Amtlicher Bericht über die Derhandlungen der Charlottenburger Stadtverordneten⸗Derſammlung in der außerordentlichen Sitzung vom 5. Auguſt 1914 nach ſtenographiſcher Aufnahme Herausgegeben vom Magiſtrat. Tagesordnung: Seite Geſchäftliche Mitteilungen. 237, 239 Vorlage betr. ſtädtiſchen Zuſchuß für die Familien der im Mobilmachungsfalle zum Dienſt eingeſtellten Mannſchaften und Wahl der Vorſitzenden und deren Stellver⸗ treter für die Unterſtützungskommiſſionen 238 Antrag der Stadtv. Dr. Rothholz und Gen. betr. Deputation zur Beratung von Maß⸗ regeln gegen die Lebensmittelteuerung 239 Rednerliſte: Seite Dr. Frentzel 237 Dr. Maier 238, 240 I)r. Rothholz 239 Schwmar⸗ 241 240 Dr. Stadthagen Beginn der Sitzung 6 Uhr 7 Minuten. Vorſteher Dr. Frentzel: Ich eröffne die Sitzung. Als Vertreter des Magiſtrats iſt abgeordnet Herr Staotrat Boll. Als Beiſitzer walten die Stadtverordneten Herren Dr. Borchardt und Ruß. — Herr Dr Borchardt iſt noch nicht da. Darf ich Herrn Kollegen Dunck bitten, ſo lange ſeinen Platz einzunehmen. — Herr Stadtv. Ruß führt die Rednerliſte. Entſchuldigt ſind die Stadtverrodneten Herren Bollmann, Granitza, Jachmann, Kern, Ir. Mommſen, Mottek, Neukranz, Otto, Dr Perl, Richter und Stulz. Soweit mir bekannt geworden iſt, ſind die Herren Jachmann, Neukranz und Richter bereits eingezogen und können deshalb an unſeren Verhandlungen nicht] teilnehmen. (Zuruf.) — Herr Granitza auch. Ausgelegt werden 10 Einbürgerungsgeſuche, dar⸗ unter 3 vom Magiſtrat nicht befürwortete, und die Liſten der im April/Juni 1914 erledigten Einbürge⸗ rungsgeſuche. Der Magiſtrat hat ferner mitgeteilt, daß die am 10. Juni 1914 erfolgte Wiederwahl der Stadträte Meyer, Schliemann, Caſſirer, Sachs, Dr. Penzig, Dr. Spiegel und Dr Röthig vom Königlichen Regie⸗ rungspräſidenten beſtätigt worden iſt. Meine lieben Kollegen! (Die Verſammlung erhebt ſich.) Als wir uns vor wenigen Wochen freudigen Herzens trennten, um in die Ferien zu gehen, da dachte keiner von uns daran, daß wir uns ſo bald in dieſem Saale wieder zuſammenfinden müßten, zuſammenfinden zu ſo verantwortungsreicher Arbeit, zuſammenfinden zu einer Zeit ſo ſchwer voll Schickſal und Ernſt, wie ſie keiner von uns je gedacht hat, geſchweige denn, daß einer von uns — auch die Aelteſten — ſie je erlebt har, — zuſammenfinden müßten in einer Zeit voll Drang und Not, wie ſie über unſer geliebtes Vater⸗ land ſeit einem Jahrhundert nicht hereingebrochen iſt, ſeit jener Zeit, als unſer Volk im Befreiungskriege ſein Letztes daran ſetzte, um des Vaterlandes Freiheit und Exiſtenz zu wahren. Aber wir ſtehen dem Un⸗ geheuren gegenüber da mit reinem Gewiſſen und ſchuldlos. Unſer Kaiſer, die deutſchen Fürſten, die Regierungen und nicht zum wenigſten das deutſche Volk haben alles daran geſetzt, den Frieden zu bewahren. Den Krieg haben uns unſere Gegner aufgedrungen, und wir werden ihn führen mit der ganzen Wucht unſeres gerechten und berechtigten Zornes; wir werden ihn führen, damit Deutſchlands Größe und Deutſch⸗ lands Art und Weſen Geltung behalten, wie ſie zuvor ſie gehabt haben; wir werden ihn führen, damit der unendliche Segen, der von deutſcher Arbeit und deut⸗ ſcher Bildung über die ganze Welt ausgegangen iſt, ihr auch weiterhin erhalten bleibe. Es iſt eine Zeit erhabener Größe, aber auch eine Zeit herbſter Bitter⸗ keit, die von jedem von uns, von allen unſeren Mit⸗ bürgern und von allen deutſchen Männern und Frauen