42 ziehung des Oberpräſidenten gepflogen worden find, nicht möglich ſein, ohne weiteres auf die Einrichtung des Arbeitsamtes zu drängen; aber es wird doch jedenfalls für den Fortgang der Verhandlungen weſentlich ſein, wenn die Stadtverordneten von Char⸗ lottenburg — und ich denke, der Magiſtrat wird ſich dem anſchließen — den Wunſch ausſprechen, dieſe Verhandlungen nicht einen Augenblick länger ruhen zu laſſen, als es unbedingt notwendig iſt. Denn das Argument, daß man in anormalen Zeiten ſolche Ver⸗ handlungen nicht fortführen könne, kann ich nicht gelten laſſen. Ich glaube, wenn die Zeiten ſich ſo zugeſpitzt haben und die Aufgaben ſo angewachſen find, wie es hier der Fall iſt, daß man gerade dann alles wird tun müſſen, um die Bewältigung dieſer Aufgabe vorzubereiten. Die Aufgabe wird ja außerordentlich ſchwierig ſein, da es ſich um eine große Reihe von Arbeits⸗ nachweiſen handeln wird, die nicht nur von den Ge⸗ meinden, ſondern auch von Verbänden und dergleichen unterhalten werden, und es wird wohl gerade die Aufgabe in der gegenwärtigen Zeit ſein, dieſe Ver⸗ bände dazu zu beſtimmen, daß ſie ſich einem ſolchen gemeinſchaftlichen Vorgehen anſchließen. Man wird dieſen Verbänden von Arbeitgebern und Arbeit⸗ nehmern vor Augen zu führen haben, daß es gegen⸗ wärtig nicht die Aufgabe ſein kann, den Arbeits⸗ nachweis als ein Mittel des ſozialpolitiſchen Macht⸗ kampfes zu betrachten, ſondern daß ſeine Aufgabe jetzt nur darin beſtehen kann, den Andrang zum Arbeitsmarkt aufs beſte auszugleichen. Bei einer ſolchen Regelung voranzugehen, iſt meiner Auffaſſung nach die Aufgabe gerade der pari⸗ tätiſchen und gemeinnützigen Arbeitsnachweiſe, und deswegen glaube ich, daß der Arbeitsnachweis der Stadt Charlottenburg durchaus im Sinne ſeines jederzeit betätigten Programms handelt, wenn er auch jetzt bei dieſer Aktion wiederum vorangeht. Stadtv. Hirſch: Der Herr Vertreter des Ma⸗ giſtrats hat ſich in dem erſten Teil ſeiner Ausführun⸗ gen zuſtimmend zu dem Antrage geäußert, ſo daß ich der Meinung war, er würde zu dem Schluß kommen, daß auch der Magiſtrat dem Antrage im Falle ſeiner Annahme Folge geben würde. Der zweite Teil ſeiner Ausführungen lief aber auf eine glatte Abſage hinaus. Es war das alte Lied, das wir bei jeder Gelegenheit hören: in Charlottenburg und Groß⸗Berlin iſt alles aufs Beſte beſtellt, einer Aenderung bedarf es nicht. Herr Stadtrat Dr Spiegel wird es mir nicht übelnehmen, wenn ich darauf hin⸗ weiſe, daß es Leute gibt, die anderer Meinung ſind als er, nälalich diejenigen, die praktiſch mit der Ver⸗ mittlung von Arbeit zu tun haben. Sowohl große Arbeitgeberorganiſationen wie auch ſämtliche ge⸗ werkſchaftlichen Verbände ſtehen auf dem Stand⸗ punkt, daß ſich die Reichszentrale durchaus nicht ſo glänzend bewährt hat. In der Petition, die ich vor⸗ hin erwähnt habe, wird darüber geſagt: Die Reichszentrale konnte nur ſo lange von wirklichem Nutzen ſein, als es ſich um die Ver⸗ mittlung von Ernte⸗ und Schanzarbeitern handelte. Bei den Vermittlungen für Not⸗ ſtandsarbeiten und bei dem Bedarf an Arbeits⸗ kräften für Kriegslieferungen, bei denen es ſich wieder um beruflich vorgebildete Arbeitskräfte handelte, trat auch ſie völlig in den Hinter⸗ grund, und ein regelloſes Hin⸗ und Herfluten von Arbeitern aller Berufe, eine wilde Jagd nach Stellen und Arbeitskräften ſetzte zum Schaden des Gemeinwohls ein. Außerordentliche Sitzung vom 17. März 1915 Das iſt die Meinung der gewerkſchaftlich organi⸗ ſierten Arbeiter. Ganz ähnlich ſprechen ſich auch ſehr viele Unternehmer aus. Man kann alſo nicht ſagen, daß die Arbeitsvermittlung während des Krieges gut funktioniert hat; daß ſie vor dem Kriege nicht funktioniert hat, hat Herr Stadtrat Dr Spiegel ja ſelbſt indirekt zugegeben. Denn wenn ſie funktioniert hätte, wäre es gar nicht nötig geweſen, daß die Groß⸗ Berliner Gemeinden in Verhandlungen über die Schaffung eines Zweckverbandes eingetreten wären. Alſo die Tatſache ſteht feſt, daß auf dem Gebiete der Regelung des Arbeitsnachweisweſens noch ſehr viel zu tun übrig bleibt. Das hat auch der Herr Vorredner in dankenswerter Weiſe anerkannt. Es fragt ſich jetzt nur, ob wir im gegenwärtigen Augen⸗ blick mit dieſer Arbeit einſetzen ſollen oder nicht. Da glaube ich, daß tror aller Bedenken des Herrn Stadt⸗ rats Dr Spiegel gerade die jetzige Zeit die geeignetſte dafür iſt. Wir erfüllen im wahren Sinne des Wortes eine vaterländiſche Pflicht, wenn wir bereits jetzt Vorſorge dafür treffen, daß bei Beendigung des Krieges die Arbeitsloſigkeit keinen allzu großen Um⸗ fang annimmt. Nun ſoll man ſich doch nicht ſelbſt Schwierig⸗ keiten auftürmen, die gar nicht vorhanden ſind. Der Herr Oberpräſident hat die Sache vertagt, weil keine Einigung zu erzielen war. Das war vor dem Kriege. Aber wir haben ja geſehen, daß während des Krieges manche Gegenſätze, und zwar viel tiefer gehende Gegenſäte, überbrückt ſind. Sollte es da wirklich unmöglich ſein, daß die Groß⸗Berliner Ge⸗ meinden, die bisher noch dem Projekt der Zentrali⸗ ſierung der Arbeitsnachweiſe feindlich gegenüber⸗ ſtanden, zu einer anderen Erkenntnis kommen? Meine Herren, ich glaube das nicht. Und wenn die Reichsregierung während des Krieges nicht an eine geſetzliche Regelung der Frage herangehen will, ſo iſt damit doch noch nicht geſagt, daß auch eine frei⸗ willige Inſtitution jetzt nicht ins Leben treten kann. Das hat ja der Herr Vorredner mit überzeugenden Worten ausgeführt. Selbſt wenn nicht alle Groß⸗ Berliner Gemeinden unter einen Hut zu bringen ſind und ſelbſt wenn ſich der Verband Märkiſcher Arbeitsnachweiſe ausſchließt, ſelbſt dann, glaube ich, wird es immer noch genug Groß⸗Berliner Gemeinden geben, die die Wichtigkeit der Frage anerkennen und wenigſtens für die erſte Zeit nach Beendigung des Krieges eine Maßnahme treffen, die vielleicht nicht bleibend iſt, die aber ein Uebergangsſtadium dar⸗ ſtellt, bis die Frage auf geſetzlichem Wege geregelt iſt. Ich möchte alſo den Magiſtrat dringend ditten, der Anregung Folge zu geben und ſeinerſeits die Initiative zu ergreifen. Ich bin überzeugt, daß er ſich dadurch nicht nur den Dank aller Groß⸗Berliner Arbeiter und Unternehmer, ſondern darüber hinaus auch den Dank anderer Gemeinden, die hoffentlich ſeinem Beiſpiel folgen, erwerben wird. Bürgermeiſter Dr. Maier: Meine Herren! Im weſentlichen dreht ſich der Streit um die Frage, ob wir alsbald ein gemeinſchaftliches Vorgehen der Groß⸗Berliner Gemeinden herbeiführen wollen oder nicht. Daß wir gemeinſchaftlich vorgehen, ſteht feſt. Allerdings wird es ſchwerlich dazu kommen, ein Ar⸗ beitsamt ins Leben zu rufen, ſondern die bisherigen Verhandlungen ſind dahin gegangen, einen Zweck⸗ verband zu begründen und eine Ausgleichsſtelle für die überſchüſſigen Arbeitskräfte einzurichten. Nun, meine Herren, glaube ich, daß doch eine Veranlaſſung beſtehen wird, ſchon jetzt die Frage des gemeinſchaftlichen Vorgehens zu erörtern, und zwar