Außerordentliche Sitzung vom 4. November 1914 ſtädtiſchen Arbeitsnachweis bezieht. Leider aber liegen ie Verhältniſſe augenblicklich noch ſo, daß, wenn ſich Jer Ratskellerwirt dazu bereit erklärte, wir nicht in der Lage wären, ihm das nötige Perſonal nachzuweiſen, weil ein Arbeitsnachweis für das Gaſtwirtsgewerbe bei unſerem ſtädtiſchen Arbeitsnachweis zurzeit noch nicht beſteht. Es ſind verſchiedentlich Wünſche nach der Richtung an uns herangetreten, und der ſtädtiſche Arbeitsnachweis iſt ſehr gern bereit, ſich eine derartige Abteilung mit Ihrer zu erhoffenden Genehmigung anzugliedern. Bis vor ganz kurzer Zeit, ſo lange die Verhandlungen ſchon hin⸗ und hergehen, haben aber immer die Gaſtwirtsverbände erklärt, daß ſie nicht in der Lage wären, ſich dem hieſigen Arbeitsnachweis an⸗ zuſchließen, weil ſie den Berliner Gaſtwirtsverbänden angegliedert ſeien und in dieſer Frage nicht ſelbſtändig vorgehen könnten; es müßte erſt die Frage in Berlin geregelt ſein. Ganz kurz vor Ausbruch des Krieges iſt dieſe Regelung in Berlin erfolgt, und es iſt dort dem Zentralverein für Arbeitsnachweis eine Abteilung für das Gaſtwirtsgewerbe angegliedert worden. Ich hatte mir vorgenommen, ſofort nach den Ferien die Ver⸗ handlungen mit den Gaſtwirtsgehilfen⸗ und Gaſtwirts⸗ verbänden wieder zu beginnen, um auch unſerem Ar⸗ beitsnachweis eine entſprechende Abteilung anzuglie⸗ dern. Durch den Ausbruch des Krieges iſt das ver⸗ eitelt worden, und ich muß von vornherein darauf aufmerkſam machen, daß ſich dieſe Verhandlungen nicht ganz leicht geſtalten, ſondern ſich wahrſcheinlich längere Zeit hinziehen werden. Solange wir unſerem Arbeits⸗ nachweis ſelbſt keine ſolche Abteilung angegliedert und nicht mit dem Berliner Nachweis ein Uebereinkommen über eine gegenſeitige Aushilfe getroffen haben, wird ſich die Forderung des Herrn Vorredners hier nicht durchführen laſſen, und wir können und wollen auch nicht verlangen, daß eine dem Berliner Zentralverein für Arbeitsnachweis, der ja bislang nicht ſtädtiſch iſt, angegliederte Abteilung für uns als ſtädtiſcher Arbeits⸗ nachweis gilt. Solange wir alſo nicht die eigene Ab⸗ teilung haben, möchte ich Sie bitten, von dem ge⸗ äußerten Wunſche abzuſehen. Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Gebert, er⸗ halten Sie Ihren Antrag aufrecht? (Stadtv. Gebert: Jal) Dann muß ich ihn wohl, ſo ungern ich auch das Wort gebrauche, aber es gibt kein entſprechendes deutſches dafür, als Amendement auffaſſen. (Zurufe: Abänderungsantrag! Zuſatzantrag!) Jedenfalls verſtehen Sie unter dem Fremdwort noch das am beſten, was ich meine. Dann würde ich über Ihren Antrag als Amendement zuerſt abſtimmen laſſen. Die Verſammlung iſt damit einverſtanden. (In der Abſtimmung wird der Zuſatzantrag des Stadtv. Gebert abgelehnt, und die Verſammlung be⸗ ſchließt nach dem Antrage des Ausſchuſſes mit großer Mehrheit, wie folgt: Der Weitewerpachtung des Ratskellers an den Reſtaurateur Otto Heyne auf 3 Jahre — vom 1. April 1915 bis 31. März 1918 wird zu⸗ geſtimmt. Der Pachtzins wird feſtgeſetzt für das Etatsjahr 1915 auf 20 000 ℳ 1916 , 25 000 „ 1047 „ 25 000 „ 311 Im übrigen bleiben die bisherigen Vertrags⸗ bedingungen in Geltung.) Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung: Vorlage betr. Erwerbsloſenfürſorge während des Krieges. Druckſache 238. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Meine Freunde ſtimmen der Vorlage im großen und ganzen durchaus zu; ſie enthält entſchieden vieles, was unſeren Anſchaungen ſehr entſpricht. Ich möchte beſonders hervorheben, daß hier die Form der Familienunterſt ützung im Anſchluß an die Debatte im Provinziallandtag gewährt iſt. Es iſt durchaus erwünſcht, daß nicht der einzelne Ar⸗ beitsloſe in einer Familie einen Antrag auf Ar⸗ beitsloſenunterſtützung aus ſeiner perſönlichen Lage heraus ohne Rückſicht auf die Lage der geſamten Familie ſtellen kann. Dem trägt ja die Vorlage vollkommen Rechnung. Auch mit der Anrech⸗ nung der Gewerkſchaftsunterſt ützun g in halber Höhe und mit den übrigen Sachen, alſo auch mit der Forderung der ſcharfen Kon⸗ trolle durch Beſcheinigung des ſtädti⸗ ſchen Arbeitsnachweiſes, ſind wir durch⸗ aus einverſtanden. Ob es gerade nötig war, in der Trennung der einzelnen Fälle ſo weit zu gehen, wie es die Vor⸗ lage getan hat, daß alſo die Unterſtützung völlig Erwerbsloſer unter à von der Unterſtützung bei teilweiſer Erwerbsloſigkeit unter B unterſchieden wird, iſt mir zweifelhaft, und zwar deshalb, weil in der Praris die Fälle ganz durcheinander gehen, auch die Fälle völliger Arbeitsloſigkeit ſehr ſelten in einer Familie vorkommen, vielmehr ſehr oft ein großer Teil der Familie arbeitslos, der eine oder andere aber nur teilweiſe erwerbslos iſt. Dieſe Fälle würden unter B fallen, und die Beſtimmun⸗ gen unter X bieten nur die Grundlage für die Be⸗ rechnung. Nun lautet der Anfang der Beſtimmungen unter B ſo, daß dadurch eine ſehr ſtarke Ungerechtig⸗ keit hervorgerufen werden würde. Ich bitte Sie, ſich vielleicht auf Seite 364 der Vorlagen unter 2 die beiden erſten Zeilen durchzuleſen. Dort teht: Beträgt der Arbeitsverdienſt eines teilweiſe Erwerbsloſen wöchentlich nicht mehr als die Normalunterſtützung, ſo kann ihm auf ſeinen Antrag ein Zuſchuß zu dem Arbeitsverdienſt derart gewährt werden, daß Arbeitsverdienſt und Zuſchuß zuſammen 150 % der Normal⸗ unterſtützung erreichen Meine Herren, nehmen Sie das Beiſpiel eines Ehepaares. Dieſes hat nach 4 die Berechtigung, 9 % pro Woche zu erhalten, wenn die Kommiſſion ihr das bewilligen will. — Ich will hier bei meiner Berechnung einmal einen Monat zugrunde legen; ob in der Praxis nachher nach Monaten oder Wochen gerechnet wird, kommt auf die einzelne prak⸗ tiſche Durchführung an. — Dieſes Ehepaar würde dann 36 ℳ zu erhalten haben. Außerdem kann ihm eine Mietbeihilfe bis zum Betrage von 20 % gewährt werden, macht zuſammen 56 ℳ. Erwirbt nun jemand in der Familie, ſagen wir mal im Monat 36 ℳ, dann würde ihm nach B noch ein Zuſchuß in der halben Höhe der Normalunter⸗ ſtützung gewährt werden können, alſo die Hälfte von 36 ℳ gleich 18 ℳ, macht zuſammen 54 ℳ,