44 Stadtv. Meyer (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren! Im Verfolg der Ausführungen, die ich vor⸗ hin gemacht habe, beantrage ich im Einverſtändnis mit allen Fraktionen, ſoweit ich das in der Schnellig⸗ keit habe feſtſtellen können, den Schluß dieſer Debatte. (Die Verſammlung beſchließt mit großer Mehr⸗ heit demgemäß.) Stadtv. Jolenberg (perſönliche Bemerkung): Ich glaube, daß Herr Kaufmann nicht ganz das⸗ jenige wiedergegeben hat, was ich geſagt habe. Ich habe nicht geſagt, daß Herr Kaufmann eine Renta⸗ bilitätsberechnung aufgeſtellt hat, ſondern ich habe ausgeführt — meine Herren, ich habe das Manuſkript vor mir —, daß dieſe Rentabilitätsberechnung von dem damaligen Stadtverordnetenvorſteher ſehr warm vertreten worden iſt; und das wird wohl Herr Kollege Kaufmann nicht beſtreiten wollen. Kapitel XIV (Die Verſammlung ſtellt Sonſtige Gemeindeeinrichtungen und verſchiedene Einnahmen und Ausgaben in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats mit den auf Druckſeite 67 der Vorlagen angegebenen Aenderungen feſt, ſtimmt dem Beſchluſſe des Aus⸗ ſchuſſes über die Einſetzung einer gemiſchten Depu⸗ tation zur Beratung der Verhältniſſe des Deutſchen Opernhauſes zu und nimmt einſtimmig den Antrag des Stadtv. Hirſch betreffend Errichtung eines Ar⸗ beitsamtes an.) Vorſteher Dr Frentzel: Wir kommen nunmehr zu Kapitel XV — Gemeindeſteuern. Berichterſtatter Stadtv. Meyer: Meine Herren! Auch bei dieſem Kapitel hätte ſich, wie bei einigen früheren des Etats, die Sache heute in der Art ab⸗ ſpielen können, daß der Herr Vorſteher mitteilte, daß Aenderungen vom Etatsausſchuß nicht beſchloſſen worden ſeien und ſich demgemäß die unveränderte Annahme des Kapitels empfehle. Ich glaube aber doch, daß, nachdem wir viele Jahre beſonderen Wert darauf gelegt haben, mit 100% Einkommen⸗⸗ ſteuerzuſchlag auszukommen und wir uns erſt im vorigen Jahr nach langen Ueberlegungen und ſchweren Kämpfen dazu entſchließen mußten, auf 110% zu gehen, es nach dieſen Vorgängen nicht ungängig iſt, nunmehr ohne Sang und Klang der Stadtverordnetenverſammlung vorzuſchlagen, diesmal die in der Geſchichte der Stadt Charlotten⸗ burg bisher nicht vorgekommene Erhöhung des Steuerzuſchlags um 30 , zu beſchließen. Meine Herren, der Etatsausſchuß hat, wie das der Herr Stadtverordnetenvorſteher in ſeiner Etats⸗ rede ankündigte, auf das eingehendſte geprüft, ob es möglich wäre, die vom Magiſtrat vorgeſchlagene Steuerbemeſſung herabzuſetzen. Wir haben nicht verkannt, daß in dieſer ſchweren Zeit eine Belaſtung der Bürgerſchaft, wie ſie jene Erhöhung unzweifel⸗ haft darſtellt, beſonders erheblich iſt, und daß wir jeder Möglichkeit nachgehen mußten, ſie ihr zu er⸗ ſparen oder ſie doch wenigſtens zu mildern. Indeſſen die Beratungen des Ausſchuſſes haben gezeigt, daß eine ſolche Möglichkeit nicht beſteht. Wir haben genau unterſucht, ob es etwa angängig iſt, Ein⸗ nahmen zu erhöhen oder Ausgaben zu vermindern. Als einziges Mittel, Einnahmen zu erhöhen, kam die vorhin bereits von dem Herrn Kollegen Klick als Berichterſtatter erörterte Erhöhung der Gaspreiſe in Betracht. Der Ausſchuß hat dieſen Weg nicht be⸗ 7 Außerordentliche Sitzung vom 17. März 1915 ſchreiten wollen⸗ Er hat zwar nicht verkannt, daß⸗ eine Erhöhung der Gaspreiſe in den geſteigerten Produktionskoſten eine gewiſſe Berechtigung hätte; aber er hat auf der andern Seite doch erwägen müſſen, daß es außerordentlich ſchwere Bedenken gegen ſich hätte, den ſtabilen Gaspreis, der ſeit langen Jahren eine Grundlage unſerer ganzen Finanzpolitik bildet, zu verändern, und er hat deshalb und auch im Intereſſe der Gewerbetreibenden und der Haus⸗ beſitzer davon abgeſehen, Ihnen eine Erhöhung vorzu⸗ ſchlagen. Alle übrigen Einnahmen ſind unzweifel⸗ haft reichlich im Etat eingeſetzt. Es erſchien mithin ausgeſchloſſen, die Einnahmen zu erhöhen. Und ebenſo war es unmöglich, die Ausgaben zu ermäßi⸗ gen. Es iſt bereits in dieſem Etat alles Ueberflüſſige weggelaſſen worden, und jede weitere Ermäßigung der Ausgaben hätte dazu geführt, Einrichtungen, die wir haben, verdorren, eingehen zu laſſen, was natür⸗ lich im Sinne einer praktiſchen Finanzpolitik auch nicht in Betracht kommen konnte. Meine Herren, aus dem, was ich vorgetragen habe, werden Sie entnehmen, daß der Zuſchlag von 140 % immer noch durchaus nicht etwa reichlich iſt, daß er im Gegenteil ſeine Rechtfertigung nur in einem gewiſſen Optimismus findet, mit dem der Etatsausſchuß die künftige Entwicklung nach einem — wie wir ja zuverſichtlich erwarten — ſiegreichen Kriege ins Auge faßt. Einen ſolchen Optimismus kann man verantworten. Aber nicht verantworten ließe ſich eine leichtfertige Finanzpolitit, wie ſie es ſein würde, wenn wir unter die 140% herunter⸗ gehen und damit einen Etat annehmen wollten, von dem wir mit Beſtimmtheit wiſſen, daß er ein ganz erhebliches Defizit zurücklaſſen wird, und wenn auf dieſe Weiſe die Zukunft zu Gunſten der Gegenwart belaſtet werden würde. Aus dieſem Grunde hat der Etatsausſchuß einſtimmig beſchloſſen, Ihnen die 140% Zuſchlag nach der Magiſtratsvorlage vorzu⸗ ſchlagen, und ich betone beſonders, d a ß auch nicht von einer einzigen Seite im Ausſchuß der Gedanke vertreten wor⸗ den iſt, etwa unter 140% herunterzu⸗ gehen, geſchweige denn daß eine ſolche Idee die Geſtalt eines förmlichen Antrages angenommen hätte. Indem ich dieſen Beſchluß nunmehr zur An⸗ nahme empfehle, beantrage ich zugleich, über eine Petition zur Tagesordnung hinwegzugehen, die uns erſt nach der Sitzung des Etatsausſchuſſes, und zwar heute, zugegangen iſt, alſo noch nicht zum Gegen⸗ ſtande der Verhandlungen des Etatsausſchuſſes ge⸗ macht werden konnte. Es handelt ſich um eine Ein⸗ gabe des Liberalen Bezirksvereins Charlottenburg⸗ Weſtend, des Inhalts: Bei der ungünſtigen Lage Charlottenburgs, das im Verhältnis zu den Nachbarorten, namentlich Wilmersdorf, nicht die genügende Bevölkerungszunahme in den letzten Jahren aufweiſt, erſucht der Liberale Bezirksverein Charlottenburg⸗Weſtend die Stadtverordneten⸗ verſammlung, höchſtens einer Erhöhung der Gemeindeſteuern auf 135 %, zuzuſtimmen. Ich kann nicht namens des Ausſchuſſes hierzu Stellung nehmen, weil die Eingabe, wie geſagt, erſt heute eingegangen iſt. Aber aus der Stellungnahme des Ausſchuſſes ergibt ſich ganz von ſelbſt der An⸗ trag, über die Eingabe zur Tagesordnung hinweg⸗ zugehen. Ich brauche daher auch auf die Ausführun⸗ gen der Eingabe ſelbſt nicht näher einzugehen und will nur der Ueberzeugung Ausdruck geben, daß die Bemeſſung des Zuſchlages auf 140 % mit Rückſicht