Außerordentliche Sitzung vom 4. November 1914 Stadtſynditus Sembritzki: Meine Herren! Ich kann die Mitteilung des Herrn Bürgermeiſters und ſeine Auffaſſung von den einſchlägigen Verhandlungen nur Wort für Wort beſtätigen und glaube, das mit um ſo beſſerem Gewiſſen und mit um ſo beſſerer Ueber⸗ zeugung tun zu können, als mich dieſer Punkt ganz beſonders intereſſierte und ich gegen Schluß der Ver⸗ handlung dem Herrn Bürgermeiſter noch durch eine Bemerkung nahelegte — ich ſaß neben ihm —, daß es Doch wünſchenswert wäre, in dieſem Punkte eine Klar⸗ ſtellung in aller Form zu treffen, die jeden Zweifel ausſchließt, weil mir das für die Behandlung dieſer Vorlage gleich im Moment von ganz ausſchlaggebender Bedeutung zu ſein ſchien. Stadtv. Panſchow: Meine Herren! doch nicht ſo ganz, Es ſtimmt (Heiterkeit) wenn der Herr Bürgermeiſter ſagt: es iſt jeder Irrtum ausgeſchloſſen. Allerdings hat der Herr Bürgermeiſter nach Schluß ſeiner Ausführungen und am Schluſſe der Verhandlungen dieſe Erklärung gegeben, aber unter großem Widerſpruch. Herr Kommerzienrat Haberland hat mir auch noch zwei, drei Tage nach der Sitzung perſönlich geſagt, daß er keineswegs die Ausführungen ſo aufgefaßt habe, wie der Herr Bürgermeiſter ſie auf⸗ gefaßt hat. Wir haben lediglich die Kreditgewährung auf der Grundlage der Mietbeleihung abgelehnt. (Stadtv. Meyer: Na alſol) — Ja, die Erklärung des Herrn Bürgermeiſters lautet doch aber ganz anders. Er hat geſagt: jede Art der Kreditgewährung. (Zurufe: Jawohl!) — Das iſt ganz etwas anderes. Eine Kreditgewährung wünſcht der Hauswirt, und die kriegt er jetzt; er kann Geld bekommen bei der Darlehnskaſſe, wenn er es haben will. Wir ſind nur dagegen geweſen, daß das in der Form der Mietbeleihung geſchieht. Das iſt der grundſätzliche Widerſpruch zwiſchen unſeren Erklärun⸗ gen. Der Herr Bürgermeiſter hat dieſe Erklärung tatſächlich abgegeben, er hat ausdrücklich geſagt, daß von jeder Form der Kreditgewährung die Rede wäre. Dagegen iſt Widerſpruch erhoben worden. Bürgermeiſter Dr Maier: Meine Herren! Die Erklärung iſt ſo eindeutig abgegeben worden, daß dar⸗ über gar kein Zweifel ſein kann. Von dem Hausbeſitz iſt ausdrücklich geſagt worden: jede Form der Unter⸗ ſtützung, die den Hausbefitz verpflichtet, die Unter⸗ ſtützung ſpäter zurückzuzahlen, lehnt der Hausbeſitz als eine ungeeignete Form der Unterſtützung ab. (Hört! hört!) Von einem Vertreter der Hausbeſitzer iſt ſogar aus⸗ geführt worden, der Grundbefitz ſei doch nicht in der Lage, ſpäter dieſe Beträge zurückzuzahlen; es ſei wirt⸗ ſchaftlich unzweckmäßig, die Form der Kreditgewährung zu wählen, wonn die Ausſicht auf Rückzahlung des be⸗ treffenden Darlehns nicht beſtünde. 2 Ich weiß nicht, ob Herr Panſchow bei dieſen Ver⸗ handlungen bis zuletzt zugegen war (Stadtv. Pan ſchow: Gewiß!) 305 oder ob er nur von Herrn Kommerzienrat Haberland informiert worden iſt. Herr Kommerzienrat Haber⸗ land hat nachher, als ich den Inhalt der Erklärung ihm gegenüber beſonders klargeſtellt hatte, auch noch erklärt, daß er ſich durchaus auf dieſen Standpunkt ſtelle. Urſprünglich verſuchte er, dieſer Feſtſtellung Widerſtand entgegenzubringen. Als ich ihm aber aus⸗ emanderſetzte, daß meine Frage nur die Gewährung von Kredit an den Hausbeſitz, nicht aber einen Kredit für die Mieter betreffe, erklärte er uneinge⸗ ſchränkt: dieſe Form der Kreditgewährung halten wir nicht für eine geeignete Hilfe. Meine Herren, für die heutige Entſcheidung kommt es auf die ſtrittige Frage zwar nicht an. Es iſt aber doch nötig, daß der Magiſtrat die Stellung des Grundbeſitzes in der Vorbeſprechung klarſtellt und dieſe Stellungnahme nicht verſchieben läßt. Wollen die Herren ihre Erklärung korrigieren — dagegen habe ich nichts; dann mögen ſie aber offen ausſprechen, daß das eine Korrektur ihrer bisherigen Auffaſſung iſt. Bei dieſer veränderten Auffaſſung läßt ſich ja ſpäter im Ausſchuß eine weitere Erörterung ermöglichen. Aber ſo lange nicht eine deutliche Erklärung abgegeben wird, daß die Herren ſich anders beſonnen haben, muß 11 . die Feſtſtellung gelten, die ich eben getroffen habe. (Heiterkeit) und aus dieſem Fonds ſollten nachher die Unterſtützun⸗ gen an die Hausbeſitzer gezahlt werden. Weil dieſe Tendenz in der Sitzung ausgeſprochen war, wurde eben zum Schluſſe die Feſtſtellung durch die Grund⸗ beſitzer herbeigeführt, wie ſie der Herr Bürgermeiſter mitgeteilt hat, daß jede Unterſtützung, die als ein Darlehen die Rückzahlungsverpflichtung bedinge, von den Grundbeſitzern abgelehnt würde. — Im übrigen wird das Protokoll ſofort zur Stelle ſein; es kann dann unter Umſtänden verleſen werden. Stadtv. Meyer: Meine Herren! Die Sache liegt doch ſo. Es ſtehen ſich zwei Anſchauungen gegenüber: die eine, daß man eine Kreditorganiſation ſchaffen ſolle, die ſich auf dem Gedanken der Miet⸗ beleihung aufbaut; auf der andern Seite die von Herrn Kommerzienrat Haberland propagierte Idee, daß ohne Pflicht der Rückzahlung dem Haus⸗ beſitze Mittel zum Ausgleiche der Mietausfälle zur Verfügung geſtellt werden ſollen, zu deren Aufbringung neben dem Hausbeſitz und den Hupothekengläubigern der Staat und die Gemeinden beizutragen haben. Unſer Ausſchuß war lediglich mit dem erſten Problembefaßt. In der erſten Leſung in der Stadtverordnetenverſammlung hat es ſich nur um die Frage gehandelt, eine Kreditorgani⸗