244 ſei es direkt von Stadt wegen, ſei es durch Bildung einer beſonderen Organiſation, eine Darlehnskaſſe zu gründen, welche die Möglichkeit gibt, auf andere Ver⸗ mögenswerte als ſolche, die die Kriegsdarlehnskaſſen nehmen, Gelder zu erhalten. Ich weiſe darauf hin, daß die Kriegsdarlehnskaſſen ſelbſt gut fundierte Aktien in der Regel nicht nehmen werden, daß Hand⸗ werksmeiſter ſicher eingehende ausſtehende Forderun⸗ gen in Tauſenden von Mark haben können und daß es ihnen nicht möglich iſt, darauf auch nur einige hun⸗ dert Mark zu bekommen, um ihren Betrieb aufrecht⸗ zuerhalten. Ich weiſe ferner darauf hin, daß es Haus⸗ beſitzer in großer Zahl gibt, die wertvolle Häuſer haben, welche ihnen in regelmäßigen Zeiten einen Ueberſchuß abwerfen, der ganz bedeutend iſt, (Unruhe) und daß auch dieſe Mitbürger unter der Not leiden, Mittel flüſſig zu machen. (Unruhe.) Eine ſolche Darlehnskaſſe ſoll z. B. in Wilmersdorf errichtet werden. (Andauernde Unruhe und Zurufe.) Vorſteher Dr Frentzel (unterbrechend): Herr Kollege Liepmann! Sie weichen entſchieden ſehr weit vom Thema ab. Ich habe Sie bisher ſprechen laſſen; aber Sie ſehen, ſelbſt in den Reihen Ihrer Kollegen wird es übel empfunden, und ich muß den Herren recht geben. Stadtv. Dr Liepmann: Ich wollte weiter nichts, als die Gedanken der Verſammlung und insbeſondere des Magiſtrats auf dieſe Frage hinzulenken und zu bitten, mit möglichſter Beſchleunigung eine Vorlage vorzubereiten, welche geeignet iſt, dieſer Not in breiten Klaſſen der Bürgerſchaft zu ſteuern. Bürgermeiſter Dr. Maier: Ich halte die Anregung des Herrn Dr Liepmann für durchaus dankenswert und mache darauf aufmerkſam, daß eine ſolche Vor⸗ lage in Vorbereitung iſt, über die wir morgen im Magiſtrat beraten werden, ſo daß möglicherweiſe am nächſten Mittwoch bereits hier darüber Beſchluß gefaßt werden kann. (Bravol) Stadtw. Vogel: Meine Herren! Ich möchte auch noch an die Anregung anknüpfen und an einen An⸗ trag erinnern, den wir ſchon vor über 10½2 Jahren eingebracht haben, nämlich an den Antrag auf Errich⸗ tung eines ſtädtiſchen Leihamtes. Wir haben ja ſchon eine ganze Reihe von Hilfsaktionen unternommen; aber für gewiſſe Kreiſe — — Vorſteher Dr Frentzel (unterbrechend): Herr Kollege Vogel! Auch hier iſt es mir nicht möglich, den Zuſammenhang Ihres Vorſchlages mit dem, was wir zu beraten haben, feſtzuſtellen. Es iſt ſehr aner⸗ kennenswert, wenn die Herren Kollegen ſich bemühen, dem Magiſtrat und der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung noch Wege zu weiſen, wie der augenblicklich herr⸗ ſchenden Not und dem Drang abgeholfen werden kann. Das kann aber nicht in der Weiſe geſchehen, daß irgend⸗ eine Vorlage herausgenommen wird und, an dieſe an⸗ knüpfend, alle möglichen anderen Themata angeſchla⸗ gen werden. Ich möchte Sie bitten — Sie hören, daß wir bereits in nächſter Woche wieder Sitzung haben werden— einen Antrag vorzubereiten, damit auch die übrigen Fraktionen dazu Stellung nehmen können. Außerordentliche Sitzung vom 12. Auguſt 1914 Stadtv. Vogel: Ich habe darauf zu bemerken, daß ich keine Vorlage einbringen, ſondern mir nur Auskunft erbitten will über einen Antrag, der ſchon vor 10½ Jahren eingebracht worden iſt, der inzwi⸗ ſchen zur Erwägung geſtanden hat und wohl lange ge⸗ nug zur Erwägung geſtanden hat. Was mich gerade jetzt dazu veranlaßt, dieſe Anfrage zu ſtellen, das iſt allerdings der Vorgang bei den Privatleihanſtalten. Dieſe weiſen die meiſten Sachen zurück, ſie nehmen überhaupt nur Gold und Juwelen. Dagegen nehmen die Leihämter von Neukölln und Lichtenberg — — (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Vogel! Die Praxis der privaten Leihämter Stadtv. Vogel: Das ſind ſtädtiſchel) — auch der ſtädtiſchen beſchäftigt uns jetzt nicht. Ich kann nicht zulaſſen, daß hier Anfragen geſtellt werden, die mit dem Thema nichts zu tun haben. (Stadtv. Vogel: Ich ſtelle keinen Antrag, ſondern nur eine Anfragel) — Auch keine Anfrage. Sie haben geſagt, Sie wollen eine Anfrage ſtellen. Herr Kollege Vogel, nötigen Sie mich nicht, Ihnen das Wort zu entziehen. Das würde mir ſehr leid tun. Da ſich niemand mehr zum Worte gemeldet hat, kann ich die Debatte hiermit ſchließen. (Die Verſammlung beſchließt einſtimmig nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Zur Durchführung von Maßregeln der Lebensmittelverſorgung behufs Steuerung einer Lebensmittelteuerung wird ein Betrag bis zur Höhe von 1 Million Mark als Betriebskapital aus bereiten Mitteln (Vorſchüſſen) zur Ver⸗ fügung geſtellt.) Wir kommen nun zum Nachtrage zur Taaes⸗ urdnung, Punkt 1: Vorlage betr. Bewilligung von Mitteln zur Ver⸗ pflegung von Truppen, die den Bahnhof Weſtend paſſieren. — Druckſache 186. Hierzu iſt ein Antrag von den Herren Dr Liep⸗ mann, Dr Byk, Neumann, Otto, Rieſenberg und ver⸗ ſchiedenen anderen Herren eingegangen, der folgender⸗ maßen lautet: Der Volks⸗Kaffee⸗ und Speiſehalle zu Charkottenburg wird für die Zwecke der Trup⸗ penſpeiſung in Charlottenburg eine Summe von 1000 %ℳ zur Verfügung geſtellt. Das Wort hat der Kollege Liepmann. Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! Die Truppenſpeiſung iſt der Volks⸗Kaffee⸗ und Speiſe⸗ hallengeſellſchaft ſchon vor 1½ Jahren durch Vertrag von der Armeeverwaltung übertragen worden, aller⸗ dings nur inſoweit, als noch nicht eingekleidete Reſer⸗ viſten und Landwehrleute in Betracht kommen. Nach den Plänen, die über die Transporte von der Armee⸗ verwaltung der Geſellſchaſt übergeben worden ſind, handelte es ſich um 80 000 Mann; es ſind aber ſo viele eingeſchoben worden, daß faſt die doppelte An⸗ zahl von Truppen durch die Geſellſchaft verpflegt worden iſt. Die Verpflegung ſollte entgeltlich ſein und nach einem vereinbarten Tarifſatze von den transpor⸗ tierten Mannſchaften bezahlt werden. Die Geſellſchaft hat es für richtiger gehalten, die Verpflegung unent⸗