276 für mich die Frage: wie iſt es nun, wenn die Mie⸗ ter nicht nur ihre Mieten nicht zahlen, ſondern wenn ſie durch eine gütliche oder gewaltſame Löſung ihre Verträge überhaupt beendigen, wenn ſie ausziehen und ſomit auch infolge des Krieges die Woh⸗ nungen leer werden? Ich gebe zu, daß nach dem ganzen Syſtem der Vorlage die Gleich⸗ ſtellung dieſes Falles mit dem vorerwähnten nicht ohne weiteres möglich iſt. Immerhin wird in der Kommiſſion ernſthaft zu erwägen ſein, ob man ihm 1 auch eine Berückſichtigung angedeihen laſſen ann. Dann, meine Herren, haben Sie geſehen, daß die Stadt für den Wechſelkredit, den ſie mit Hilfe der Reichsbank leiſtet, eine dreifache Garantie bekommen ſoll: eine Verpflichtung des Wirtes, die ſelbſtverſtändlich iſt, ferner eine Verpflichtung des Mieters und drittens eine Abtretung der dem Hy⸗ pothekengläubiger durch die Hilfe der Stadt bezahl⸗ ten Forderung. Schon bei der Verpflichtung des Mieters ergibt ſich ein Bedenken. In der Regel ſoll der Wechſel, den der Hausbeſitzer aus⸗ ſtellt, auch die Unterſchrift des Mieters tragen. Das dürfte oft zu Schwierigkeiten führen, ſo daß dar⸗ über nachzudenken iſt, ob man die regelmäßige Verpflichrung, eine Wechſelunterſchrift des Mieters beizubringen, nicht wegfallen laſſen könnte. Was die Abtretung der dem Hupothekengläu⸗ biger gegen den Hausbeſitzer zuſtehenden Forderung anlangt, ſo iſt in der Vorlage geſagt, daß das Dar⸗ lehen zu verſagen ſei, wenn der dingliche Anſpruch, der gegen Abtretung mit dem Darlehen befriedigt werden ſoll, über 65 % des Wertes des Grundſtücks hinausgeht. Ich muß bekennen, daß ich die Beſtimmung zunächſt nicht verſtanden habe und nur durch die freundliche Belehrung des Herrn Kämmerers heute in der Lage bin, ſie des Näheren auszulegen. Es ſoll damit geſagt werden, daß der Anſpruch, den die Stadt zediert bekommt, nicht die Grenze von 65 % des Grundſtückswertes überſchrei⸗ ten darf. Sonach würde die Stadt zwar immer einen innerhalb der zuläſſigen Grenze liegenden An⸗ ſpruch bei Abtretung der Zinſen der erſten Hypo⸗ thek erwerben — denn die Zinſen werden bekanntlich vor dem Kapital geſchuldet —, aber für die Zinſen der zweiten Hypothek nur dann ſorgen können, wenn dieſe Zinſen der zweiten Hypothek zuzüglich der ſonſtigen Belaſtung des Grundſtücks aus der erſten Hypothek 65 % des Wertes nicht überſteigen. Ich erkenne an, daß die Stadt Vorſicht obwalten laſſen muß, und wir ſind auch wegen der Mit⸗ wirkung der Reichsbank dazu gezwungen, denn die Reichsbank würde uns ſonſt den vierfachen Diskont⸗ kredit nicht gewähren, auf den wir unbedingt ange⸗ wieſen ſind, ſoll aus der Sache überhaupt etwas Nutzbringendes werden und weiteren Kreiſen des ſtädtiſchen Hausbeſitzes ein Vorteil erwachſen. Dennoch fragt es ſich, ob dieſe Grenze ausreicht, ob nicht viele Häuſer über 60 % hinaus, vielleicht ſchon bis zu 65 % mit der erſten Hypothek bereits belaſtet ſind und ſich deshalb eine Erweiterung der Grenze empfiehlt, dabei allerdings nicht außer acht zu laſſen, daß die Grundſätze der Vorlage für die Wertermittlung, ſoweit ich es überſehen kann, recht weitherzig ſind. Wie geſagt, wir werden uns in dem Ausſchuß, wie ich meine, an der Hand praktiſcher Beiſpiele aus den hieſigen Grundbeſitzverhältniſſen davon überzeugen müſſen, welche Grenze zweckmäßig iſt — natürlich gegebenenfalls unter Fühlungnahme Sitzung vom 14. Oktober 1914 mit der Reichsbank, inwieweit ſie einer Erweiterung zuſtimmt. Meine Herren, ich möchte in dem jetzigen Sta⸗ dium der Angelegenheit keine weiteren Ausfüh⸗ rungen machen. Ich ſtelle den bereits eingangs angekündigten Antrag, die Vorlage einem Ausſchuſſe von 15 Mitgliedern zu überweiſen, in der Hoffnung, daß ſich aus dieſen Ausſchußberatungen eine wirk⸗ ſame Unterſtützungs⸗ oder richtiger Stützungsaktion zugunſten des Charlottenburger Grundbeſitzes er⸗ geben wird. (Bravo!) Stadtv. Rieſenberg: Meine Herren! Auch meine Freunde ſind der Meinung, daß dieſe Vorlage an einen Ausſchuß gehen ſoll. Es ſind verſchiedene Punkte darin, die im Plenum nicht gut beraten wer⸗ den können. Ich erinnere an die §§ 12, 22 und 18, an die Liquidation, an die Uebernahme der Aus⸗ ſchußämter. Wir ſind der Meinung, daß ehrenamt⸗ liche Kräfte genügend vorhanden ſind, um dieſe Stel⸗ len auszufüllen. Wir halten auch die Erſtattung der Auslagen an die Mitglieder des Vorſtands und des Aufſichtsrats nicht für geboten. Kurzum, es ſind eine große Anzahl Dinge, die beſſer in der Kom⸗ miſſion beraten werden. Wir lehnen die Vorlage alſo nicht ab, wollen ſie im Gegenteil im Ausſchuß derartig verbeſſern, daß ſie den Haus⸗ und Grund⸗ beſitzern eine durchgreifende und möglichſt ſchnelle Hilfe bringt. Mit den grundſätzlichen Erwägungen des Herrn Vorredners kann ich mich durchaus einverſtanden er⸗ klären. Das beſte an der Vorlage habe ich in der Einleitung, in der Begründung gefunden, nämlich in dem Hinweis auf die Notwendigkeit: hier muß geholfen werden. Das Geſetz vom 28. Februar 1888 bietet ja auch dem Magiſtrat eine Handhabe, wir⸗ kungsvoll einzugreifen. Es iſt den Magiſtraten der ſelbſtändigen Städte erlaubt, für die Mietverpflich⸗ tung der Einberufenen in Kriegszeiten einzutreten. Das heißt doch, die betreffenden Mietverpflichteten derart zu unterſtützen, daß ſie ihre Miete voll be⸗ zahlen können. In der folgenden dringlichen Vor⸗ lage macht denn auch der Magiſtrat einen anerken⸗ nenswerten Vorſchlag, wie den Mietern und auch den Wirten geholfen werden kann, und beſeitigt de⸗ durch die bisherige Unſicherheit im Eingange und namentlich im Einziehen der Miete. Denn gerade auf den letzten Punkt dürfte beſonderer Wert gelegt werden. Für den Wirt iſt es eine der unangenehm⸗ ſten Aufgaben, hinter den Mietern herzulaufen und zu ſagen: Zahle deine Miete! Bezahle heut, bezahle morgen oder bezahle übermorgen! Wieviel willſt du bezahlen? Dieſe Hilfe bezieht ſich lediglich auf die kleinen Mieter, alſo auf Wohnungen im Werte von etwa 660 ℳ. Eine Anzahl von Mietern, die durch den Krieg notleidend geworden ſind, wird hier aber über⸗ haupt nicht getroffen. Dieſer Prozentſatz iſt ganz erheblich. Es ſind kleine Geſchäftsleute, Mufſik⸗ lehrer, Künſtler, Penſionsinhaber, Gelehrte, Kauf⸗ leute aller Art, kurz Mitbürger, die durch den Krieg in Not geraten ſind, ohne daß ſie gerade eingezogen ſind, ohne daß ſie unter den Fahnen ſtehen. Wenn hier immer von Schutz geredet wird für den Haus⸗ wirt, für den Grundbeſitzer, ſo geziemt es ſich, glaube ich, heute wohl einmal darauf hinzuweiſen, daß der Schutz in Wirklichkeit nicht für den Hauswirt, für