286 ſind und es nun der Berufsorganiſation überlaſſen bleibt, ob ſie außer der Unterſtützung durch die Ge⸗ meinde ihrerſeits noch eine Unterſtützung zahlen kann oder will. Denn darüber ſind meine Freunde ſich auch einig, daß, wie auch die Unterſtützung durch die Gemeinde geſtaltet werden wird, von einer ausreichen⸗ den Unterſtützung, von der Zuwendung einer ſolchen Summe, daß ſie mehr als das Allernotdürftigſte ge⸗ währt, nicht wird die Rede ſein könnn. Ich kann mich da auch auf die Verhandlungen im Provinziallandtag berufen, wo ebenfalls der Verterter des Antrags des Provinzialausſchuſſes davon ſprach, daß leider nur in ſehr beſcheidenem Umfange Unterſtützungen würden gewährt werden können. Meine Freunde wünſchen nun durch den dritten Abſatz unſeres Antrages zu erreichen, daß es allerdings den Berufsorganiſationen ermöglicht wird, darüber noch ſelbſtändig zu befinden, ob nicht neben dieſer Un⸗ terſtützung durch die Gemeinde auch noch von der Berufsorganiſation eine Unterſtützung zu leiſten ſei. In der Beſprechung, über die Herr Stadtrat Dr Spiegel berichtet hat, ſcheint man den umgekehrten Weg gegangen zu ſein. Da will man, daß die Berufs⸗ organiſationen die Unterſtützungen leiſten, und will dann, wenn die Berufsorganiſationen unterſtützen, jagen: ſie mögen vielleicht nicht ausreichen, wir wollen ſie alſo nur zur Hälfte mit anrechnen. Man hat ſich alſo Dort vollſtändig auf den Standpunkt geſtellt, daß man einen verſicherungsmäßigen Anſpruch des Unter⸗ ſtützungsantragſtellers vor ſich hat, den man nun auch voll in Rechnung ſtellen muß oder, wie man ſchließlich zugab, man wollte ihn, da er ja gering ſei und in Zu⸗ kunft wahrſcheinlich immer noch geringer werden wird, nur halb in Rechnung ſtellen. Man hat ſich gerade auch für die Stellungnahme in der Provinz Brandenburg dabei auf die Be⸗ ſchlüſſe des Provinziallandtages und ſeine Dekla⸗ rierung durch den Provinzialausſchuß berufen, und da werden Sie mir ſchon die Bemerkung geſtatten, daß die Ausführungsbeſtimmungen, die der Pro⸗ vinzialausſchuß zu dem Beſchluſſe des Provinzial⸗ landtages erlaſſen hat, nach meiner Empfindung in einem ſehr weſentlichen und ſtarken Widerſpruch zu der Begründung ſtehen, die derſelbe Provinzialaus⸗ ſchuß ſeinem Antrag an den Provinziallandtag bei⸗ gegeben hat. Wäre nämlich die Begründung ſo bei⸗ gegeben worden, wie ſie in den Ausführungsbeſtim⸗ mungen zutage tritt, ſo hätte ſich im Provinzialland⸗ tag zweifellos eine Debatte über dieſe Frage erhoben, während ſo der Antrag dort debattelos angenommen wurde. In den Ausführungsbeſtimmungen ſagt der Provinzialauschuß: Die Unterſtützungen ſind nach dem Grade der Bedürftigkeit durch die Gemeindeverwal⸗ tung vorbehaltlich der Nachtprüfung durch Pro⸗ vinz und Landesverſicherungsanſtalt zu be⸗ ſtimmen. Es will alſo der Provinzialausſchuß den Provin⸗ zialbehörden in jedem einzelnen Fall das Recht vor⸗ behalten, nachzuprüfen, ob die Frage der Bedürftig⸗ keit in der Gemeinde in richtiger Weiſe entſchieden worden iſt. Ja, meine Herren, in der Begründung zu dem Antrag ſagte der Provinzialausſchuß: Ueber Art und Umfang der Unterſtützung zu befinden, wird den Gemeinden ſelbſt über⸗ Sitzung vom 14. Oktober 1914 laſſen werden können, da ſie zur Hälfte mit eigenen Mitteln eintreten müſſen. Es war damals gar keine Rede davon, daß der Pro⸗ vinzialausſchuß, daß die Provinzialbehörden ſich ein Recht der Nachprüfung über die Art der Entſchei⸗ dung der Bedürftigkeit vorbehalten wollen oder kön⸗ nen, und ich weiß nicht, ob die anderen Vertreter der Stadt Charlottenburg im Provinziallandtag ſo ohne weiteres der Vorlage zugeſtimmt hätten, wenn damals ſchon bekannt geweſen wäre, daß der Pro⸗ vinzialausſchuß für die Provinzialbehörden hier eine derartig einſchneidende Nachprüfung, ein der⸗ artiges Eingreifen, ich möchte ſagen: ein derartiges Beauffichtigen der Gemeindeverwaltung in Anſpruch nimmt. Ich muß erklären: ich für meine Perſon hätte mich dann ſicher dagegen gewendet, und ich glaube wohl auch andere Vertreter der Stadtgemeinde Charlottenburg. Immerhin kann man vielleicht der Meinung ſein, daß dieſe Beſtimmung mehr ein Dekorum ſein ſoll und auf dem Papier ſtehen bleiben wird, als daß ſie die Gemeinden wirklich ſtark be⸗ engen wird. Aber, meine Herren, noch eine andere Beſtim⸗ mung ſcheint mir ebenfalls mit der damaligen Vor⸗ lage im Widerſpruch zu ſtehen. Während es damals hieß: Ueber die Heranziehung von Zuwendun⸗ gen Dritter und die Abwendung des Unter⸗ ſtützungsbedürfniſſes durch Arbeitsverſchaffung bedarf es keiner beſonderen Vorſchrift, da die Gemeinde zu ihrer eigenen Entlaſtung genötigt iſt, hierauf ſo weit wie möglich Bedacht zu nehmen. Während es ſo in der Begründung zu dem Antrag des Provinziallandtages hieß, heißt es jetzt in den Ausführungsbeſtimmungen: 1 Die Gemeindeunterſtützungen dürfen nur unter Berückſichtigung anderweiter Zuwendun⸗ gen gewährt werden. Alſo doch wiederum etwas, was meiner Empfindung nach das ſtrikte Gegenteil von dem iſt, was in der Begründung ſeinerzeit geſagt worden war. Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und, meine Herren, daß die Provinzialverwal⸗ tung dieſe Beſtimmung nicht aufrechterhalten will, haben wir ja eben von Herrn Stadtrat Dr Spiegel gehört. Herr Stadtrat Dr Spiegel berichter uns von einer neuen Verfügung des Provinzialausſchuſſes, wonach die Berückſichtigung anderweiter Zuwendun⸗ gen nur bis zu 50% ſtattzufinden braucht. Ja, wenn der Provinzialausſchuß den Beſchluß der Pro⸗ vinz ſeinerzeit richtig ausgelegt hat und in den Aus⸗ führungsbeſtimmungen de jure die Beſtimmung ge⸗ troffen hätte, daß die Zuwendungen Dritter voll her⸗ angezogen werden müſſen, ſo wäre er de jure gar nicht in der Lage, nunmehr ſeinen Beſchluß ſo zu deklarieren, daß er das auf 50% ermäßigt. Er iſt meines Erachtens überhaupt nicht berechtigt geweſen, hier zu dekretieren, in welchem Umfange, wie und ob die Gemeinden überhaupt die Zuwendungen Dritter heranziehen dürfen oder nicht heranziehen brauchen. Im Gegenteil, es ſind das Dinge, die