Außerordentliche Sitzung vom 3. Mürz 1915 dem Magiſtrat die Gewährung eines Zuſchuſſes für die Säuglingsklinik für das Rechnungs⸗ jahr 1915 zu empfehlen.) Vorſteher Dr Frentzel: Wir kommen nunmehr zu Punkt 5: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Gründung einer Mietdarlehnskaſſe. Druckſachen 228 von 1914 und 40 von 1915. Berichterſtatter Stadtv. Meyer: Meine Herren! Daß ich auch in dieſer Sache einen einſtimmigen Beſchluß des Ausſchuſſes zu vertreten habe, iſt überraſchender, als es bei dem vorangegangenen Gegenſtande geweſen iſt. Sie werden ſich erinnern, daß die Vorlage des Magiſtrats, als ſie das erſtemal zur Verhandlung in der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung gelangte, recht erhebliche Bedenken auslöſte und daß ſich nachher eine ſtarke Bewegung gegen das Syſtem dieſer Vorlage geltend machte, daß nament⸗ lich die Kreiſe des organiſierten Charlottenburger Hausbeſitzes dieſen Weg, ihnen zu helfen, überhaupt verwarfen und auch eine Verbeſſerung von Einzel⸗ heiten nicht für erſprießlich erachteten. Unſer Aus⸗ ſchuß hatte ſich dann gerade mit Rückſicht auf die Haltung der Hausbeſtter ſchließlich vertagt, um ab⸗ zuwarten, ob vielleicht ſpäter infolge eines Um⸗ ſchwunges der Verhältniſſe Anlaß wäre, auf die Sache zurückzukommen. Unter dieſen Umſtänden iſt es in der Tat eigenartig, daß wir jetzt zu einer ein⸗ ſtimmigen Annahme der Magiſtratsvorlage ge⸗ kommen ſind, ohne daß weſentliche Aenderungen, die das Syſtem der Vorlage betreffen, an ihr vorge⸗ nommen worden ſind. Sie werden aus der Vorlage für die heutige Sitzung erſehen haben, daß im Ausſchuß der Verſuch gemacht worden iſt, eine Beſchlußfaſſung in der Richtung, wie ſie von den Charlottenburger Haus⸗ beſitzern angeregt worden iſt, herbeizuführen durch den Antrag des Herrn Kollegen Jolenberg: Die ſtädtiſche Darlehnskaſſe gewährt den Eigentümern von Charlottenburger Haus⸗ grundſtücken zum Ausgleich von infolge des Krieges entſtandenen Mietrückſtänden und Ausfällen Darlehen zwecks Deckung der auf dem Grundſtücke ruhenden Laſten bis zur Höhe von 5% und innerhalb 85% des Wertes des Grundſtücks gegen hypothekariſche Ein⸗ tragung. Ich kann mir verſagen, zu dieſem Antrage Stellung zu nehmen. Denn nachdem er eingereicht worden iſt, hat ſich auf Wunſch des Ausſchuſſes der Magiſtrat damit beſchäftigt und iſt einſtimmig zu dem Be⸗ ſchluſſe gekommen, daß er ihm aus grundſätzlichen Bedenken keine Folge geben könne, weil der Magiſtrat es nicht für die Aufgabe der Stadt hält, Vermögens⸗ werte, die überhaupt nicht eriſtieren, zu beleihen, dafür Geld der Steuerzahler auch nur darlehnsweife aufzuwenden. Ich laſſe es dahingeſtellt, ob der An⸗ trag ein geeigneter Weg war oder nicht. Wir müſſen davon ausgehen, daß Gemeindebeſchlüſſe der Stadt nun einmal nur dadurch zuſtande kommen können, daß Magiſtrat und Stadtverordnetenverſammlung übereinſtimmen. Angeſichts der eben gekennzeichneten Haltung des Magiſtrats erſchien eine derartige 2⁵ Uebereinſtimmung völlig ausſichtslos, eine Tatſache, die Herrn Kollegen Jolenberg bewogen hat, ſeinen Antrag zurückzuziehen. K K, Wir haben uns dann im Ausſchuſſe die Frage vorgelegt, ob es nun erwünſcht ſei, nochmals auf die Magiſtratsvorlage zurückzukommen. Hierbei iſt uns von denjenigen Mitgliedern des Ausſchuſſes — und zwar von Mitgliedern der verſchiedenſten Fraktionen —, die eine größere Fühlung mit den Kreiſen des Char⸗ lottenburger Hausbeſitzes, auch mit den Kreiſen des organiſierten Charlottenburger Hausbeſitzes haben, erklärt worden, daß ſich doch in Hausbeſitzerkreiſen inſofern eine Aenderung der Stimmung vollzogen habe, als man es bedauern würde, wenn aus den Beratungen des Ausſchuſſes überhaupt kein Er⸗ gebnis herauskäme, als man es doch für erwünſcht erachtete, daß ſo viel geſchaffen werde, wie ſich nach Lage der Verhältniſſe ſchaffen ließ. Mit Rückſicht hierauf ſind wir in eine nochmalige Beratung der Magiſtratsvorlage eingetreten, bei der drei Geſichts⸗ punkte zu berückſichtigen waren: der eine, daß wir natürlich die Sache ſo wertvoll wie möglich für den praktiſchen Gebrauch machen wollten, der zweite, daß wir die Sicherheit der Stadt, die Sicherheit ſtädti⸗ ſcher Gelder nicht gefährden dürfen, und der dritte, daß wir von der Reichsbank den erforderlichen Wechſeldiskontkredit erhalten müſſen, ohne den die Einrichtung keine Zukunft hätte und deſſen Ge⸗ währung an ganz beſtimmte Bedingungen geknüpft worden iſt. Unter dieſen Geſichtspunkten haben wir uns dem umſtrittenſten Teile der Vorlage zugewendet, nämlich der Frage, wie die Sicherung des von der Aktiengeſellſchaft, welche die Trägerin der Ein⸗ richtung ſein ſoll, zu bewilligenden Darlehens herge⸗ ſtellt werden muß. Die Magiſtratsvorlage ſieht hier⸗ für vor: die wechſelmäßige Verpflichtung des Haus⸗ beſitzers, die Abtretung der beliehenen Mietzins⸗ forderung und gegebenenfalls Wechſelakzept des Mieters und die Abtretung der zur Befriedigung gelangenden dringlichen Anſprüche des Hypotheken⸗ gläubigers. Daß die wechſelmäßige Verpflichtung des Hausbeſitzers unabweisbar iſt, darüber beſtand kein Zweifel. Dagegen führte ſchon die Forderung der Abtretung der beliehenen Mietzinsforderung durch ein Wechſelakzept des Mieters zu großen Be⸗ denken. Wir haben uns nach längerer Erörterung dahin verſtändigt, daß es nicht immer möglich, auch nicht immer nötig ſein wird, ein ſolches Wechſel⸗ akzept herbeizuführen. Es gibt Mieter, die für die ganze Bedeutung des Wechſels kein Verſtändnis haben, die auch vielleicht gerechtfertigte Bedenken haben werden, einen Wechſel auszuſtellen, und dieſem Moment wird zweckmäßig Rechnung zu tragen ſein. Auf der anderen Seite liegt aber kein Grund vor, ganz allgemein auf dieſes Wechſelakzept zu ver⸗ zichten. Für viele Mieter wird das Wechſelakzept ein nützlicher Hinweis darauf ſein, daß ſie nicht von dieſer Mietſchuld frei werden, daß nicht etwa die Aktiengeſellſchaft dieſe Mietſchuld übernimmt, ſon⸗ dern daß nur eine Stundung eintritt, die Forderung aber zu gegebener Zeit, in ſehr ſtrenger Form ſogar, wiederum geltend gemacht werden wird. Das wird auch zugunſten des Hausbeſitzers ſein, zumal es ſehr wohl möglich iſt, daß der Mieter es in vielen Fällen vorziehen wird, ſtatt ſein Wechſelakzept zu geben, Zahlung zu leiſten oder ſich auf Abſchlagszahlungen zu einigen. Das wird namentlich der Fall ſein, wenn es ſich um Kaufleute handelt.