250 die wir in Summa zur Kreditgewährung zur Ver⸗ fügung ſtellen, weit über den Betrag von 500 000 M. hinausgehen. Es handelt ſich lediglich um die Frage: wieviel ſollen wir zunächſt rein für den Perſonalkredit zur Verfügung ſtellen, und da ſchien es uns vorerſt einmal ausreichend, ein Kapital von einer halben Million vorzuſehen und abzuwarten, wie dieſes Ka⸗ pital arbeitet. Meine Herren, darüber wollen wir uns doch nicht im unklaren ſein, daß wir nicht beabſichtigen, Geſchenke aus dieſer Darlehnskaſſe zu machen, (Sehr richtig!) ſondern daß wir bei aller Weitherzigkeit, bei allem Be⸗ ſtreben, allen Notſtänden abzuhelfen, die Kaſſe doch immerhin als Unternehmen betrachten müſſen, das wenigſtens den wirtſchaftlichen Geſichtspunkt nicht voll⸗ ſtändig aus den Augen läßt. Ich glaube, es wird Ihnen nicht gelingen, eine andere Formel zu finden als diejenige, die wir Ihnen vorgeſchlagen haben. Herr Dr Borchardt iſt auf die Frage der Arbeits⸗ loſen eingegangen, die ja zunächſt etwas abſeits von dem Gebiete zu liegen ſcheint, das wir hier zu be⸗ handeln haben. Ich ſtehe aber auf dem Standpunkt. daß man ſie mit dem zur Beſchlußfaſſung ſtehenden Gegenſtand in Verbindung bringen kann. Denn die Kreditgewährung ſoll lediglich den Zweck haben, den Wirtſchaftsbetrieb namentlich des Mittelſtandes auf⸗ recht zu erhalten und Arbeitsgelegenheit zu ſchaffen. Nun haben wir natürlich zunächſt im Magiſtrat, als die Kriegswirren ausbrachen, eine abwartende Haltung eingenommen, um überhaupt einen Ueberblick über den Arbeitsmarkt zu bekommen. Es war ja gar nicht vorauszuſehen, ob nicht durch die Einberufung ſo vieler Arbeitskräfte in das Heer ein Mangel an Arbeits⸗ kräften eintreten würde. Wer ſollte das vorher prophe⸗ zeien, namentlich ſoweit das Aufgebot des Landſturms in Frage kam. Jetzt iſt aber feſtgeſtellt, in welch hohem Maße die Arbeitsloſigkeit bei uns zugenommen har. In Charlottenburg ſind auf 100 offene Stellen ungelernter Arbeiter, wenn ich mich im Augenblick der Zahl richtig erinnere, 300 Angebote, alſo eine koloſſale Arbeitsloſigkeit! Wir haben in der Tiefbaudeputation ſchon am Dienstag, alſo geſtern, beſchloſſen, dem Magiſtrat zu empfehlen, die Arbeiten, die in Zukunft doch einmal zur Ausführung gelangen müſſen, ganz gleichgültig, wie ſich ſpäter einmal die Verhältniſſe ge⸗ ſtalten mögen, ſchon jetzt zur Durchführung zu bringen, (Bravo!) um Arbeitsgelegenheit zu ſchaffen. Ich bin auch über⸗ zeugt, daß der Magiſtrat dem zuſtimmt. Was die Ausführung der übrigen Bauten anbe⸗ trifft, namentlich bei der Hochbauverwaltung, ſo werden da natürlicherweiſe auch noch die Geſichtspunkte maß⸗ Zebend ſein müſſen, inwieweit die Betriebskoſten einer Anlage — nehmen wir einmal die Badeanſtalt an — uns bei ihrer Fertigſtellung belaſten würden, ſo daß D1s unſer Etat vielleicht nicht trägt. Meine Herren, derartige Anlagen heute auszuführen, werden Sie wahrſcheinlich von uns nicht beanſpruchen. (Sehr richtig!) Dagegen werden wir wohl in der Lage ſein, Schulen ertig zu ſtellen, deren Inanſpruchnahme ſicher für die Zukunft notwendig ſein wird. Außerordentliche Sitzung vom 19. Auguſt 1914 Nun hat Herr Stadtv. Dr Liepmann hier einen Gegenſtand hineingebracht, der in dieſer Faſſung nach meinem Dafürhalten nicht hierher gehört: das iſt die Frage der Einrichtung der Pfandleihanſtalt. Die An⸗ regung des Herrn Stadtv. Dr Liepmann iſt von den Vertretern der ſozialdemokratiſchen Fraktion, wie Herr Stadtv. Vogel, der ſich eben zum Worte gemeldet hat, feſtſtellen wird, ſchon vor etwa 11 Jahren gegeben worden, und Magiſtrat und Stadtverordnetenverſamm⸗ lung haben ſich bisher dieſer Frage gegenüber, die außerordentlich ſchwierig iſt, (Sehr richtig!) ablehnend verhalten. Der Magiſtrat ſteht der Ein⸗ richtung der Pfandleihanſtalt aus vielen ethiſchen, ſozialen und ſonſtigen Gründen ablehnend gegenüber. Wir haben trotzdem noch einmal die Frage zum Gegen⸗ ſtand der Prüfung gemacht. Aber glauben Sie nicht, meine Herren, daß wir jetzt aus Anlaß der Kriegsnor eine Frage, die ſo lange ſchwebt, plötzlich aus dem Handgelenk zur Erledigung bringen werden; das iſt gänzlich ausgeſchloſſen. Ich möchte den Ausſchuß bitten, dieſe Angelegenheit überhaupt nicht zum Gegen⸗ ſtand der Erwägung zu machen, ſondern, wenn es Ihnen angemeſſen erſcheint, daß dieſe Frage erneut erörtert wird, einen beſonderen Antrag zu ſtellen, und den Magiſtrat zu erſuchen, dieſe Materie in einer Vor⸗ lage beſonders zu behandeln. (Bravol) Vorſteher Dr. Frentzel: Ich habe Herrn Kollegen Dr Liepmann dieſe Frage erwähnen und erörtern laſſen, obwohl ich mir klar war, daß ſie im eigent⸗ lichſten Sinne nicht zu dieſer Vorlage gehört, ſo wie es der Herr Bürgermeiſter eben begründet hat. Wenn Sie in den letzten Sitzungen beobachtet haben werden, daß ich auf die Einhaltung der Geſchäftsordnung nicht ſo genau geſehen habe, wie ich das früher für meine Pflicht gehalten habe, ſo möchte ich Sie doch bitten, das nicht dahin auswachſen zu laſſen, daß hier alle möglichen Gegenſtände erwähnt werden, die nicht mit der Tagesordnung zuſammenhängen. Sie würden mich ſonſt nötigen, wieder das ſtrengere Regime eintreten zu laſſen. Stadtv. Gebert: Meine Herren! Die Ermah⸗ nungen, die wir eben von dem Herrn Vorſteher be⸗ kommen haben, ſind, glaube ich, nicht ſo angebracht, wie es erſcheinen könnte. Wir befinden uns in einer Notzeit, und in einer Notzeit ſoll man alle Fragen ohne weiteres vorbringen, indem man ſich von dem Geſichtspunkt leiten läßt, helfen zu wollen. Was die Vorlage betrifft, ſo bin ich auch damit einverſtanden, daß ſie einem Ausſchuß und, wie der Herr Kollege Crüger vorgeſchlagen hat, dem größten Ausſchuß von 15 Perſonen überwieſen wird. Zu der Frage der Arbeitsloſigkeit möchte ich Ihnen einige Zahlen bekannt geben. Es iſt mir gelungen, von 17 Gruppen für Groß⸗Berlin die Zahl der Ar⸗ beitsloſen feſtzuſtellen; es fehlen noch 39. Dieſe 17 Gruppen für Groß⸗Berlin zeigen folgendes Bild. Am 1. Auguſt waren in Groß⸗Berlin insgeſamt 9009 Arbeitsloſe verzeichnet, am 17. Auguſt bei den⸗ ſelben Gruppen 32 903 Arbeitsloſe. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)