewegung auf völlige Abſchaffung des Straßenhandels breit gemacht hat. Der Magiſtrat hat aber bisher alle auf Auf⸗ hebung des Straßenhandels hinausgehenden Peti⸗ tionen damit abgewieſen, daß dies aus geſetzlichen Gründen nicht angängig ſei, und das mit Recht; denn nach § 69 der Reichsgewerbeordnung iſt eben der Handel im Umherziehen geſtattet. Wir haben uns nun im Ausſchuß dem nicht verſchließen können, daß in der Tat gewiſſe Unzu⸗ träglichkeiten beim Straßenhandel, namentlich mit Obſt und Gemüſe, hervorgetreten ſind, und daß die Klagen, die in der Petition angeführt werden, nicht ſo ganz der Berechtigung entbehren. Anderſeits aber iſt auch hervorgehoben worden, daß es doch in erſter Linie darauf ankomme, der Bevölkerung eine reichliche und möglichſt billige Ernährung zu ver⸗ ſchaffen. Was nun die Qualität der auf dieſen Wagen verkauften Waren, die Verpackung und auch das Ge⸗ wicht anbetrifft, und ob der Straßenhandel überhaupt Vorteile bietet, ſo waren die Anſichten darüber natür⸗ lich im Ausſchuß verſchieden. Es iſt das ja auch gar nicht anders möglich: denn jeder einzelne kann nur nach den Erfahrungen, die er ſelber gemacht hat, reſp. nach den Erfahrungen der Wenigen, die er be⸗ fragt hat, urteilen. Ein wirklich unparteiiſches und abſchließendes Urteil wird man wohl erſt dann haben können, wenn eine umfangreiche amtliche Enquste in der Suche eingeleitet reſp. durchgeführt iſt. Bis dahin, glaube ich, werden die Anſichten darüber wohl niemals völlig übereinſtimmen. Der weitere Beſchwerdepunkt, daß die vor den betreffenden Läden ſtehenden Wagen die Geſchäfts⸗ inhaber ſchädigen, wurde anerkannt. Das Halten, Sitzung vom 24. Juni 1914 namentlich das dauernde Stehen auf beſtimmten Plätzen iſt aber durchaus geſetzwidrig; denn § 69 ge⸗ ſtattet eben nur einen Handel im Umherziehen. Daß hier eine Abhilfe notwendig iſt, muß alſo zugegeben werden; das iſt jedoch Sache der Volizei. Die Polizei hat dafür zu ſorgen, daß das, was im Geſetz vorge⸗ ſchrieben iſt, auch befolgt wird. Eine vollſtändige Abſchaffung des Straßenhandels aber, wie ſie hier in der Petition verlangt wird, iſt, wie ich bereits aus⸗ geführt habe, aus geſetzlichen Gründen unmöglich. Aus dieſen Erwägungen heraus hat der Aus⸗ ſchuß beſchloſſen, Ihnen zu empfehlen, die Petition, wie im Dezember vorigen Jahres, wiederum dem Magiſtrat als Material zu überweiſen, und ich möchte Sie bitten, in dieſem Sinne zu beſchließen. Stadtv. Scheel: Meine Herren! Der Herr Berichterſtatter hat ſchon ausgeführt, daß die hier in Rede ſtehende Petition die Stadtwerordnetenver⸗ ſammlung bereits verſchiedentlich beſchäftigt hat. Meine Freunde ſtehen nach wie vor auf dem Stand⸗ punkt, daß, wie der Herr Berichterſtatter zuletzt aus⸗ führte, die Beſeitigung derjenigen Beanſtandungen, die berechtigt wären, in erſter Linie der Polizei zu⸗ ſtehe, und daß wir uns nicht darum kümmern könnten. Es iſt vor allem durch den Herrn Bericht⸗ erſtatter erwieſen, daß das, was dort von den Pe⸗ tenten bemängelt wird, nur ganz minimal iſt. Daß die Qualität der Waren ſchlechter ſein ſoll als in den Geſchäften, kann zum Teil, aber nicht ganz zugegeben werden; denn wir ſehen ja, daß auch in den beſſeren Vierteln Charlottenburgs — ich will nur die Alleen oben auf Weſtend anführen — Händler um⸗ herziehen, die dorthin mindeſtens nicht die ſchlechteſten Waren bringen dürfen; denn wenn den Herrſchaften die Qualität nicht gefallen würde, würden ſie nichts kaufen, und wenn nichts gekauft würde, würde kein Händler mehr dorthin fahren. Aus dieſem Grunde ſtehen meine Freunde nach wie vor auf dem Standpunkt, den ſie immer ver⸗ treten haben, daß der Straßenhandel auf keinen Fall eingeſchränkt werden darf. Wir gehen deshalb auch weiter als der Antrag des Ausſchuſſes und bean⸗ tragen, daß über dieſe Petition zur Tagesordnung übergegangen wird. (Die Verſammlung lehnt den Antrag des Stadtv. Scheel auf Uebergang zur Tagesordnung ab und be⸗ ſchließt entſprechend dem Antrag des Petitionsaus⸗ ſchuſſes die Ueberweiſung der Petition an den Ma⸗ giſtrat als Material.) Vorſteher Dr Frentzel: Wir kommen zu V. Petition des Robert Keller⸗ mann betr. Erſtattung von Arzt⸗ ko ſten. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Friedlaender: Meine Herren! Es handelt ſich im vorliegenden Fall um die Petition eines Herrn Robert Kellermann um Er⸗ ſtattung von Arztkoſten. Der Petent gibt an, daß eine Tochter im November 1911 als Schülerin der 18. Gemeindeſchule während des Turnunterrichts zu Falle gekommen ſei und ſich dabei verletzt habe. Es mußte ärztliche Hilfe in Anſpruch genommen werden, und Kellermann bittet nunmehr um Erſtattung der entſtandenen Arztkoſten. Nach den angeſtellten Er⸗ mittlungen liegt die Sache folgendermaßen.