Außerordentliche Sitzung vom 5. Auguſt 1914 ſo daß die Unterſtützungskommiſſionen, die ja voll⸗ ſtändig ſelbſtändig ſind, jedes bureaukratiſchen Zwanges entkleidet, tatſächlich nach Maßgabe der jeweiligen Bedürfniſſe ihres Amtes walten können. Ich glaube, meine Herren, daß dieſe Organi⸗ ſation, wenn ſie von allen als das angeſehen wird, als was ſie gedacht iſt, ſegensreich wirken kann, und ich möchte von hier aus an die Bürgerſchaft den Appell richten, nun die Gaben nicht zu verzetteln, ſondern ſie alle dieſer einen Stelle zur Verfügung zu ſtellen. Hier möchte ich Gelegenheit nehmen, auch noch ausdrücklich den Dank dafür auszuſprechen, daß ein Bürger unſerer Stadt, der Fuhrunternehmer Herr Hennicke, heute bei mir geweſen iſt und dieſem Haupt⸗ ausſchuß ein unabgeerntetes Gelände von 600 Morgen Kartoffeln zur Verfügung geſtellt hat, (Allſeitiges lebhaftes Bravo) mit der Befugnis, die Kartoffeln durch Charlotten⸗ burger Arbeitsloſe oder ſonſtige Hilfskräfte ſeinerzeit abzuernten. Er übernimmt während der Dauer der Erntetätigkeit die volle Verpflegung der dabei Täti⸗ gen auf ſeine Koſten. (Bravo!) Es werden uns dadurch 60⸗ bis 90 000 Zentner Kar⸗ toffeln zur Verfügung ſtehen. Dieſe Naturalien wer⸗ den auch von den 10 Unterſtützungskommiſſionen in zweckmäßiger Weiſe auf die Bevölkerung verteilt werden. Was im übrigen die Lebensmittelverſorgung be⸗ trifft, ſo iſt Ihnen bekannt, meine Herren, daß eine generelle Aktion von Berlin aus für Groß⸗Berlin ein⸗ geleitet iſt. Soweit es erforderlich iſt, darüber hinaus⸗ zugehen und von uns aus Sonderaktionen vorzu⸗ nehmen, werden wir es tun. Ich habe in dieſem Sinne bereits dem Herrn Regierungspräſidenten be⸗ richtet, damit er ſeinerſeits die erforderlichen Schritte tue und uns in dem direkten Bezuge von Lebens⸗ mitteln bei den Produzenten unterſtütze. Ich will ſchließlich darauf aufmerkſam machen, daß wir bei der Gründung der Unterſtützungs⸗ kommiſſionen dem Buchſtaben nach vom § 59 der Städteordnung abgewichen ſind. Wir haben für den Magiſtrat nicht den Vorſitz in dieſen Unterſtützungs⸗ kommiſſionen beanſprucht, ſondern haben dieſen Vor⸗ ſitz den Herren Stadtwerordneten überlaſſen, um da⸗ mit unzweideutig zum Ausdruck zu bringen, daß der Verkehr der Perſonen, die durch die Kriegsnöte in ſchwierige Lage gekommen ſind, unmittelbar mit der Bürgerſchaft ſtattfindet und nicht mit irgendeiner Beamtenorganiſation. Ich möchte das beſonders hier feſtſtellen, wenngleich ich mir bewußt bin, daß die Form, die wir gewählt haben, nicht vollſtändig dem § 59 der Städteordnung entſpricht. (Lebhaftes Bravo.) Darf ich dann nachher noch einmal nach Er ledigung dieſes Punktes das Wort nehmen? Vorſteher Dr Frentzel: Jawohl. — Das Wort wird weiter nicht verlangt. Wir kommen dann zur Wahl der Herren Stadtverordneten, welche dieſen Bezirken vorſtehen ſollen. 239 Es ſind vorgeſchlagen als Vorſitzende der Bezirke die Herren Wöllmer, Meyer, Jaſtrow, Bergmann, Dr Friedlaender, D. Rothholz, Hirſch, Klick, Dr Stadthagen, Protze und als eventuelle Reſerve⸗ Vorſitzende die Herren Kantzenbach, Imberg und Rieſenberg. Als Stellvertreter ſind vorgeſchlagen die Herren Wenig, Jolenberg, Dr. Landsberger, Haack, Brode, Walther, Ahrens, Bade, Weiſe, Rack⸗ witz und als Stellvertreter für die Reſerve⸗Vorſitzen⸗ den die Herren Gebert und Gredy. Andere Vor⸗ ſchläge erfolgen nicht; die Herren ſind gewählt. Da⸗ mit iſt dieſer Punkt der Tagesordnung erledigt. Ich habe Ihnen nun mitzuteilen, daß ein dring⸗ licher Antrag eingegangen iſt: Die Stadwerordnetenverſammlung wolle die Deputation zur Beratung von Maßregeln gegen die Lebensmittelteuerung ermächtigen, inner⸗ halb der zu bewilligenden Kredite Maßregeln nach eigenem Ermeſſen vorzunehmen. Unterzeichnet iſt der Antrag von den Herren Dr Rothholz, Wöllmer, Hirſch, Dr Stadthagen und Dr. Hubatſch. (Zuruf: Ir Liepmann!) — Dr. Liepmann ſteht hier nicht darunter. Widerſpruch gegen die Dringlichkeit dieſes An⸗ trages erfolgt von keiner Seite. Wir können alſo in die Beratung eintreten: Antrag der Stadtv. Dr Rothholz und (Gen. betr. Deputation zur Beratung von Maßregeln gegen die Lebensmittelteuerung, und ich erteile Herrn Dr Rothholz als Antragſteller das Wort. Antragſteller Stadtv. Dr Rothholz: Meine Her⸗ Die Tätigkeit der gemiſchten Deputation hatte bisher hauptſächlich einzuſetzen, wenn kriſenhafte Zeiten eintraten. Gegenwärtig wird ihre Aktion not⸗ wendig, weil es die patriotiſche Pflicht gebietet, dafür zu ſorgen, daß dem Bürgertum Lebensmittel ſo billig wie möglich beſchafft werden. ren! (Sehr richtig!) Zur Beruhigung der Bürgerſchaft habe ich vorliegenden Antrag im Einverſtändnis mit allen Fraktionen ein⸗ gebracht, und ich bitte Sie, ihn einſtimmig annehmen zu wollen. Es handelt ſich darum, der Deputation es zu er⸗ möglichen, die Kredite, die hier bewilligt werden, nach eigenem Ermeſſen zu verwenden, damit ſie ſo ſchnell und gut zu helfen vermag, wie es menſchenmöglich iſt. Der Herr Bürgermeiſter hat ſchon beruhigende Er⸗ klärungen über die Maßnahmen abgegeben, die die Stadt getroffen hat. Ich möchte aber noch unter⸗ ſtreichen, um Irrtümer, die gerade in der Charlotten⸗ burger Bürgerſchaft laut geworden ſind, aus dem Wege zu ſchaffen, daß die Aktion, die in Berlin eingeleitet iſt, ſich nicht bloß auf die Stadt Berlin, ſondern auf Groß⸗ Berlin bezieht, und daß damit alle die Maßnahmen, die Berlin trifft, ſelbſtverſtändlich auch für Charlotten⸗ burg getroffen ſind. Ich bitte Sie, meine Herren, meinen Antrag ein⸗ ſtimmig anzunehmen.