30 ſagen darf, höchſt erfolgreiche Tätigkeit, die er gerade in dieſen letzten Kriegsmonaten geleiſtet hat. Es ſind an Ihr Reſſort, Herr Kämmerer, in dieſen letzten Mo⸗ naten Anforderungen von beſonderer und unerwarte⸗ ter Größe geſtellt worden, ſte ſind nicht nur geſtellt, ſie ſind auch mühelos befriedigt worden. Wir ſind es von Ihnen gewohnt, daß Sie die Mittel, die durch Gemeindebeſchluß dem Finanzweſen zuſtanden, ſtets dann flüſſig und bereit hatten, wenn ſie gebraucht wurden. Daß aber unſere Kaſſen das leiſten konn⸗ ten, was ſie in dieſen Wochen und Monaten geleiſtet haben, das iſt ein Zeichen von ganz beſonderer, weit ausſchauender Vorſicht und Umſicht. Sie haben da⸗ durch bewirkt, daß die Beunruhigung, die ſich zu Be⸗ ginn des Krieges auch in unſerer Charlottenburger Bürgerſchaft geltend machte, ſich in wenigen Tagen gelegt hat, und Sie haben es uns dadurch ermöglicht, weitgehende Unterſtützungsorganiſationen einzuleiten und durchzuführen, ohne uns über das Vorhanden⸗ ſein der Mittel beſondere Sorge machen zu müſſen. Dafür möchte ich Ihnen hier den Dank ausſprechen. (Allſeitiges Bravo.) Wenn ich nun nach dieſer kleinen Abſchweifung, die mir der Herr Vorſteher gütigſt geſtattet hat, zu dem Etat übergehe, ſo haben Sie ja aus den Aus⸗ führungen des Herrn Kämmerers gehört — und Sie erſehen das aus der Magiſtratsvorlage —, daß dieſer Etat in keiner Weiſe mit irgendeinem der Haushalts⸗ pläne verglichen werden kann, die uns der Magiſtrat im Laufe der letzten 10 Jahre vorgelegt hat. Damit ent⸗ fällt auch für uns die Möglichkeit, ihn ſo zu kritiſieren und zu analyſieren, wie wir das bisher gewohnt waren. Wir müſſen den Etat ſo, wie er iſt, hin⸗ nehmen als ein Ding, geboren aus der beſonderen Zeit und entſtanden aus ihrer Not. Im allgemeinen ſchneidet ja weder die Wirtſchaft des einzelnen noch die Wirtſchaft der großen Unternehmungen, insbe⸗ ſondere nicht die der großen Kommunalvereinigungen, alſo auch der wirtſchaftlichen Gemeinſamkeiten, wie unſere Kommune eine iſt, mit irgendeinem beſtimm⸗ ten, gegebenen Augenblicke ab, ſondern ganz von ſelbſt und ohne, daß man es merkt, fluten die Er⸗ eigniſſe der einen Periode, ohne ſich an die Jahres⸗ grenze zu kehren, hinüber in die andere. Deshalb iſt auch kein Etat, der uns vorgelegt wird, verſtänd⸗ lich und prüfbar, wenn wir nicht die vorangegange⸗ nen Voranſchläge kennen. Das, was wir heute ein⸗ ſetzen, hat ſeine Wirkungen noch auf lange Jahre hinaus. So kommt es, daß jeder Etat nichts anderes iſt als das Kind der vorangegangenen und der Vater der folgenden. Anders iſt es in dieſem Falle. Wir haben es erlebt, daß ſich in den erſten Tagen des Auguſt, bei Kriegsausbruch, ſcheinbar zwei Wirtſchaftsperioden ganz plötzlich und in vollſter Schärfe voneinander ſcheiden wollten, daß es ſo ausſah, als ob von den wirtſchaftlichen Vorgängen zur Gegenwart, von der ſie doch nur Tage trennten, keine Brücke hinüber⸗ führte. Das ſchien ſo; aber es ſchien glücklicher⸗ weiſe nur kurze Zeit ſo. Bald legten ſich die Wogen der Erregung, und das Vertrauen zu dem Weiter⸗ beſtehen der alten wirtſchaftlichen Beziehungen und zu ihrer Kraft kehrte wieder. So kam es auch, daß Handel und Wandel ſcheinbar ſehr bald in die alten Bahnen einlenkten. Auch das war nur ſcheinbar ſo; denn unter der ruhigen Oberfläche vollzogen ſich die größten Umwälzungen auf wirtſchaftlichem Gebiete, Außerordentliche Sitzung vom 3. März 1915 die größten Veränderungen in bezug auf die Art der Güter, die hergeſtellt wurden, in bezug auf die Art, wie ſie in Verkehr gebracht und auch endlich in bezug auf die Art, wie ſie verwandt wurden alles herbei⸗ 19 7 durch die einzig daſtehenden Umſtände, in die ſwir plötzlich durch den Krieg verſetzt waren! Aber daß ſich dieſe Veränderung ſo ſcheinbar mühe⸗ los und ohne kriſenhafte Sprünge in unſerm Vater⸗ lande vollziehen konnte, iſt nichts anderes als das Zeichen der ungeheueren Kraft, der Elaſtizität, die unſer Wirtſchaftsleben in den vorangegangenen Frie⸗ densjahren angeſammelt hat. (Sehr richtig!) Ich glaube, man wird ſich keiner Ueberhebung ſchuldig machen, wenn man ausſpricht, daß kein Volk der Welt unter gleichartig ſchwierigen Umſtänden eine derartige Leiſtung hätte zuſtande bringen können, wie wir es in den letzten Monaten erlebt haben. (Sehr richtig! und Bravo!) Daher kommt es auch, daß jetzt unſer Wirt⸗ ſchaftsbild ungefähr wieder ſo ausſieht, wie es vor⸗ dem war, daß uns ein Etat vorgelegt worden iſt, der, ſehr verſchieden von denen früherer Jahre, nicht vergleichbar mit ihnen, doch im weſentlichen auf den⸗ ſelben Grundſätzen und Zahlen aufgebaut iſt wie die früheren. Wenn ich verſuchen will, dieſen Etat ge⸗ wiſſermaßen mit einem Begriffe zu charakteriſteren und darzuſtellen, ſo erſcheint er mir als der Ausdruck einer eingeengten Wirtſchaft. Sie haben bereits vom Herrn Kämmerer gehört, daß uns das Einkommen⸗ ſteuerſoll zurückführt bis auf das Jahr 1911. Dieſe eingeengte Wirtſchaft findet eben ihr Analogon nur in früheren Jahren. So deckt ſich — das iſt ein merk⸗ würdiges Zuſammentreffen — eine Zahl, die für uns außerördentlich wichtig iſt, nämlich die Zahl des an⸗ genommenen Gaskonſums, zufällig auch mit der Zahl des Jahres 1911, und eine ganze Reihe von Einnahmepoſten werden ihr Gegenbild in jener vier Jahre jetzt hinter uns liegenden Wirtſchaftsperiode finden. Freilich iſt es nicht möglich geweſen, die Ein⸗ ſchränkungen auf dem Gebiete der Ausgaben ſo weit zu treiben und das ſtädtiſche Weſen, wenn ich ſo ſagen darf, auch in ſeinen Ausgaben und Leiſtungen ſo weit zurückzuſchrauben. Hier finden wir, wenn wir nach einem Vergleich ſuchen, das Gegenbild etwa im Jahre 1913. Dieſe Differenz erklärt auch die Zahl, von der ja der Herr Kämmerer heute ſchon ausführlich geſprochen hat und die im weſentlichen den ganzen Etat charakteriſiert, nämlich den Zuſchlag von 140 %. Ich ſtehe nicht an, hier auszuſprechen, daß ich die Erhöhung um 30 %, recht hoch finde. Ich weiß ganz genau, daß die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung und insbeſondere die Mitglieder des Etataus⸗ ſchuſſes die Pflicht haben, ſehr eingehend zu prüfen, und daß ſie ſich der Verantwortung, die ſie durch eventuelle Annahme dieſer Zahl auf ſich nehmen, wohl bewußt ſein werden. Aber ich weiß auch, daß wir ebenſo gut die Pflicht und die Verantwortung haben, unſerer Stadt und unſerm ſtädtiſchen Finanz⸗ weſen diejenigen Mittel und Geldquellen zur Ver⸗ fügung zu ſtellen, die notwendig ſind, um dieſes Weſen durch die ſchwere noch vor uns liegende Zeir hindurchzubringen, ohne es in ſeinen Grundfeſten zu erſchüttern. Kommen wir nach reiflicher Prüfung zu