Außerordentliche Sitzung vom 4 November 1914 beſitzes vollſtändig verzichtet würde und die Stadt die erforderlichen Kapitalien allein aufbringen wollte. Meine Herren, gegenüber dieſem Ergebniſſe hat die Kommiſſion in ihrer zweiten Sitzung ihren Stand⸗ punkt geändert. Wir ſind zwar nicht der Meinung, daß wir die Vorlage ausgeſprochen dem Hausbeſitz zu⸗ liebe machen wollten, ſondern wir haben uns ihr freund⸗ lich gegenübergeſtellt, weil wir einen Schutz des Haus⸗ beſitzes für erforderlich erachten im Intereſſe der Stadt⸗ gemeinde. Wir mußten uns aber auf der andern Seite ſagen, daß, wenn der Hausbeſitz in Charlottenburg der Sache gleichgültig oder darüber hinaus ablehnend ent⸗ gegentritt, dasjenige, was wir damit beabſichtigen, nicht erzielt werden kann, daß wir ſchließlich nichts anderes ſchaffen würden als eine Atrappe, und dazu iſt die jetzige Zeit nicht geeignet. Es kommt hinzu, daß ja auch das objektive Bedürfnis, dieſe Einrichtung in Anſpruch zu nehmen, in unſerer Stadt gegenwärtig wahrſcheinlich erheblich geringer iſt als in anderen Städten. Denn darüber war man ſich in dem Aus⸗ ſchuß einig, daß durch die Mietzuſchüſſe zugunſten der Einberufenen und durch die Gewährung von Mietbei⸗ hilfen für die Erwerbsloſen — worüber Sie heute noch Beſchluß zu faſſen haben werden — gera deunſere Stadt in ſo weitgehendem Maße f 1 den Hausbeſitz ſorgt wie wohl kaum eine andere Kommune im geſamten Deutſchen R eich. (Stadtw. Wöllmer: Sehr richtig!) Mit Rückſicht auf dieſe Dinge iſt der Ausſchuß zu der Ueberzeugung gekommen, daß er vor der Hand eine Annahme der Vorlage nicht befürworten kann. Seine Erwägungen galten nur noch der Frage, ob er Ihnen die Ablehnung der Vorlage vorſchlagen oder ob er ſich vertagen ſolle. Wie Sie aus dem Sitzungsbe⸗ richt entnommen haben, hat er ſich für das letztere ent⸗ ſchieden, und zwar deshalb, weil man im Ausſchuſſe dem Hausbeſitz in Charlottenburg die Möglichkeit offen halten wollte, doch noch auf dieſe Vorlage zurückzu⸗ kommen, falls er in einem ſpäteren Zeitpunkt ein Be⸗ dürfnis hierzu anerkennt. Die jetzige Haltung des Hausbeſitzes erklärt ſich nicht zum mindeſten daraus, daß zurzeit Pläne im Gange ſind, die auf eine Stützung des Hausbeſitzes unter Beteiligung des Staates hin⸗ auslaufen. Es iſt nicht meine Sache, darauf einzu⸗ gehen, ob die Verwirklichung dieſer Pläne zu erwarten iſt: jedenfalls ſetzt der Hausbeſttz Hoffnungen hier⸗ auf. Wir wollen die Möglichkeit erhalten, daß wir, wenn etwa dieſe Hoffnungen ſcheitern ſollten, nochmals im Einverſtändnis mit dem Charlottenburger Haus⸗ beſitz auf die Vorlage zurückkommen können. Meine Herren, wenn Sie bezüglich des erſten Teiles der Vorlage von dieſem Beſchluſſe nur Kenntnis zu nehmen haben, ſo bitten wir Sie bezüglich des zweiten Teiles, nach dem Vorſchlage des Ausſchuſſes die Einrichtung eines Mieteinigungs⸗ amtes zu beſchließen. Schon in der vorigen Be⸗ ratung hat der zweite Teil der Vorlage in Ihren Reihen unbedingte Zuſtimmung gefunden. Der Aus⸗ ſchuß war ſich darüber klar, daß die Einrichtung eines Mieteinigungsamtes, insbeſondere ſofern die Reichs⸗ regierung den Anträgen Rechnung trägt, die der Char⸗ lottenburger Magiſtrat ihr unterbreitet hat, von beſtem Erfolge ſein kann, ſowohl für den Charlottenburger Hausbeſitz als auch für die Mieter. Wir bitten Sie deshalb, dieſem Teile der Vorlage ſchon heute zugu⸗ ſtmmen⸗. (Bravol bei den Liberalen.) 303 Stadtv. Neumann: Meine Herren! Meine Freunde ſind mit der Einrichtung eines Mieteini⸗ gungsamtes einverſtanden. In den aufgeſtellten Be⸗ dingungen heißt es aber, daß das Mieteinigungsamt ſowohl von dem Mieter als auch von dem Ver⸗ mieter Offenbarung durch Eidesleiſtung verlangen kann. Nun kann ich mir ja wohl erklären, daß man vom Mieter unbedingt die Offenbarung haben muß. Aber mir iſt eigentlich nicht klar, in welchen Fällen der Vermieter verpflichtet ſein ſoll, die Offenbarung ſeiner Verhältniſſe darzutun. Sollte ich dieſen Paſſus nicht richtig verſtanden haben, ſo bitte ich den Magiſtrat um eine Aufklärung. Ich möchte gern wiſſen, wie ſich die Sache verhält, ob überhaupt ge⸗ wiſſe Fälle vorkommen können, in denen ſich die Not⸗ wendigkeit ergibt, daß der Vermieter ſich deklarieren muß. Dann würde ich jedoch bitten, den Tenor ſo zu faſſen, daß man ſagt: „der Vermieter ſoll auch vereinzelt verpflichtet ſein, ſi ch 3 u offenbaren“. In jedem Falle erſcheint mir das durchaus nicht angängig. 2 Was die Einrichtung der Mietdarlehnskaſſe be⸗ trifft, ſo bleibt uns nichts weiter übrig, als der Ver⸗ tagung zuzuſtimmen. Mein Freund Rieſenberg hat in der vorigen Sitzung längere Ausführungen über die große Notlage gemacht, in der ſich zurzeit der Haus⸗ beſitz befindet. Ich habe nicht die Abſicht, darauf näher einzugehen. Aber, meine Herren, es muß doch immer wieder darauf hingewieſen werden, daß der Hausbeſitz, der an ſich doch ſchon ſeit Jahren krankt, der bereits große Kapitalien verloren hat und von Kommune und Staat mit hohen Laſten belegt iſt, durch die kriegeriſchen Ereigniſſe in eine außer⸗ gewöhnliche Notlage gekommen iſt, in eine ſo außer⸗ gewöhnliche Notlage wie kein Stand und kein Beruf. Es muß immer wieder darauf hingewieſen werden, daß der Hausbeſitzer zwar verpflichtet iſt, dem Mieter ein Moratorium zu geben, aber umgekehrt dieſes Moratorium nicht für ſich fordern darf. Dieſe außergewöhnliche Notlage müßte auch außergewöhn⸗ liche Hilfsmittel erfordern. (Sehr richtig! bei der Vereinigten alten Fraktion.) Und man kann doch nicht ſagen, daß dieſe Darlehns⸗ kaſſe, deren guten Zweck ich nicht verkenne, ein außer⸗ gewöhnliches Hilfsmittel darſtellt! Es iſt eine Dar⸗ lehnskaſſe derart, wie Darlehnskaſſen immer zu ſein pflegen: man geht nämlich von dem theoretiſchen Grundſatz aus, daß es am richtigſten iſt, diejenigen an der Darlehnskaſſe zu beteiligen, die in erſter Linie daran intereſſtert ſind. Das iſt ein ſehr richtiger und ſchöner Grundſatz, wenn die Leute, die an der Dar⸗ lehnskaſſe ein Intereſſe haben, auch das Kapital be⸗ ſitzen, um es zu dieſem Zwecke vorzuſtrecken. In dieſem Falle ſind die Mittel nicht vorhanden, es gibt ganz einfach nicht einen einzigen richtiggehenden Hausbeſitzer, der für dieſe Aktiengeſellſchaft Kapital hergeben kan n. Das iſt auch der Grund, weshalb die Hausbeſitzer dieſe Darlehnskaſſe ablehnen. Gegen eine Darlehnskaſſe an ſich werden die Hausbeſitzer gewiß nichts einzuwenden haben. Dieſe Darlehnskaſſe hat auch noch den ſchweren Fehler, daß gegen das Darlehen Hypothekenzins⸗ zeſſionen ausgeſtellt werden müſſen. Herr Kollege Jolenberg hat ſchon in der vorigen Sitzung darauf hingewieſen, daß das ein ſchwerer Fehler iſt. Wenn es auch im Anfange vielleicht dem Hausbeſitzer nützen