Sitzung vom 14. Oktober 1914 iſt die Art und Weiſe, wie nach Herrn Rieſenberg dem Hausbeſitz geholfen werden muß. Der Magiſtrat betritt mit ſeiner Vorlage nach unſerer Meinung geſunde Bahnen und weiſt die Hausbeſitzer darauf hin, daß ſie ſich ſelbſt helfen müſſen und ſelbſt Opfer zu bringen haben. Er gibt ihnen weiter die Garantie, daß er ſie dann, wenn ſie bereit ſind, ſelbſt Opfer zu bringen, auch unter⸗ ſtützen wird. Da wir dieſe Grundſätze billigen, ſtim⸗ men wir dem Gedanken der Vorlage zu. Stadtv. Panſchow: Meine Herren! Auch ich ſtehe mit den Herren Vorrednern auf dem Standpunkt, daß ſich die Erörterung der Details dieſer Vorlage hier für das Plenum nicht eignet, wenn ich auch perſönlich die Anſicht vertreten muß, daß der beſte Schutz für den Haus⸗ und Grundbeſitz der wäre, wenn man die Mieter veranlaſſen könnte, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Hausbeſitzer zu erfüllen. Wir brauchten dann die heutige Vorlage nicht. Aber etwas habe ich bei der heutigen Debatte bis⸗ her vermißt, etwas Gutes, das einzige Gute vielleicht, das ich von meinem Standpunkt aus an dieſer Vorlage ſehe, und das iſt der Hinweis darauf, daß das Miet⸗ cinigungsamt ſeitens des Magiſtrats beantragt wird, (Sehr richtig!) und zwar von dem Standpunkt aus, daß es dann mög⸗ lich ſein wird, die Mieter, die Herr Kollege Rieſenberg angeführt hat, nämlich die böswilligen Mieter, zu ver⸗ anlaſſen, ihre Verhältniſſe zu detaillieren. Wir wer⸗ Den dann allerdings in der Lage ſein, feſtzuſtellen, Herr Kollege Hirſch, daß es doch eine große Anzahl von Mietern gibt, die aus böſem Willen heraus ge⸗ neigt ſind, ſich ihren Verpflichtungen vielleicht in viel größerem Umfange zu entziehen, als Sie, Herr Kollege Hirſch, glauben. Für die Beratung der weiteren Details halte ich allerdings den Ausſchuß, dem ich auch im Namen meiner Freunde zuſtimme, für geeigneter. Stadtv. Rieſenberg: Meine Herren! Nur eine ganz kurze Erwiderung. Es iſt nicht meine Abſicht geweſen, wie der Herr Bürgermeiſter anzunehmen glaubt, Mieten bis zu 17 000 ℳ hin von der Allge⸗ meinheit beſtreiten zu laſſen. Ich habe in meiner Rede geſagt: die Hilfe, die der Magiſtrat in ſeiner Vorlage bringt, iſt aus zwei Gründen anzuerkennen: einmal braucht der Vermieter dem Mieter nicht mehr nachzu⸗ laufen, und zweitens kann er mit feſten Zahlen rech⸗ nen. Die Unterſtützungsſummen aber, die dabei her⸗ auskommen, ſind mir zu klein. Ich habe Ihnen aus⸗ gerechnet, daß dabei Mieten von höchſtens 660 ℳ in Betracht kommen. Nun werden Sie mir zugeben, daß in Charlottenburg für 660 ℳ keine Dreizimmerwoh⸗ nung zu mieten iſt, und ich meine doch, daß Bürger, die bisher in beſcheidener Lebenshaltung eine Drei⸗ zimmerwohnung bewohnt haben, ſo weit von der All⸗ gemeinheit unterſtützt werden ſollten, daß ſie nicht Not leiden. Sollte ich mich anders geäußert haben, ſo muß ich mich ſelbſt verbeſſern. Es ſollen alſo nicht etwa Mieten bis zu 17 000 ℳ dem Hausbeſitzer mühe⸗ los in die Hand gedrückt werden. Wir wiſſen, daß der Hausbeſitzer bei den Mieten, die ihm „mühelos“ in die Hand gedrückt werden, immer noch 30 % zugibt. Die Hausbeſitzer bringen dieſes Opfer wie heute alle Schich⸗ ten mit nationaler Begeiſterung. Ich habe Hausbe⸗ ſitzer ſprechen hören, die ſagten: gut, wenn der Magi⸗ 281 ſtrat uns in dieſer Weiſe entgegenkommt, dann wollen wir ſehr zufrieden ſein, wir wollen gern die 30 % tragen. Und wenn ich nachher unterſucht habe, welche Vor⸗ ſchläge zu machen ſind, um die Not, die auf allen laſtet, zu lindern, ſo bin ich vielleicht etwas zu weit gegangen. Ich habe Ihnen aber ſofort erklärt, als ich von der Gemeindegrundſteuer ſprach, daß hier für dieſes Jahr eine Aenderung ausgeſchloſſen iſt; im nächſten Jahre können wir ſie vielleicht enwas ermäßigen. Ich habe aber nicht geſagt, daß ich ſie abſchaffen will. Das iſt ein Märchen, dagegen muß ich mich entſchieden weh⸗ ren. Für ſo naiv bitte ich Sie mich nicht zu halten. Ich bin ferner der Meinung, daß die Allgemein⸗ heit, die jetzt 110 % Gemeindeeinkommenſteuer zahlt, im nächſten Jahr auch einmal 120 und vielleicht auch 150 % zahlen muß. (Heiterkeit.) Viele andere Städte zahlen das. Viele andere Städte, darunter Königsberg, haben 100 Jahre lang ihre Kriegsſchulden tilgen müſſen. Ich meine: wir, das jetzige Geſchlecht, ſind nicht dazu da, dieſe ſchweren Laſten allein zu tragen. Die Zukunft, die folgende Generation ſoll auch beitragen helfen. Wenn wir die Laſten ſo verteilen, werden wir zu einem befriedigen⸗ den Zuſtande kommen. Glauben Sie nicht, daß ich ein ſogenannter Hausagrarier vom reinſten Waſſer bin, als den Sie mich hier abmalen wollen. Ich per⸗ ſönlich habe wahrhaftig keine Veranlaſſung dazu, ich könnte meinem Schöpfer danken, daß ich in dieſer Zeit Hausbeſitzer bin. Wenn ich das Wort ergriffen habe, ſo iſt es geſchehen, der Allgemeinheit einen Dienſt zu leiſten, und wenn ich nach neuen Mitteln geſucht und ſie Ihnen vorgeführt habe, dann dürfen Sie dieſe Mittel nicht ins Unendliche verzerren und übertreiben. In dieſem Sinne bitte ich meine Ausführungen von vorhin betrachten zu wollen. Ich habe hinzugefügt: wir wollen die Vorlage im Ausſchuß entſprechend um⸗ arbeiten. Wir erkennen an, daß ſie brauchbar iſt. Die Erörterung von Einzelheiten wollen wir hier unter⸗ laſſen. Stadtv. Dr Crüger: Meine Herren! Die De⸗ batte ſcheint doch einen recht günſtigen Erfolg gehabt zu haben; (Heiterkeit) denn der Herr Vorredner hat ſich damit einverſtanden erklärt, ſeine Anſicht einer Reviſion zu unterziehen. Ich glaube, dafür wird ihm insbeſondere auch der Hausbeſitz dankbar ſein. Andernfalls dürfte ſich die Situation ſo geſtalten, daß der Hausbeſitz ſagt: Herr, ſchütze mich vor meinen Freunden. Wenn das alles, was Herr Rieſenberg uns hier angegeben hat, auch die Steuerpläne mit etlichen 100 %, verwirklicht wer⸗ den ſollte, dann würden gerade die Hausbeſitzer, wenn ſie auch dabei eine Steuerentlaſtung erfahren ſollten, die Notleidenden werden; denn die Bevölkerung wird ſich wahrſcheinlich beſtens bedanken, Wohnungen in einer Kommune zu ſuchen, wo derartige Steuern er⸗ hoben werden. Die Laſten würden alſo wieder auf den Hausbeſitz zurückfallen. Im übrigen, glaube ich, iſt es tatſächlich heute noch etwas verfrüht, uns ſchon mit dem Etat zu be⸗ ſchäftigen und uns darüber den Kopf zu zerbrechen, woher die Mittel genommen werden ſollen, um alle die Ausgaben, die wir jetzt haben, zu decken. Wir