3222 Grundſatz für falſch. Sie werden dasſelbe ſagen zu dem Ausſpruche des Reichstagsabgeordneten Wurm: Man könnte zum Reiche ſagen: gib das Geld, kümmere dich um die Aufbringung der Mittel jetzt nicht, und zu folgender Behauptung: Andererſeits, was auf allen Gebie⸗ ten der Kriegsfürſorge zu beach⸗ ten iſt: es iſt doch eigentlich ſelbſtverſtändlich, daß nicht die Gegenwart, die ſchon durch Geld⸗ und Menſchenopfer ohnehin ſo ſchwer zu leiden hat, mit den Kriegskoſten belaſtet wird, ſon⸗ dern daß dieſe mindeſtens auf eine Generation verteilt werden, daß alſo dieſe Laſten durch Anleihen, die in einigen Jahrzehnten zu amor⸗ tiſieren wären, gedeckt werden. Hier iſt ausdrücklich zum Ausdruck ge⸗ bracht, „was auf allen Gebieten der Kriegsfürſorge zu beachten i ſt.“ Dann hat ein bekannter Berliner Ir Munter, geſagt: 4 Ohne Unterſchied der Partei erkennen wir die gemeinſame Pflicht des ganzen Volkes an, diejenigen Mißſtände ſchnell zu beſeitigen, die gerade durch den Krieg in der Hauptſache be⸗ dingt ſind. Ich kann auch den Herrn Kollegen Hirſch ſelbſt zitieren, der in der Sitzung des Landtages oeſagt hat — allerdings auch wieder in bezug auf die Arbeiter⸗ klaſſe „ „daß ein Senken der Lebenshaltung nicht vorkommen darf.“ Arzt, (Stadtu. Hirſch: I bewahre! Leſen Sie doch richtig!) —Sie ſagten, daß die beabſichtigten Notſtandsarbei⸗ ten nicht ein Sinken der Löhne zur Folge haben dürften. Stadtv. Hir ſch: Notſtandsarbeiten.) — Ja. Was ich erſtrebe, das iſt eben, daß nicht bloß die Arbeiterklaſſe berückſichtigt wird, ſondern daß auch die anderen notleidenden Bürger, zu denen die Grundbeſitzer gehören, ebenſo wie die Ar⸗ beiter berückſichtigt werden. Ich bitte den Herrn Vorſteher, mir noch wei⸗ ter zu geſtatten, einige Sätze aus einer Zeitung vor⸗ zuleſen. Es ſchreibt die „Deutſche Tageszeitung“: Es iſt ſeltſam, daß gerade dieſem einen Stande gegenüber das Rechtsbewußtſein des deutſchen Volkes verſagte. Kam einmal eine harte und vielleicht nicht als gerecht empfun⸗ dene Steuer auf, wen betraf ſie? Sicherlich den Hausbeſitzer. Wie iſt es möglich, daß dieſe Inſtanzen (Zentralinſtanzen) ſo wenig Füh⸗ lung mit den betreffenden Kreiſen, mit den obwaltenden Verhältniſſen haben! Welcher Behörde würde es z. B. einfallen, einen Flei⸗ ſcher, einen Bäcker, einen Apotheker zu zwin⸗ gen, jedem beliebigen Kunden ſeine Waren auf Kredit auszuhändigen. . ſchaftliches Unding, den Satz proklamieren zu wollen: Jedermann kann ruhig wohnen blei⸗ ben, auch wenn er ſeinen Verpflichtungen aus dem Mietvertrage nicht nachkommt. Ja, gibt es denn an den maßgebenden Stellen keine ein⸗ zige Perſönlichkeit, welche einen Einblick in die wirkliche Lage hat, die einſieht, daß dieſe an ſich vom Standpunkt der Humanität aus ſehr Sitzung vom 25. Es iſt ein wirt⸗ November 1911 erwünſchte Vorſchrift nichts weiter bedeutet, els daß man den Hausbeſiter mit Gewalt zu⸗ gunſten ſeiner Mieter ruiniert, daß man ihn zwingt, den Mietern die Wohnungen zu über⸗ laſſen, obwohl gerade unter dieſen Umſtänden, wo es ſich um längere Rückſtände handelt, an ein Rückzahlen auch nicht im entfernteſten zu denken iſt. Soll jemand unterſtützt werden, ſo iſt doch darüber der Staat oder die Gemeinde die zuſtändige Stelle, aber doch nicht der ein⸗ zelne Privatmann, ob er nun Hausbeſitzer oder Fleiſcher iſt. Wie bereits oben geſagt, was würde die Oeffentlichkeit dazu ſagen, wenn man genau denſelben Paragraphen auf die ebenſo wichtig wie die Wohnungsfrage er⸗ ſcheinende Lebensmittelfrage anwenden wollte? — Alles das muß, wie man annehmen ſollte, an maßgebender Stelle bekannt ſein, und trotz⸗ dem wird nirgendwo eine Stimme zur Ab⸗ ſtellung dieſer Ungerechtigkeit laut, handelt es ſich doch nur um den „Paria“ des deutſchen Geſetzes, den Haustyrannen. Andererſeits hat die „Poſt“ mitgeteilt, daß nach ihrer Information die Anregung, ſchwächeren Ge⸗ meinden für Zwecke des in großer Notlage befind⸗ lichen Hausbeſitzes und einer Arbeitsloſenunter⸗ ſtützung in Bar aus ſtaatlichen Mitteln Zuſchüſſe zu zahlen, bei den in Frage kommenden preußiſchen Mi⸗ niſtern eine „ſo entgegenkommende Aufnahme“ ge⸗ funden hat, „daß eine Berückſichtigung aus dem Kriegskredit beſtimmt erhofft werden darf“. Wenn dieſe Mitteilung zutrifft, ſo iſt das zu er⸗ warten, was ich in meinem Antrage zum Ausdruck gebracht habe. Ebenſo iſt mir in einer Notiz aufgefallen, daß das, was wir erſtreben, in Oeſterreich bereits ſeit zehn Wochen beſteht; denn dort hat der Staat die Garantie für die Mieten ſübernommen. Ich hoffe alſo, daß Sie meinem Antrage eine wohlwollende Berückſichtigung zuteil werden laſſen und den Antrag nach Lage der Verhältniſſe für durchaus berechtigt anerkennen werden. Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Byk! Sie haben ſich in Ihren Ausführungen auch mit der Tätigkeit der Unterſtützungskommiſſionen beſchäftigt und haben dabei eine Angabe gemacht, wonach einer Unterſtützungsſucherin, wie ich annehmen muß — und das Stenogramm unterſtützt dieſe meine Annahme ein Rat von einer dieſer Kommiſſion angehörenden Perſönlichkeit gegeben worden iſt, der durchaus gegen Ehrbarkeit und gute Sitte verſtößt. Ich will den Wortlaut hier nicht noch einmal verleſen. Ich kann von meinem Standpunkt aus Ihre Angabe hier nur bedauern. Ich muß aber von Ihrer Loyalität als Stadtverordneter erwarten, daß Sie nunmehr, nicht hier in dem Saal, wohl aber dem Herrn Bürger⸗ meiſter als demjenigen, der die Geſchäftsführung der ſämtlichen Kommiſſionen überwacht, genaue Details, Namen und alles Zugehörige, angeben, damit er in der Lage iſt, volle Aufklärung über dieſen Fall zu verbreiten. (Bravo!) Sollte das nicht geſchehen, ſo müßte ich fürchten und eine Erklärung, die mir von verſchiedenen Kol⸗ legen abgegeben worden iſt, beſtätigt dies —, daß ſich ſämtliche Herren, die an der Spitze der Unter⸗