294 etwa beſondere Verhältniſſe eine weitergehende Fürſorge erfordern. Ich möchte Herrn Hirſch noch beſonders darauf hin⸗ weiſen, daß mit dieſem Satze der Vorlage auch alle anderen Geſichtspunkte, die er hier bezüglich der An⸗ rechnung von Naturalien angeführt hat, gegenſtands⸗ los werden. An ſich müſſen ſelbſtverſtändlich die Naturalien genau ſo behandelt werden wie die Bar⸗ unterſtützungen; ob aber beſondere Verhältniſſe vor⸗ liegen, die die Anrechnung angezeigt erſcheinen laſſen oder nicht, das zu beurteilen, muß natürlich der Unterſtützungskommiſſion überlaſſen bleiben. Aber über eins wollen wir uns einmal klar wer⸗ den: wir wollen heute nicht die Normalſätze mit der 1 bſicht beſchließen, ſie nicht zur Anwendung zu ringen, (Sehr richtig!) und ich möchte noch weiter hervorheben, Herr Hirſch, daß wir ſelbſtverſtändlich bei der Vorlage die Mei⸗ nung und Abſicht haben, die Situation der Unter⸗ ſtützungsempfänger zu verbeſſern und nicht zu ver⸗ ſchlechtern. Herr Stadtv. Hirſch, Sie wiſſen, daß wir bei den früheren Unterſtützungsſätzen auch be⸗ reits einen Teil als auf die Miete entfallend ange⸗ ſehen haben. Wenn die Unterſtützungsempfänger bisher nicht die Miete abgeführt haben, ſo iſt das eigentlich kein Uſus, ſondern ein Abuſus. (Stadtv. Hirſch: Sie konnten es nicht!) Ich glaube deswegen, daß tatſächlich mit den vorgeſchlagenen Normalſätzen zuzüglich der Miets⸗ beihilfen eine weſentliche Verbeſſerung der Lage der „criegerfamilien erreicht werden wird, namentlich wenn der von mir verleſene erläuternde Satz aus unſerer Vorlage beachtet wird. Ich weiſe noch darauf hin, daß der Magiſtrat über die Beratung des Ausſchuſſes der Unterſtützungskommiſſionen noch inſofern hinausgegangen iſt, als die Feſtſetzung der anzurechnenden Beträge für die gewährte Schul⸗ ſpeiſung und die ſonſtige Speiſung gleichfalls den Kommiſſionen überlaſſen iſt; auch nach der Rich⸗ tung hin iſt das Arbitrium der Kommiſſion frei. Damit iſt der Geſichtspunkt der Individualiſierung aufrechterhalten, der eine Abweichung von dem Nor⸗ malſatze geſtattet, wenn dies wirklich aus den tat⸗ ſächlichen Verhältniſſen im Einzelfalle begründet iſt. Was nun die Behandlung des Hauswirts bei Gewährung von Mietbeihilfen anbetrifft, ſo iſt es nicht nötig, auf ihn einzuwirken. Durch die Geſetz⸗ gebung iſt die Lage der Kriegsteilnehmer vollſtändig geklärt. Der Hauswirt kann ſie ja in keiner Weiſe drangſalieren. (Stadw. Hirſch: Das wiſſen die Frauen leider nicht!) — Meine Herren, ich glaube, daß die Aufklärung nach der Richtung leider, leider viel zu weit gegangen iſt. (Sehr richtig!) Darüber wollen wir nicht im Unklaren ſein: die⸗ jenigen Perſonen, für die dieſe Aufklärung beſtimmt war, hat ſie gewöhnlich nicht erreicht, ſondern die Drückeberger haben ſie aufgefaßt und mißbraucht. Inſofern bedaure ich die Aufklärungen, die nicht nach⸗ drücklich genug darauf hingewieſen haben, daß die materielle Verpflichtung zur Mietzahlung fortbeſteht und daß lediglich die prozeſſuale Geltendmachung Sitzung vom 14. Oktober 1914 für die Dauer des Krieges ausgeſchaltet iſt. Es kann nicht oft genug geſagt werden, daß jeder Kriegs⸗ teilnehmer, der zahlen kann, moraliſch mindeſtens verpflichtet iſt, die Zahlung tatſächlich zu leiſten. Wenn nun mit dem Hauswirt wirklich über die von Herrn Hirſch vorgeſchlagene Stundung verhandelt wird, ja, wie weit ſoll die Stundung des Reſtes gehen? Bis zum Ende des Krieges, bis über den Krieg hinaus? Ich meine, ſollte irgendwo ein rigo⸗ roſer Wirt in den Unterſtützungskommiſſionen vor⸗ kommen, dann bleibt es den Unterſtützungskom⸗ miſſionen überlaſſen, zu intervenieren und in ver⸗ ſtändiger Weiſe auf den Mann einzuwirken, daß er nicht tut, was man nicht billigen kann. Im übrigen iſt die Einführung der Verzichts⸗ prämie, die von einem Mitgliede der Stadtverord⸗ netenverſammlung, von dem Herrn Stadtv. Meyer, ausgeht, praktiſch und zweckmäßig und wird auch das erreichen, was wir wollen, daß der Hauswirt gegen⸗ über den Unterſtützungsempfängern, die in ſeinem Hauſe wohnen, alles Entgegenkommen beweiſt, was wir im Intereſſe der Leute natürlich lebhaft wünſchen müſſen. Was die Art der Zahlung der Mietbeihilfen anbetrifft, ob ſie direkt an den Hauswirt zu leiſten iſt, ob der Bezirksvorſteher ſie vermittelt, oder ob wir vielleicht ſogar im einzelnen Fall der Frau das Geld aushändigen, darüber brauchen wir heute keine Beſchlüſſe zu faſſen, das werden wir beſſer — (Stadtv. Wöllmer: Beſſer generell! — Wider⸗ ſpruch.) — Ia, ich ſtelle anheim, darüber Beſchluß zu faſſen. Gemeint iſt — das iſt keine Frage, das möchte ich aus)rücklich feſtſtellen —, daß die Mietbeihülfen, wie ſie hier feſtgeſetzt ſind, auch tatſächlich den Hausbe⸗ ſitzern zugute kommen ſollen. Dieſer Gedanke iſt das oberſte Prinzip, und an ihm müſſen wir natürlich feſthalten. Haben wir aber zuverläſſige Frauen, die die Miete unter allen Umſtänden bezahlen und bis⸗ her immer bezahlt haben, ſo würde, glaube ich, nichts im Wege ſtehen, in dieſem Falle die Zahlung der Frau zu überlaſſen. Aber ich ſtelle anheim, zu be⸗ ſchließen, daß die Zahlung unbedingt und in allen Fällen direkt an den Hauswirt zu erfolgen hat. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Die Abſicht, eine Einheitlichkeit unter den Unter⸗ ſtützungskommiſſionen herzuſtellen, iſt meinen Freunden und mir perſönlich als Vorſitzendem einer Unterſtützungskommiſſion durchaus ſympathiſch. Auch der Abſicht, dem Gedanken klarer Ausdruck zu geben als bisher, daß die Kriegsunterſtützung nicht nur das gewöhnliche Leben, das Eſſen und Trinken, ſondern auch das Wohnbedürfnis zu beſtreiten hat, ſtimme ich durchaus zu. Allerdings haben wir nicht nur in meiner, ſondern in den meiſten Kommiſſionen von Anfang an ſo gehandelt, und es wäre auch wohl möglich geweſen, durch eine interne Verſtändigung unter den Kommiſſionen dieſes Prinzip überall zum Durchbruch kommen zu laſſen. Meine Herren, nun ſind uns gewiſſe Normal⸗ ſätze vorgeſchlagen. Auch gegen deren Feſtſetzung habe ich nichts einzuwenden; ſie entſprechen ungefähr dem, was wir den Beratungen in meiner Kom⸗ miſſion zugrunde gelegt haben. Aber das, was ich bedaure, iſt, daß die Feſtſetzung ſogenannter Nor⸗ malſätze und die Feſtſetzung beſtimmter Mietbei⸗