314 Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Herren! Ich möchte nur die eine Erklärung abgeben: von irgend⸗ einer Tendenz, die Gewerkſchaften auszuſchließen, weil ſie die Gewerkſchaften ſind, kann gar keine Rede ſein. Ich habe ſchon in der vorigen Sitzung darauf hinge⸗ wieſen, daß der Magiſtrat, als er die erſte Vorlage betr. die Arbeitsloſenverſicherung einbrachte, Ihnen ja das Genter Syſtem vorgeſchlagen hat. Die Stadt⸗ verordnetenverſammlung hat damals den Antrag ab⸗ gelehnt. Ich bin aber in der Sitzung,in der der Antrag Ahrens und Genoſſen verhandelt worden iſt, ſo ein⸗ gehend auf die Gründe eingegangen, die ſachlich da⸗ gegen ſprechen, die Gewerkſchaften bei der Unterſtützung der erwerbsloſen Nichtkriegsteilnehmer als Kontroll⸗ organe heranzuziehen, daß es wirklich zwecklos wäre, nun noch einmal die ganze Angelegenheit, die wir in der vorigen oder vorvorigen Sitzung wahrhaftig bis zur vollſtändigen Erſchöpfung behandelt haben, zu er⸗ örtern. (Sehr richtigl) Stadtv. Erdmannsdörffer: Meine Freunde ſtim⸗ men der Vorlage und der Anforderung der Mittel zu. Es iſt zu dieſer Vorlage eine Petition des Verbandes Deutſcher Handlungsgehilfen zu Leipzig, Geſchäfts⸗ ſtelle Berlin, eingegangen, die ſich damit beſchäftigt, auf Grund der eigenartigen Verhältniſſe der Hand⸗ lungsgehilfen Wünſche an den Magiſtrat hinſichtlich der Erwerbsloſenfürſorge zu äußern. Meine Herren, ich will auf die Wünſche ſelbſt im einzelnen nicht eingehen, ſie mir auch nicht ohne weiteres zu eigen machen; ich glaube aber, daß in der Petition des Verbandes Deutſcher Handlungsgehilfen immerhin beachtliche Mo⸗ mente genug enthalten ſind, um dieſe Petition dem Magiſtrat als Material zu überweiſen. Ich möchte einen dahingehenden Antrag ſtellen. Stadtv. Dr Borchardt: Es iſt richtig, meine Herren, daß in der vorigen und vorvorigen Sitzung die Frage des Zuſammengehens reſp. des Nicht⸗ zuſammengehens mit den Gewerkſchaften hier bis zur Erſchöpfung behandelt worden iſt. Aber das ſchließt nicht aus, daß meine Freunde auch bei dieſer Gelegenheit erneut ihrem Bedauern darüber Aus⸗ druck geben, daß ein ſolches Zuſammenarbeiten mit den Gewerkſchaften gerade in der gegenwärtigen Zeit von der Stadt Charlottenburg abgelehnt wird. Wir haben es ja bedauert, daß auch ſeinerzeit die Vorlage des Magiſtrats wegen Schaffung einer Arbeitsloſenverſicherung abgelehnt worden iſt. Aber nachdem dies geſchehen iſt, war es doch immer noch Außerordentliche Sitzung vom 4. November 1914 nicht notwendig, bei der jetzigen Gelegenheit jedes Zuſammenarbeiten mit den Gewerkſchaften abzu⸗ lehnen, wie es die Stadt Charlottenburg leider ge⸗ tan hat. Mehrere andere Kommunen und auch Reichsbehörden haben die jetzige Gelegenheit für paſſend erachtet, mit den Gewerkſchaften zuſammen⸗ zuarbeiten, und meine Freunde erblicken darin ſeitens jener Körperſchaften auch ein Anerkenntnis für die gewerkſchaftliche Tätigkeit überhaupt. Es wäre uns ſehr lieb geweſen, wenn auch die Stadt Charlottenburg, die ſich ja ſonſt auf ihre ſozialen Maßnahmen gern viel zugute tut, ein ſolches Aner⸗ kenntnis ausgeſprochen und ihm dadurch Nachdruck verliehen hätte, daß ſie einen Weg geſucht hätte, um in dieſer Frage mit den Gewerkſchaften zuſammen⸗ zuarbeiten. (Die Verſammlung beſchließt unter Annahme der von dem Stadtv. IDr Stadthagen zu B 1 Zeile 1 und 2 beantragten Aenderung: Erreicht der Arbeitsverdienſt eines teilweiſe Erwerbsloſen wöchentlich nicht das 1 ½fache der Nor(malunterſtützung). nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: 1. Von den abgedruckten Grundſätzen für die Ge⸗ währung von Unterſtützungen an erwerbsloſe Nichtkriegsteilnehmer und deren Familien zu⸗ ſtimmend Kenntnis zu nehmen; 2. Die zur Ausführung der Grundſätze erforder⸗ lichen Mittel werden aus Vorſchüſſen be⸗ willigt. Die Deckung der Vorſchüſſe erfolgt, ſoweit ein Erſtattungsanſpruch gegenüber der Provinz Brandenburg nach den grundlegen⸗ den Provinzialbeſchlüſſen gegeben iſt, aus den Leiſtungen der Provinz; im übrigen bleibt die Beſchlußfaſſung über die endgültige Deckung des reſtlichen Vorſchuſſes einem be⸗ ſonderen Gemeindebeſchluß vorbehalten. und überweiſt entſprechend dem Antrage des Stadtv. Erdmannsdörffer die Petition des Verbandes Deut⸗ ſcher Handlungsgehilfen zu Leipzig, Geſchäftsſtelle Berlin, dem Magiſtrat als Material.) Vorſteher Dr Frentzel: Gegen die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes ſind Einwendungen nicht er⸗ hoben worden; eine nichtöffentliche Sitzung findet deswegen nicht ſtatt. Ebenſo fällt die für nächſten Mittwoch, den 11. d. Mts., angeſetzte ordentliche Stadtverordnetenverſammlung aus. Ich ſchließe die Sitzung. (Schluß 7 Uhr 55 Minuten.) 4