Sitzung am 28. April 1915 in der Lage, ſeine Hypotheken zurückzuzahlen? unter welchen Bedingungen kann dem Hypothekengläubiaer eine Prolongatron, unter welchen Bedingungen kann ihm eine Stundung der Zinſen zugemutet werden? — daß dieſe Fragen heutzutage, ich möchte ſagen, Gemeingut jedes Gebildeten ſind, der ſich für wirt⸗ ſchaftliche Angelegenheiten überhaupt intereſſiert, daß es einer beſondern Vorbildung für die Löſung dieſer Aufgabe kaum bedürfen wird. Im übrigen möchte ich besweifeln, ob es gelingen wird, Perſönlichkeiten etwa aus dem Kreiſe der leitenden Männer der großen Kreditinſtitute für dieſes immerhin nicht über⸗ mäßig reizvolle und vor allem recht zeitraubende Amt eines Beiſitzers beim Hypothekeneinigungsamt zu ge⸗ winnen. Ueber die Zwangsbefugniſſe ſind die Anſich:er ſehr geteilt. Ich neigte für meine Perſon zunachſt zu der Anſicht, daß beim Hypotheteneinigungsanat Zwangsbefugniſſe wohl am Platze wären. Aber gerade die Hausbeſitzer in unſerm Mieteinigungsamt — das möchte ich hervorheben — haben ſich mii Energie gegen die Verleihung von Zwangsbefugneſſen ausgeſprochen, weil ſie davon eine abſchreckende Wir⸗ kung für die Hypothekenaläubiger befürchten. Meine Kerren, es kann ja gar keinem Zweifel unterliegen, daß demjenigen Hypothekengläubiger, der die Ver⸗ handlung vor dem Einigungsamt ablehnt, alſo eine ſolche Einigung nicht will, ganz gewiß nicht durch eine unter Strafandrohung geſtellte Verpflichtung zum Erſcheinen oder durch eine Strafandrohung ſür den Fall der Verweigerung einer Auskunft oder der Erteilung einer falſchen Auskunft beigekommen wer⸗ den wird. Ich möchte dabei bemerken, meine Herren, daß auch bei denjenigen Einigungsämtern, die ſeit Monaten im Beſitz der Zwangsbefugniſſe ſind und vieſe Hunderte und zum Teil Tauſende von Fällen erledigt haben, nach meinen Informationen nicht ein einziges Mal Zwangsbefugniſſe angewendet worden ſind. Bei einem Einigungsamt in Groß⸗Berlin ſoll es ſoqar vorgekommen ſein, daß es nicht gewußi hat, wie es die Strafe anwenden ſoll. (Zuruf: Mieteinigungsamt!) — Ja, gewiß; aber für die Notwendigkeit von Straf⸗ befugniſſen iſt dort die Frage ganz ähnlich gelngert wie beim Hypothereneinigungsamt. 4 Ich will mich auf dieſe kurzen Ausführungen beſchränken und behalte mir weitere Darlegungen für die Ausſchußberatung vor. Stadtv. Bernhard: Ich möchte doch eine der Aus⸗ führungen des Herrnn Magiſtratsvertreters nicht un⸗ widerſprochen laſſen. Ich habe ja ſelbſt geſagt, daß, wie die Verhältniſſe beim Mieteinigungsamt läaen, Dort allerdings die Anwendung von Zwangsbefugniſſen nicht notwendig iſt. Es wind ja auch dem Herrn Ver⸗ treter des Magiſtrats nicht unbekannt ſein, daß die Rolle, die die Stadt — durch ihre Beihilfen — ſpielt, bei dem Verhältnis von Mieter und Vermieter etwas anderes iſt als bei dem zwiſchen Hupothekengläubigern und Hupothekenſchuldnern. Deswegen habe ich ja aus⸗ drücklich Gewicht damauf gelegt, zu ſagen, daß ich das Gutachten der Vertreter der Beiſitzer des Mieteini⸗ gungsamtes durchaus nicht als imgendwie beſtimmend anerkennen kann, weil es von ganz anderen Voraus⸗ ſetzungen ausgeht. Darüber kann gar kein Zweifel be⸗ ſtehen, daß die Anheftung des Hupothekeneinigungs⸗ amtes an das Mieteinigungsamt einfach nichts weiter 67 iſt, meine Herren, als ein Stück Papier; Sie beſchließen etwas, was nicht den geringſten Wert hat. Entweder ſtellt man ſich auf den Staropunkt, daß das ganze Hypothekeneinigungsamt nicht notwendig iſt. Dieſen Standpunkt kann ich wenigſtens verſtehen. Wenn man aber der Auffaſſung iſt, daß ein Hypothekenamt not⸗ wendig iſt, dann muß man auch die Beſtimmungen ſo ausgeſtalten, daß ſie einen Zweck haben. Ich halte von der „freiwilligen Liebestätigkeit“ in bezug auf das Erſcheinen von Zeugen und Sachverſtändigen ſchon nichts, noch viel weniger in bezug auf die Parteien. Da kann nur der Zwang helfen. Vielleicht gibt es andere Gründe als diejenigen, die der Herr Vertreter des Magiſtrats gegen den Zwang angeführt hat; aber die Gründe, die er geltend machte, ſind jedenfalls nicht ſtichhaltig. Die habe ich bereits ſelbſt gewürdigt. Die kannten wir ſchon vorher. Dann nur noch ein Wort zur Frage des Mangels an Beamtenperſonal. Gewiß, da gebe ich dem Herrn Vertreter des Magiſtrats durchaus recht, das iſt ein Mißſtand, namentlich jetzt in Kriegszeiten. Aber, meine Herren, in Berlin hat das Hypothekeneinigungs⸗ amt die Stellen der Vorſitzenden nicht mit Magiſtrats⸗ beamten und auch nicht mit Stadtverordneten, ſondern mit Rechtsanwälten beſetzt, die ſich zur Verfügung ge⸗ ſtellt haben. Ich könnte Ihnen als geeignete Vor⸗ ſitzende und Beiſitzer aus unſerer Mitte hier eine ganze Reihe von Herren normen, die ſachverſtändig ſind und auch ohne weiteres gewillt wären, ein ſolches Beiſitzer⸗ amt anzunehmen. Ich glaube nicht, daß die Sache dar⸗ an ſcheitern kann. Endlich möchte ich mir dem Herrn Magiſtrats⸗ vertreter noch zu erwidern erlauben: So einfach iſt die Erkenntnis der wirtſchaftlichen Verhältniſſe, die hier in Frage kommen, doch nicht, und ſo ſelbſtverſtändlich ſind die Dinge nicht wie diejenigen, die bei Mietfragen in Betracht kommen. Es handelt ſich hier ſowohl recht⸗ lich wie auch wirtſchaftlich um ſehr ſchwierige Verhält⸗ miſſe, und das Einigungsamt wind unter Umſtänden ja auch den juriſtiſchen Weg zu weiſen haben, den bei Vergleichen die beiden Parteien zu gehen haben. Das kann meines Erachtens nur dann gemacht werden, wenn man die Sachverſtändigen unter hierfür beſon⸗ ders geeigneten Geſichtspunkten auswählt. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Ich wollte zu der Funge eigentlich nicht das Wort ergreifen; aber die Entgegnung des Herrn Kollegem Bernhard auf die Ausführungen des Herrn Stodtſyndikus laſſen es mir doch rutſam erſcheinen, auch aus dem Kreiſe der Stadtverordneten eine andere Meinung hier aus⸗ zuſprechen. In meiner Fraktion hätten wir gegen die An⸗ nahme der Magiſtratsvorlnge in der Faſſung, wie ſie uns vorliegt, alſo gegen die einſache Kenntnisnahme nichts einzuwenden, trotzdem, wie ich glaube, im unſerer Fraktion auch gerade einige recht ſachverſtändige Mit⸗ glieder ſind. Wir gehen dabei von dem Standpunkt aus, daß es bei einem derartigen Amte in allererſter Linie darauf ankommt, eine Einigung herbeizu⸗ führen, und zwar auf Grund der perſönlichen Einwir⸗ kung in erſter Linie des Vorſitzenden und zu ſeiner Unterſtützung der Beiſitzer. So ſpielt ſich natürlich ein ſolches Verfahren immer ab. Der Vorſitzende iſt ja von dem Herrn Kollegen Bernhard nicht in den Kreis der Erörterung gezogen worden, und ich nehme an, daß er da auch mit der Magiſtratsvorlage voll⸗ kommen einverſtanden iſt. (Zuſtimmung des Stadtv. Bernhard.)