Sitzung vom 14. Oktober 1914 nungsfürſorge die Rede ſein, und auch dort überſchreiten wir das Maß der geſetzlichen Verpflichtung bei weitem, wenn wir das Wohnungsbedürfnis in einer Weiſe auffaſſen, wie das dieſe Vorlage zum Ausdruck bringt. Geſetzlich ſind wir lediglich zur Obdachsgewäh⸗ rung verpflichtet, aber niemals dazu, den unterſtützungs⸗ bedürftigen Kriegsteilnehmern die von ihnen gewählten Wohnungen für die Dauer des Krieges zu ſichern. Wenn wir es dennoch tun, haben wir alle Grundſätze der Billigkeit berückſichtigt und damit unſere Fürſorge für die Kriegerfamilien zu einer wahren Kriegswohl⸗ fahrtspflege ausgebaut. Wir haben damit im weiteſten Maße vaterländiſche Opferwilligkeit bewieſen und ſind darin an die Grenze deſſen gelangt, was wir finanziell noch vertreten können. (Sehr richtig!) Die Leiſtungen, die wir pro Monat für den Haus⸗ beſitz aufwenden, ſind ſehr bedeutend. Sie über⸗ ſteigen den Betrag von 100 000 ℳ monatlich. (Zuruf: Für die Mieter!) — Das iſt ein grober Irrtum, wenn Sie ſagen, daß das Lediglich eine Zuwendung für die Mieter ſei. Es iſt eine Zuwendung für die Mieter, die indirekt dem Hausbeſitz zugute kommt. (Sehr richtig!) Denn, meine Herren, für die Mieter haben wir zwar zu ſorgen, aber doch nur in der von mir gekenn⸗ zeichneten eingeſchränkten Weiſe. Wenn wir darüber hinausgehen, ſo haben wir natürlich auch die Mieter im Auge, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den status vivendi aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig ſchaffen wir damit aber eine Leiſtung zu gunſten des Grundbeſitzes. Und ich kann wohl ſagen, daß wir gerade in dem Beſtreben, dem Grundbeſitz zu helfen, ſehr weit in der Fürſorge für die Mieter gegangen ſind. Dies weſentliche Motiv für unſere Entſchließung möchte ich hier ausdrücklich feſtſtellen. Ein Verlangen, wie es in den Beſtrebungen Haberlands liegt, daß die Gemeinde allein oder in Gemeinſchaft mit dem Staat auch für die Miete aller anderen Familien ſorgen ſoll, die ſich vielleicht unter Inanſpruchnahme höherer Le⸗ bensbedürfniſſe eine dieſem Bedürfnis angepaßte Woh⸗ nung gemietet haben und mit Rückſicht auf die mo⸗ mentanen Zeitläufte nicht vollſtändig bezahlen können, iſt unbegründet. Ich weiſe, um die Folgen dieſes Verlangens ſcharf zu beleuchten, auf folgenden Fall hin, der neulich erörtert worden iſt, wo jemand eine Wohnung für 17 000 ℳ gemietet hat und gegenwärtig nicht in der Lage iſt, die Miete dafür aufzubringen, im übrigen aber durchaus nicht unterſtützungsbedürftig iſt. Glauben Sie, daß wir auch in einem ſolchen Fall einzutreten haben? Ja, meine Herren, wenn das oder ähnliche Leiſtungen von der Kommune verlangt wer⸗ den, dann ſind wir ſehr bald am Ende unſeres Kön⸗ nens angelangt; das geht über unſere Leiſtungsfähig⸗ keit hinaus. Und, meine Herren, ich erinnere Sie daran: alle Schulden, die wir kontrahieren, müſſen ſchließlich ein⸗ mal bezahlt werden. Und wer ſoll ſie denn bezahlen? Wollen Sie denn nachher den Haus⸗ und Grundbeſitz doppelt, dreifach, vierfach, fünffach belaſten? (Zuruf: Die Allgemeinheit!) — Mit dem Worte „Allgemeinheit“ iſt die Sache nicht getan. Wir arbeiten in Preußen nach beſtimmten 279 Grundſätzen. Unſer Kommunalabgabengeſetz ver⸗ pflichtet uns, den Haus⸗ und Grundbeſitz mit heranzu⸗ ziehen, und wir können die Einkommenſteuer nur in einem beſtimmten Verhältnis zur Realſteuer belaſten. Alſo wo würde das hinführen, wenn wir jetzt den Grundbeſitz entlaſten und nachher die geſamten Zu⸗ wendungen, die wir zugunſten des Grundbefitzes ge⸗ macht haben, lediglich auf die Einkommenſteuer legen wollen. Das iſt gänzlich ausgeſchloſſen. Ich glaube, wir haben hier einen richtigen und ſoliden Weg beſchritten. Wir haben denjenigen Per⸗ ſonen, die unterſtützungsbedürftig ſind, die Möglich⸗ keit eröffnet, ihre bisherigen Wohnungen beizubehal⸗ ten. Wir haben daneben und darüber hinaus die Möglichkeit gegeben, daß ſich der Hauswirt durch Be⸗ leihung der übrigen Mieten über die Schwierigkeiten der Kriegszeit hinwegſetzt. Das iſt natürlich zunächſt nur eine Vorſchußaktion. Der Hausbeſitzer wird in die Lage kommen, ſpäter dieſe Vorſchüſſe und Darlehen abzutragen. Dazu wind er aber auch in der Regel in der Lage ſein; denn die Mieter werden ihrerſeits durch die Aktion, die wir hier vornehmen, in die Möglichkeit verſetzt, ihre Mieten ratenweiſe abzuzahlen. Das wer⸗ den ſie können, insbeſondere ſobald die Verhältniſſe ſich ändern. Am Ende aller Dinge, meine Herren, ſteht die Liquidation der Kaſſe. Soweit dann noch ein Vor⸗ ſchuß für den einzelnen Hausbeſitzer vorliegen ſollte, dem ein entſprechender Mieteingang nicht gegenüber⸗ ſteht, iſt es immer noch Zeit, darüber nachzudenken, ob wir etwaige Beträge auf unſere Schultern nehmen wollen. Bis dahin aber bleibt die geſamte Sorge für das Haus dem Hausbeſitzer. Und das iſt gut. Er muß ein Intereſſe an einer pfleglichen Verwaltung ſeines Beſitzes haben. Es iſt unmöglich, daß der Haus⸗ beſitzer ſagt: ich brauche mich um mein Haus nicht zu bekümmern; für die ausfallenden Mieten iſt eine Ga⸗ rantiekaſſe vorhanden, die jederzeit in Anſpruch ge⸗ nommen werden kann. Nein, meine Herren! Das, was er ſchließlich nicht aufbringen kann, wird bei der Liquidation zum Ausdruck kommen, und wir werden uns dann darüber zu unterhalten haben, ob wir über den Rahmen der reinen Darlehnsgewährung hinaus . Grundbeſitzern noch gewiſſe Zuſchüſſe gewähren ſollen. Dieſe Grenzen für unſere Hilfeleiſtung, meine Herren, muß ich hier gegenüber den weitgehenden For⸗ derungen des Herrn Stadtv. Rieſenberg mit aller Be⸗ ſtimmtheit kennzeichnen. (Lebhafter Beifall.) Stadtv. Jolenberg: Meine Herren! Ich bin dem Herrn Bürgermeiſter perſönlich für ſeine Aus⸗ führungen beſonders dankbar, denn er überhebt mich der Mühe, Herrn Kollegen Rieſenberg zu antworten. Den Ausführungen meines Freundes Meyer habe ich ſehr wenig hinzuzufügen; ich möchte aber noch eine kurze Erklärung für meine Perſon abgeben. Sie lautet: Ich halte eine Beihilfe, die ſich auf Miet⸗ und Zinszeſſionen ſtützt, für den Hausbeſttz eher für ſchäd⸗ lich als für nützlich: denn ſie iſt geeignet, den Markt für zweite Hypotheken vollends zu demoraliſieren. (Sehr richtig! bei der Vereinigten alten Fraktion.) Der Mißbrauch, der mit dieſer Art Zeſſtonen leider getrieben worden iſt, fordert gebieteriſch die Abände⸗