280 rung der Geſetzgebung. Darüber ſind ſich alle Be⸗ teiligten klar. Durch Benutzung der Miet⸗ und Zins⸗ zeſſionen zur Sicherung für die Stadtgemeinde oder für die Aktiengeſellſchaft wird die notwendige Ab⸗ änderung der geſetzlichen Beſtimmungen mindeſtens in Frage geſtellt. Meine Herren, die Angelegenheit wird voraus⸗ ſichtlich in den Ausſchuß geſchickt werden. Ich kann ja dort meine Ausführungen näher begründen, hielt es aber für nötig dieſe Erklärung in der Oeffent⸗ lichkeit abzugeben. Stadtv. Hirſch: Meine Herren! Meine Freunde ſind bereit, den Boden der Vorlage zu betreten. Auch wir haben gegen Einzelheiten Bedenken, aber grund⸗ ſätzlich ſtimmen wir der Vorlage zu. Wir glauben, daß ſich im Ausſchuß Gelegenheit finden wird, unſere Bedenken zur Sprache zu bringen. Ich hatte überhaupt nicht die Abſicht, das Wort zu ergreifen, wenn mich nicht Herr Kollege Rieſen⸗ berg durch ſeine Uebertreibungen dazu herausgefor⸗ dert hätte. Allerdings kann ich mich ja nach der Ab⸗ fuhr, die ihm der Herr Bürgermeiſter hat zu teil werden laſſen, ſehr kurz faſſen; ich möchte nur auf einige allzu kraſſe Bemerkungen von ihm eingehen. Herr Rieſenberg hat meiner Meinung nach der Sache durch die Art, wie er hier ſcheinbar — in Wirklich⸗ keit ja nicht — die Intereſſen des Hausbeſitzes ver⸗ treten hat, einen äußerſt ſchlechten Dienſt erwieſen. Ich glaube, daß er der Sache der Hausbefitzer durch ſeine Rede weit mehr geſchadet als genützt hat, (Sehr richtig!) und vielleicht wird noch einmal die Zeit kommen, wo er ſich ſagt: ich hätte doch beſſer getan, den Mund zu halten oder die Hand anzunehmen, die mir der Herr Vorſteher gereicht hat, indem er mich zur Sache rief. Nun, Herr Rieſenberg iſt offenbar guten Rat⸗ ſchlägen nicht zugänglich. Herr Rieſenberg ſprach davon, daß die Vorlage einen Schutz für die Mieter bedeute. Der Herr Bürger⸗ meiſter hat bereits überzeugend nachgewieſen, daß es ſich bei dieſer Vorlage nicht um einen Schutz für die Mieter, ſondern um einen Schutz für die Haus⸗ wirte handelt, und Herrn Rieſenberg wird ja auch die Geſetzeslage bekannt ſein. Herr Rieſenberg, was wollen Sie denn machen, wenn heute Familien von Kriegsteilnehmern die Mieten nicht bezahlen? Sie ſind augenblicklich abſolut machtlos! Und glauben Sie wirklich, daß die Oberhäupter der Familien, wenn ſie nach Beendigung des Krieges zurückkehren, dann die ganzen Reſtmieten bezahlen werden? Meine Herren, dieſer Hoffnung brauchen Sie ſich nicht hin⸗ zugeben; dazu ſind die meiſten Leute einfach nicht in der Lage. Was die anderen betrifft, die nicht zum Kriegs⸗ dienſt eingezogen, ſondern infolge des Krieges oder aus anderen Gründen in ſchlechte wirtſchaftliche Ver⸗ hältniſſe geraten ſind, ſo haben Sie bei dieſen aller⸗ dings die Möglichkeit, im Wege der Klage gegen ſie vorzugehen. Aber auch dadurch werden Sie kaum zu Ihrem Gelde kommen. Alſo wie man die Sache auch dreht: es handelt ſich hier nicht um einen Schutz für die Mieter, ſondern in letzter Linie um einen Schutz für den Hausbeſitzer. (Stadtv. Rieſenberg: Wer zahlt denn die Hypothekenzinſen?) Sitzung vom 14. Oktober 1914 — Wer ſie zahlt? Der Beſitzer muß ſie zahlen, und wenn er ſie nicht zahlen kann, dann hat er eben, ſo leid das einem jeden von uns tun wird, die Fol⸗ gen zu tragen, dann gehr er zugrunde, genau ſo wie heute Tauſende und Abertauſende von Geſchäfts⸗ leuten zugrunde gehen. Es iſt traurig, daß dem ſo iſt; aber an dieſen Verhältniſſen können wir leider nichts ändern. Und ebenſowenig, wie wir ſagen können: wir halten es für unſere Pflicht, ſämtliche Gewerbetreibende vor dem wirtſchaftlichen Untergang zu ſchützen, ebenſowenig kann es Pflicht der Ge⸗ meinde ſein, alle Hausbeſitzer vor dem Untergang zu bewahren. Ich habe Mitleid mit einem jeden, der dabei zugrunde geht; aber wenn man ſich auf den Boden der Tatſachen ſtellt, muß man ſagen: die Ver⸗ hältniſſe liegen einmal ſo, und wir können nicht viel daran ändern. Meine Herren, ſonderbar berührt hat es mich, daß Herr Rieſenberg ſein Bedauern darüber aus⸗ ſprach, daß ihm die Mietervereine nicht zu Hilfe kommen. Ja, ich weiß nicht, welches Intereſſe die Mietervereine daran haben, den Haus⸗ und Grund⸗ beſitz, noch dazu denjenigen Haus⸗ und Grundbeſitz, der von Herrn Rieſenberg vertreten wird, zu unter⸗ ſtützen. Ich glaube, die heutige Rede des Herrn Rieſenberg hat doch gezeigt, daß die Mietervereine, wenn ſie überhaupt auf dem Poſten ſind — ich weiß es nicht, denn ich gehöre keinem an —, allen Anlaß haben, ſich gegen ihn und gegen die, die hinter ihm ſtehen, zu erklären. Herr Rieſenberg ſprach von böswilligen Mietern in großer Zahl. Es muß doch erſt einmal nach⸗ gewieſen werden, ob tatſächlich böswillige Mieter in großer Zahl vorhanden ſind. Ich habe auch Er⸗ fahrungen auf dieſem Gebiete und muß feſtſtellen, daß, ſoweit es ſich um Familien von Kriegsteil⸗ nehmern handelt, der größte Teil von denen, der überhaupt imſtande iſt, Miete zu zahlen, ſeinen Ver⸗ pflichtungen nachkommt. Ich habe zahlloſe Fälle, wo die Frauen uns nachweiſen, daß ſie von ihrer Unterſtützung in erſter Linie den Hauswirt befriedigt und ſich, ſoweit Beköſtigung und Kleidung in Frage kommen, auf das Allernotwendigſte beſchränkt haben. Daneben gibt es auch Fälle, in denen die Leute auf dem Standpunkt ſtehen, ſie brauchten keine Miete zu zahlen, und auch ſolche Fälle, wo jemand, obwohl er dazu imſtande iſt, ſich grundſätzlich weigert, ſie zu bezahlen. Das wären die Böswilligen, aber ſie ſind in verſchwindender Minderheit, und man darf nicht die Behauptung aufſtellen, daß es eine große Zahl von ihnen gibt. Die Hausbeſitzer wiſſen, ſich gegen böswillige Mieter zu ſchützen; ſie haben es früher verſtanden und verſtehen es heute. Ich muß deshalb namens der Charlottenburger Bürger dagegen pro⸗ teſtieren, daß man von böswilligen Mietern in großer Zahl ſpricht und vereinzelte Erſcheinungen verall⸗ gemeinert. Im übrigen hat uns Herr Rieſenberg nette Per⸗ ſpektiven eröffnet. Er hat davon geſprochen, daß im nächſten Jahre die Grundſteuer erlaſſen werden ſoll, daß man mit der Zahlung von Gas⸗ und Waſſer⸗ geldern aufhören ſollte, — natürlich nur für die Hausbeſitzer! Mir tut es leid, daß er ſeine Rede ſo ſchnell beendet hat. Ich hätte erwartet, daß er in Konſequenz ſeiner Ausführungen verlangt hätte, daß die Stadt auch noch die Hypothekenzinſen bezahlt. Die Stadt garantiert den Hauswirten die Mieten und bezahlt im übrigen auch noch die Zinſen. Das