328 derer Meinung ſein kann als wir, ſo heftig gegen An⸗ dersdenkende vorzugehen. Aber ich muß doch zuletzt bei aller Rückſicht für Wahrung des Burgfriedens mich noch gegen den Stadtv. Hirſch wenden. Ich will nicht in denſelben Ton verfallen, in den er verfallen iſt; aber ich muß doch namens meiner Freunde und im eigenen Namen zunächſt Proteſt gegen den Anwurf erheben, daß wir deshalb, weil wir verſuchen, einen einzelnen Stand — wie hier den Stand der Hausbeſitzer — zu fördern und zu ſchützen, der nationalen Geſinnung entbehren. Ich verſtehe nicht, wie dieſer Vorwurf gerade von einem hervorragenden Mitgliede derjenigen Fraktion erhoben werden kann, die ſich nicht genug tun kann in der Forderung, daß eine beſtimmte Klaſſe von Mitbürgern, nämlich diejenige, die ihnen nahe ſtcht, aus allgemeinen Mitteln recht kräftig unterſtützt wird. Wir müſſen uns dagegen verwahren, daß uns, wenn wir eine Unterſtützung für eine andere Klaſſe fordern, dann die nationale Geſinnung abgeſprochen wird. Das iſt ebenſo wenig billig, wie wenn man bei den Freun⸗ den des Herrn Kollegen Hirſch aus ſolchen Gründen irgendwie die nationale Geſinnung in Frage ziehen würde. Meine Herren, wir werden für jeden ge⸗ ſchwächten Stand, für jede Unterſtützung an diejenigen, die ſolche zu ihrer Erhaltung notwendig haben, unentwegt eintreten und eben deswegen für die Unterſtützung des Hausbeſitzes, wenn auch unſere Motive derartig ungerecht in Frage geſtellt werden, wie das leider hier geſchehen iſt. (Bravo! bei der Vereinigten alten Fraktion.) Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Der Magiſtrat hat Ihnen ja bei der Vorlage betr. die Mietdarlehnskaſſe ſeine Anſicht darüber mitgeteilt, welche Wege bei der Unterſtützung des Hausbeſitzes zu gehen ſind. An dieſem Standpunkt kann der An⸗ trag, der uns heute hier unterbreitet iſt, in keiner Weiſe etwas ändern, auch nicht dann, wenn er etwa darauf hinausläuft, aus anderer Leute Taſchen, nämlich aus den Taſchen des Staates, die Leiſtun⸗ gen aufzuwenden, die wir aus der Taſche der Kom⸗ munen nicht unmittelbar aufwenden wollen. Ich möchte ausdrücklich feſtſtellen, daß im Magiſtrat die Frage der direkten Unterſtützung des Hausbeſitzes ein für allemal durch ſeine Beſchlußfaſſung erledigt und inſofern bereits zu dem Antrag Stellung genommen iſt. Der Antrag hat aber noch einen weiteren In⸗ halt, nämlich ſchon heute zu fordern, daß auch die ſonſtigen Auslagen, die im Intereſſe des Krieges von der Kommune gemacht ſind, vom Staate erſetzt wer⸗ den. Ich glaube, Herr Stadtv. Dr Liepmann, daß ſich die Erregung des Herrn Stadtv. Dr Crüger, wenn ſie begründet war, in erſter Linie darauf bezog, daß wir bereits in dem gegenwärtigen Zeitpunkte, wo Reich und Staat mit den Nöten des Krieges ſo viel zu tun haben, dieſen Körperſchaften mit Wünſchen und Forderungen kommen, deren Erfüllung im gegenwärtigen Augenblick für ſie mit außerordent⸗ lichen Schwierigkeiten verbunden ſein muß. Sehr richtig! — Stadw. Dr Liepmann: Es ſteht ja nicht da, jetzt vorſtellig zu werden!) Meine Herren, ich will darauf noch weiter eingehen. Welchen Standpunkt die Reichsregierung in bezug Sitzung vom 25. November 1914 auf die Erſtattung von Auslagen für Kriegsmaß⸗ nahmen der Kommunen einnimmt, iſt durch die Ge⸗ ſetzgebung klargelegt. Das Geſetz vom Jahre 1888 legt den Kommunen die Pflicht auf, als Lieferungs⸗ verbände für das Reich einzutreten, und zwar ſelbſt für diejenigen Sätze, die an ſich das Reich den Kommunen von vornherein zu erſtatten bereit iſt. Daraus erſehen Sie ſchon, daß das Reich während der Zeit des Krieges nicht bereit ſein kann, ganz all⸗ gemein die geſamten Auslagen auf ſich zu nehmen. Es iſt auch ganz naturgemäß, daß erſt nach be⸗ endetem Kriege, nachdem alle Verhältniſſe klargeſtellt ſind, durch ein beſonderes Reichsgeſetz feſtgeſtellt wer⸗ den kann, welche Aufwendungen zu erſtatten ſind. (Sehr richtig!) Nur inſoweit, als eine aktuelle Not beſteht, als ein einzelner Lieferungsverband nicht imſtande ſein möchte, die Verpflichtungen, die ihm das Reich auf⸗ erlegt, zu erfüllen, muß die Reichsgeſetzgebung inter⸗ venieren, und Sie ſehen ja, wie in dieſem Sinne ganz konſequent die Reichsregierung dem Reichstag die vorhin erwähnten Vorlagen unterbreitet. Ich möchte auch gegenüber den immer wieder⸗ holten Ausführungen, daß die Geſetzgebung des Reiches den Hausbeſitzern gewiſſe Verpflichtungen auferlegt hat, die dem Hausbeſitz eine Ausnahmeſtellung ein⸗ räumen, und ihm daher einen unmittelbaren An⸗ ſpruch auf direkte Unterſtützung durch Zahlung der Mietrückſtände ſeitens öffentlicher Körperſchaften geben, bemerken, daß ich nicht weiß, ob die Unmög⸗ lichkeit der Ausübung des Erxmiſſionsrechts, die ein Privilegium für die Mieter darſtellt, gegenüber den Hausbeſitzern ein privilegium odiosum wird und nicht vielmehr auch für ſie ein wirkliches Privilegium iſt. Ich bitte zu erwägen, welcher Erfolg eintreten würde, wenn das Reich zugeſtände, gegen jeden Mieter auf dem Wege der Erxmiſſion vorzugehen. Würde der Erfolg, wenn von dieſem Recht Gebrauch gemacht würde, für den Grundbeſitz wirklich günſtig ſein? Würde nicht vielmehr, da naturgemäß dem Angebot von Wohnungen zu den bisherigen Preiſen keine entſprechende Nachfrage gegenüber⸗ ſtände, eine Entwertung des Grundbeſitzes eintreten? Hierüber kann nicht wohl ein Zweifel ſein. Setzt man den einen und den anderen Mieter heraus, ſo ergibt ſich von ſelbſt, daß der betreffende Hausbeſitzer ſeine Wohnungen leer ſtehen hat oder ſie wenigſtens nicht zu den bisherinen Preiſen vermieten kann. In dem Augenblick, wo der Eigentümer die Wohnung räumen läßt, iſt auch die Ausſicht, künftig von dem Mieter den Mietrückſtand zu erhalten, völlig ge⸗ ſchwunden. (Stadtw. Pan ſchow: Dann braucht er auch keine Gas⸗ und Waſſergelder zu bezahlen!) — Das ſind verhältnismäßig ſehr geringe Aus⸗ gaben, die ihn belaſten. — Die für die Mieter ge⸗ troffene reichsgeſetzliche Fürſorge iſt alſo wohl auch für den Hausbeſitz, wie ich annehmen möchte, im Hinblick auf die durch den Krieg geſchaffenen tat⸗ ſächlichen Verhältniſſe erträglich. Soweit aber Härten vorkommen, haben wir in Erkenntnis derſelben und in Würdigung der Intereſſen des Hausbeſitzes darauf hat Herr Hirſch mit Recht hingewieſen in Charlottenburg alles getan, was man billigerweiſe verlangen kann, indem wir die Mietzuſchüſſe in