Sitzung vom 251 Mietausfälle zu entſchädigen, ja, meine Herren, was iſt denn damit anzufangen? Und im übrigen: was Charlottenburg recht iſt, iſt ſelbſtverſtändlich allen anderen Kommunen billig. Oder ſoll nur Charlottenburg für dieſen Zweck bedacht werden? Ich möchte gern wiſſen, ob ſich einer der Herren Antragſteller der Mühe unterzogen hat, ſo ungefähr zu herechnen, was es wohl für das Reich bedeuten würde, wenn dieſer Antrag in die Wirklichkeit über⸗ ſetzt würde. Meine Herren, Sie machen es ſich aber außerordentlich bequem; Sie bringen dieſen durch und durch unſubſtantiierten Antrag und ſagen: die Verſammlung erſucht den Magiſtrat, bei der König⸗ lichen Staatsregierung vorſtellig zu werden. Ja, ich glaube, der Magiſtrat iſt heute wirklich müt Ar⸗ beiten gerade überbürdet genug, als daß wir ihm hier nicht noch Doktorarbeiten übertragen ſollten, wie es tatſächlich der Fall wäre, wenn der Magiſtrat dieſem Antrag erſt die richtige Form und den richti⸗ gen Inhalt geben ſoll. Erfüllt der Magiſtrat einen ſolchen Auftrag und führt ihn aus, indem er Ihren Antrag bearbeitet, „Dann würden Sie, glaube ich, ſelbſt erſchrecken, wenn Sie hören, um welche Summen es ſich handelt; und Sie würden erklären: ſo haben wir den Antrag natürlich nicht gemeint. Meine Herren, ich glaube, nach dieſen Ausfüh⸗ rungen habe ich eigentlich nicht nötig, noch zu ſagen, wie ſich meine Freunde zu dem Antrag ſtellen. (Heiterkeit.) Ich kann Ihnen aber die Verſicherung geben, daß in den Kreiſen meiner Freunde auch nicht die ge⸗ ringſte Differenz in der Beurteilung des Antrages vorhanden iſt, und auch darüber ſind wir einig, daß wir dieſem Antrag nicht die Ehre einer Ausſchuß⸗ beratung erweiſen wollen. Nicht — ich möchte jeder Legendenbildung vorbeugen —, weil wir kein warmes Herz für den Hausbeſitz haben. Meine Herren, laſſen wir doch wirklich in dieſer ſo ernſten, ſo hoch⸗ ernſten und ſo ſchweren Zeit das Ausſpielen der ein⸗ zelnen Intereſſengruppen. Es iſt bisher hier in der Charlottenburger Stadtverordnetenverſammlung in den letzten Monaten friedlich zugegangen, die Anträge ſind einmütig angenommen worden, wir haben uns alle unterſchiedslos in den Dienſt der Allgemeinheit ge⸗ ſtellt. Muß denn jetzt unter allen Umſtänden wieder]? der Intereſſenſtandpunkt hereingeworfen werden? (Sehr richtig!) Muß denn jetzt wieder der einen oder der anderen Gruppe durch Anträge gezeigt werden, daß dieſer oder jener ganz beſonders für ihr Wohlergehen ſorgt? Durch Anträge, die doch nichts weiter ſind als all⸗ gemeine Sympathie⸗Erklärungen Anträge, die nur allgemeine Wünſche enthalten! Wir haben vor⸗ hin ſchon einen Vorgeſchmack davon bekommen, aber es war tatſächlich nur ein Vorgeſchmack für den An⸗ trag, der uns jetzt hier vorgeſetzt wird. Und wenn die Meinung richtig iſt, daß dieſer Antrag noch eine Fortſetzung bekommt, dann, meine Herren, haben wir allen Grund, uns gegen derartige Anträge ener⸗ giſch zu wehren! Wundern Sie ſich nicht: wie Sie in den Wald hineinrufen, ſchallt es heraus. Es iſt ganz natürlich, daß wir uns mit aller Entſchieden⸗ heit dagegen wenden, daß wir grundſätzlich gegen eine derartige unſachgemäße und unſubſtantiierte An⸗ ſonſt bei ſich zu beherbergen, dafür, daß tragſtellung, wie ſie hier in dieſem Antrage liegt, November 1914 327 Stellung nehmen. Wir werden gegen den Antrag ſtimmen. (Lebhafter Beifall.) Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren! Wenn der Herr Vorredner in ſeinen ſehr ſtarken und, ich möchte beinahe ſagen, heftigen Ausführungen gemeint hat, daß der Antrag, den wir hier geſtellt haben, nicht genügend durchdacht iſt, ſo iſt das eben eine Kritik, deren Berechtigung ich dem Urteil eines jeden einzel⸗ nen überlaſſe. Ich möchte aber hier die Tatſache an⸗ führen, daß der Herr Vorredner den Antrag jeden⸗ falls nicht richtig verſtanden hat, und wenn er ihn richtig verſtanden hat, dann hat er ihn nicht richtig wiedergegeben, und das wäre noch ſchlimmer. Meine Herren, in dem Antrag ſteht abſolut nicht, wie der Herr Vorredner eben ausführte, daß wir verlangen, daß der Stadt Charlottenburg ein vollgültiger Erſatz für alle Aufwendungem gegeben wird, die infolge der Kriegswirren gemacht werden. Es ſteht ferner nicht in dem Antrag, daß für alle ſozialen Opfer, die die Stadt Char⸗ lottenburg gebracht hat, Erſatz geleiſtet werden ſoll. Vielmehr haben wir in dem Antrag nur verlangt, daß der Stadt Charlottenburg und, wie wir meinen, allen Städten, die für Linderung der Kriegsnot beſonders große Opfer bringen, eine ausreichende Staatsbeihilfe gewährt wird. Wir haben aber dann hinzugefügt, daß insbeſondere eine Staats⸗ boihilfe für diejenigen notwendigen Auſwendungen ge⸗ geben wird, die dazu dienen, einen ſo wichtigen Be⸗ ſtandteil unſerer ſtädtiſchen Bevölkerung wie die Hausbeſitzer, einen Stand, der mit das Rückgrat unſe⸗ rer Steuerkraft bildet, vor dem endgültigen Verfall zu ſchützen. Das iſt dieſe furchtbare, dieſe undurch⸗ dachte Forderung, die wir aufgeſtellt haben, eine For⸗ derung, die meiner Anſicht nach den Herrn Kollegen Dr. Crüger nur deshalb zu einer derartig heftigen und angreifenden Antwort gebracht hat, weil er fürchtet, daß wir in politiſcher Beziehung vielleicht auf den Stand, den er ſo ſchlecht behandelt, etwas Emnſluß ge⸗ winnen könnten. (Heiterkeit.) Wir vertreten — und wir ſchämen uns deſſen nicht, wir befinden uns da in guter Geſellſchaft — den Standpunkt, daß dafür, daß den Hausbeſitzern das Opfer aufgebürdet wird, nichtwwermögende Mieter um⸗ Ddas ganze anormale Verhältnis eingeführt iſt, Leiſtungen ge⸗ währen zu müſſen, ohne die zugeſagte Gegenleiſtung verlangen zu können, auch eine Ausnahmeſtellung in bezug auf die Unterſtützung notleidender Hausbeſitzer notwendig geworden iſt. Wir glauben, daß dieſe Un⸗ terſtützung nicht von einer einzelnen Kommune ge⸗ leiſtet, ſondern durch die ſtarken Schultern der Geſamt⸗ heit getragen werden ſollte. Wie dann die Geſamt⸗ heit die Koſten dafür aufbringt, ob durch neue Steuern oder auf andere Weiſe, wie etwa aus der Kriegsent⸗ ſchädigung, iſt eine Frage, die ſpäter zu überlegen iſt. Meine Herren, ich will nicht weiter auf die all⸗ gemeine Frage eingehen, auch nicht denſelben, eben gehörten maßloſen Ton anſchlagen, weil wir uns vor⸗ genommen haben, in politiſcher Beziehung den Burg⸗ frieden zu wahren. Ich ſehe aber nicht den geringſten Anlaß, in einer derartig rein ſachlichen Frage wie der Ausnahmeſtellung der Hausbeſitzer, bei der man an⸗