292 auf die Geſamtunterſtützung angerechnet werder. Wenn wir ſo verfahren, wie es die Vorlage vorſchlägt, dann würden wir in Einzelfällen ſehr große Härten herbeiführen. Es würde dann dahin kommen, daß wir den Frauen von Kriegsteilnehmern vom 1. No⸗ vember ab unter Umſtänden weniger Unterſtützung zahlen, als ſie heute haben, obwohl alle Frauen mit Beſtimmtheit darauf rechnen, daß ſie vom 1. No⸗ vember ab 6 %c mehr bekommen. Das Reichsgeſetz will ja auch, daß vom 1. November ab eine höhere Unterſtützung gezahlt wird. Ich nehme den Fall an, daß wir es mit einer Frau mit zwei Kindern zu tun haben. Die Frau bekommt heute 42 ℳ Unter⸗ ſtützung. Nun haben wir aber eine ganze Reihe von Fällen, wo wir einer ſolchen Frau neben der Unter⸗ ſtützung von 42 ℳ auch noch eine Mietentſchädigung⸗ ſagen wir in Höhe von 15 oder 20 ℳ, gewähren. Sie werden mir zugeben, daß das durchaus nicht zuviel iſt. Die Frau rechnet darauf, daß ſie am 1. Novem⸗ ber 48 % bekommt und daß ihr die Mietunter⸗ ſtützung weiter gewährt wird. Sie ſoll aber nor⸗ malerweiſe vom 1. November ab nur 40 ℳ bekom⸗ men, alſo nicht 6 ℳ mehr als heute, ſondern 2 ℳ weniger. Ich hatte in den vorbereitenden Debatten den Eindruck, als ob ſich die Mehrheit der Teilnehmer auf den Standpunkt ſtellte, daß die Sätze, die hier vorgeſchlagen ſind, gewiſſermaßen Maximalſätze ſein ſollen. Es wurde ja das Wort nicht direkt geſagt, aber aus den ganzen Debatten ging doch hervor, daß ein Teil der Teilnehmer auf dem Standpunkt ſtand: mehr dürfen wir unter keinen Umſtänden geben; denn ſonſt könnten ja die Frauen in eine Lage verſetzt werden, daß ſie ſich ſagen: es geht uns ſo gut, daß wir wünſchen, daß unſer Mann gar nicht mehr wieder⸗ kommt, denn ſo viel wie jetzt haben wir niemals gehabt. Das war ungefähr der Ton, auf den die Debatten teilweiſe geſtimmt waren. Es müßte uns alſo, wenn wir der Vorlage zuſtimmen ſollten, aus⸗ drücklich vom Magiſtrat die Erklärung abgegeben wer⸗ den, daß die hier vorgeſchlagenen Sätze wirklich als Normalſätze gelten ſollen, meinethalben auch als Mi⸗ nimalſätze, daß es aber den Komiſſionen freiſteht, in geeigneten Fällen auch über dieſe Sätze hinauszu⸗ gehen, genau ſo, wie es auch heute geſtattet iſt, über 100% hinauszugehen. Wenn die Erklärung nicht ab⸗ gegeben wird, dann fürchte ich, daß ſich die meiſten Kommiſſionen ſagen: wir dürfen nur das geben, was hier feſtgeſetzt iſt. Und wenn es dahin kommt, dann wäre ja die Arbeit der Kommiſſionen eigentlich überflüſſig; GSehr richtig) dann hätten wir lediglich ſchematiſch feſtzuſtellen: das und das iſt zu geben. Wir brauchten dann nur ein paar Bureaubeamte anzunehmen, die ausrechnen, wieviel Kinder da ſind, wie hoch die Zuſchüſſe ſind, und die Vorſitzenden hätten dann nur zu unter⸗ ſchreiben. Vielleicht könnten wir auch gleich einen Stempel mit unſerem Namenszug auf dem Bureau laſſen, damit die Bureaubeamten den auch noch dar⸗ unter drücken. Das iſt ja gerade das Wichtiae in den Kommiſſionen, daß ſte individualiſteren. Wenn der Magiſtrat ſonſt, namentlich in der Frage der Arbeitsloſenunterſtützung und auch in der Frage, mit der wir uns vorhin beſchäftigt haben, betreffend Gründung einer Mietdarlehnskaſſe, ſo viel Gewicht Sitzung vom 14. Oktober 1914 auf das Indivioualiſieren legt, dann, meine ich, iſt es hier doppelt und dreifach notwendig. 7 Das möchte ich allerdings nicht, daß nun etw Kommiſſionen die Individualiſierung ſo weit treiben, daß ſie unter die Normalſätze heruntergehen. Denn die Sätze, die hier feſtgelegt ſind, ſtellen das Exiſtenz⸗ minimum dar. Es müßte alſo ausdrücklich beſtimmt werden: in den Fällen, wo die Familien weiter kein Einkommen haben und keine weitere Unterſtützung beziehen, darf nicht unter die Sätze heruntergegangen werden. (Zuruf.) — Ich habe ja geſagt, ich wüſche, daß das in den Ausführungsbeſtimmungen ausdrücklich vermerkt wird. Wenn ich das ſage, ſo habe ich meine guten Gründe dazu. Ich fordere das gerade auf Grund der Erfahrungen, die ich gemacht habe. — Sie wer⸗ den mir zugeben, daß die Sätze von 24 ℳ, für eine alleinſtehende Frau, von 32 ℳ für Frau mit einem Kind uſw. nicht zu hoch ſind. Ich ſelbſt glaube nicht einmal, daß in einer Stadt wie Charlottenburg dieſe Sätze auch nur das Exiſtenzminimum darſtellen. Es mag vielleicht noch für die alleinſtehende Frau, wenn ſie ſich ſehr einzuſchränken verſteht, zutreffen, daß ſie damit auskommt. Aber es trifft ſchon nicht mehr zu für die Frau mit einem Kinde und für die Frau mit zwei Kindern. Für das Kind ſind 8 % angenom⸗ men, für die erſten beiden je 8 ℳ und für ſedes weitere Kind 6 ℳ. Ich glaube nicht, daß es den Frauen, auch wenn ſie noch ſo gut zu wirtſchaften ver⸗ ſtehen, möglich iſt, ihre Kinder mit dieſem geringen Satze zu verpflegen. Und nicht nur zu verpflegen, denn in dieſen Sätzen iſt ja auch das einbegriffen, was ſonſt noch zum Lebensunterhalt notwendig iſt, als Heizung, Beleuchtung, Wäſche uſw. Ich unter⸗ laſſe es, einen Antrag auf Erhöhung der Sätze zu ſtellen, weil ich mich aus den Debatten in der Kom⸗ miſſionsſitzung überzeugt habe, daß ein ſolcher An⸗ trag ausſichtslos iſt. Aber ich betone noch einmal, daß uns die Möglichkeit gegeben werden muß, in be⸗ ſtimmten Fällen über die hier vorgeſchlagenen Sätze hinauszugehen. Meine Herren, was die Gewährung von Miet⸗ zuſchüſſen betrifft, ſo hätte ich gewünſcht, daß wir nicht ohne weiteres jedem Wirt einen Mietzuſchuß für den Mieter geben, ſondern daß wir die Gewäh⸗ rung eines Mietzuſchuſſes von gewiſſen Bedin⸗ gungen abhängig gemacht hätten. Das tun auch andere Gemeinden, nicht nur Groß⸗Berliner Ge⸗ meinden, ſondern auch eine ganze Reihe von Ge⸗ meinden im übrigen Deutſchland. Da finden Sie Beſtimmungen, daß die tadt einen Mietzuſchuß nur dann gewährt, wenn ſich der Wirt bereit erklärt, die Miete um beſtimmte Prozente nachzulaſſen, und ſelbſt Herr Haberland, der doch die Intereſſen des Grundbeſitzes ganz vorzüglich wahrnimmt, ſteht in ſeiner Broſchüre auf dieſem Standpunkt. Hier aber ſoll ohne weiteres jedem Wirt die Hälfte der Miete gegeben werden. Etwas ſchmackhafter wird ja die Beſtimmung dadurch gemacht, daß wir den Wirten, die ſich zu weiterem Entgegenkommen be⸗ reit erklären, einen weiteren Zuſchuß geben. Aber trotzdem bleibe ich dabei, daß wir eigentlich keine —2 haben, denjenigen Wirten, die da agen: Fall einen Mietsnachlaß —, ſeitens der Stadt einen Mietzuſchuß zu geben. 124 wir gewähren den Familien auf keinen