50 — es möge geprüft werden, Herr Stadtv. Hirſch, das ſteht drin — im einzelnen Falle zweckmäßig iſt, den betreffenden Frauen die volle Arbeitgeber⸗ unterſtützung zuzuweiſen. Meine Herren, Herr Hirſch erregt ſich darüber, daß davon die Rede iſt, daß ſeitens der kriegsunter⸗ ſtützten Frauen mehr Backwerk verzehrt worden iſt, als es vor dem Kriege der Fall war. Ich glaube, Sie alle hier im Saale ſind ſo weit unterrichtet Sie brauchen ja nur bei den Bäckermeiſtern nachzu⸗ fragen —, daß der Konſum an Backwaren nicht zurück⸗ gegangen iſt, ſondern während der Kriegszeit zuge⸗ nommen hat. Jetzt beſteht natürlich die Gefahr nicht mehr, daß jemand mehr verzehrt, als er verzehren darf, weil dem ja durch die Regelung des Brotver⸗ brauchs ein⸗ für allemal ein Ende gemacht iſt, und weil für die Bereitung von Kuchen Vorſchriften be⸗ ſtehen, die eine Beſchränkung des Mehlverbrauchs auf 10 % des Gewichts des Kuchens feſtſetzen. Jetzt kann niemand mehr verbrauchen, als ihm zukommt. Meine Herren, daß eine wohlgemeinte Maß⸗ regel, die eingehend erwogen worden iſt — ich ſelbſt habe an dem Beſchluß nicht mitgewirkt, ich halte ihn aber durchaus für richtig —, daß eine ſolche Maß⸗ regel hier in dieſer Weiſe kritiſiert worden iſt, das entſpricht nicht dem Ernſte der heutigen Zeit. Man kann verſchiedener Anſicht über dieſe Dinge ſein; das gebe ich ohne weiteres zu. Dieſe ganzen Fragen ſind in das Ermeſſen des einzelnen geſtellt, und ich will zugeben, daß der eine einmal eine andere Anſicht haben kann als der andere. Aber hier die Sache ſo darzuſtellen, als wenn das eine ganz abſurde und abentenerliche Idee des Magiſtrats iſt, dazu liegt doch nach meiner Ueberzeugung nicht die geringſte Veranlaſſung vor. Ich kann nur wiederholen, daß ich auf das leb⸗ hafteſte bedaure, daß eine ſolche Debatte in dieſer Kriegszeit möglich iſt, die doch zweifellos Beunruhi⸗ gung in die Bevölkerung hineinträgt. Wir haben eine ſolche Beunruhigung der Bevölkerung in keiner Weiſe beabſichtigt, und ich kann Ihnen nur mitteilen, daß weite Kreiſe der Arbeitgeber unſerem Vorſchlage Zu⸗ ſtimmung haben zuteil werden laſſen und daß bisher niemand in dieſem ganz beſcheidenen Vorſchlage irgendeine Bevormundung geſehen hat. Alſo nach der Richtung iſt auch der Vorwurf des Herrn Stadtv. Hirſch unbegründet. Was nun ſeinen andern Vorſchlag anbetrifft, die Winterſätze noch zu erhöhen, ſo möchte ich bemerken, daß auch dieſe Frage natürlich verſchieden beant⸗ wortet werden kann. Die Vorſitzenden der Unter⸗ ſtützungskommiſſionen, von denen Herr Hirſch wünſcht, daß ſie noch gehört werden, haben ſich mit dieſem Vorſchlag einverſtanden erklärt; ſie brauchen alſo nicht noch einmal gehört zu werden. Meine Herren, ich glaube, es iſt tatſächlich richtiger, daß wir die Einzelfälle, um die es ſich handelt, bei denen die Normalſätze nicht ausreichen, nach Maßgabe des Be⸗ dürfniſſes entſprechend behandeln. Aber nun die Normalſätze ganz grundſätzlich für alle Fälle zu er⸗ höhen, dazu liegt nach meiner Meinung und nach der Meinung der Unterſtützungskommiſſionen ſowie des Magiſtrats wirklich kein Anlaß und kein Be⸗ dürfnis vor. Wozu denn denjenigen Perſonen, die ſchon mit Zuwendungen, mit Arbeitsverdienſt aus⸗ kommen können, noch grundſätzlich die Normalſätze erhöhen? Ergeben ſich im einzelnen Falle Uneben⸗ heiten, nun, meine Herren, dann wird die indivi⸗ duelle Behandlung des Falles dazu führen, daß die Außerordentliche Sitzung vom 17. März 1915 Leute nicht Schaden leiden. Dagegen wenden wir uns natürlich auch, daß der einzelne etwa in unzu⸗ reichender Weiſe verſorgt wird; wir haben alle das Intereſſe daran, die Kriegerfrauen ſo reich wie mög⸗ lich zu verſorgen. Wir, der Magiſtrat, werden uns in bezug auf dieſe Fürſorge in keiner Weiſe von der Stadtverordnetenverſammlung übertreffen laſſen. Ich habe mich immer gefreut, daß in allen dieſen Fra⸗ gen ein völliges Einvernehmen zwiſchen Magiſtrat und Stadtverordnetenverſammlung beſtanden hat, und ich hoffe, daß dieſes Einvernehmen nicht durch einen Brief, der in dieſer ſcharfen Weiſe kritiſiert wird, irgendwie beeinträchtigt wird. Ich möchte bitten, meine Herren, daß Sie uns das gemeinſchaft⸗ liche Arbeiten in dieſer wichtigen Frage der Kriegs⸗ wohlfahrt nicht erſchweren, ſondern daß Sie uns helfen, auch dieſe Arbeit weiter mit Freuden fort⸗ zuſetzen. Stadtv. Walther: Meine Herren! Herr Kollege Dr Rothholz, aus deſſen Antrag vom 20. Januar 1915 dieſe Vorlage hervorgegangen iſt, iſt behindert, heute hier zu ſein, und hat mich erſucht, dieſe Vor⸗ lage Ihnen zur Annahme zu empfehlen. Sie ent⸗ ſpricht nicht ganz dem Antrage des Herrn Kollegen Rothholz, es ſind geringe Abweichungen vorhanden: aber ſie fallen ſo wenig ins Gewicht, daß ſie der Annahme der Vorlage nicht entgegenſtehen. Es iſt anzuerkennen, daß dieſe gewiß erfreuliche Vorlage den Unterſtützungsbedürftigen eine ſchätzenswerte Bei⸗ hilfe bietet, und ich glaube, es wird gerade in dieſen Kreiſen rechte Freude erwecken, wenn ihnen auf ſolche Weiſe eine Unterſtützung zufließt. Ich möchte Sie namens des Herrn Antragſtellers bitten, der Vor⸗ lage zuzuſtimmen. Stadtv. Wöllmer: Meine Herren! Meine Frak⸗ tion ſtimmt dem erſten Teile der Magiſtratsvorlage gern zu. Was den zweiten Teil anlangt, ſo geht Herr Kollege Hirſch über den Antrag des Magiſtrats noch hinaus, wenn die Stadtverordnetenverſammlung heute generell ſchon beſchließen ſoll, den Magiſtrat zu veran⸗ ſaſſen, eine Erhöhung der Normalſätze vorzunehmen. Herr Kollege Hirſch ſucht ſeine Ausführungen zum Teil mit dem Hinweis zu begründen, daß hier in Char⸗ lottenburg für die Frauen der Kriegsteilnehmer nicht ſo gut geſorgt würde wie an manchen anderen Orten. Ich glaube, es iſt nicht angebracht, dieſe Dinge in der Stadtverordnetenverſammlung ſo ausführlich zu be⸗ rühren und in der Art zu behandeln, wie es der Kollege Hirſch getan hat. (Sehr richtig! — Stadtv. Hirſch: Man darf nicht die Wahrheit ſagen!) Ich muß ſagen, ich ſtimme darin den Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters bei, daß es zweckmäßiger ſein würde, wenn wir uns hier in der Stadtverordneten⸗ verſammlung, wo unſere Worte nach außenhin ſchallen und vielleicht ganz anders aufgefaßt werden, als ſie ge⸗ meint ſind, auch vom Kollegen Hirſch gemeint ſind. in dieſen Dingen doch eine gewiſſe Beſchränkung auferlegten. Denn das wollen wir doch alle zugeben, daß der Magiſtrat nicht weniger Wohlwollen bewieſen hat als die Stadtverordnetenverſammlung. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich möchte Herrn Kollegen Hirſch darauf hinweiſen, daß die Normalſätze, wie er ja auch