Sitzung am 2. Juni 1915 maßen nur vorſchußweiſe gezahlt und nachher von der Hinterbliebenenrente wieder eingefordert werden. Der Magiſtrat hat ſich vorbehalten, für den ſtädtiſchen Zuſchuß noch nähere Feſtſetzungen zu treffen. Ich glaube aber, meine Herren, daß wir auch bezüg⸗ lich des ſtädtiſchen Zuſchuſſes un⸗ bedingt ſofort einheitlich vorgehen müſſen. Wir werden hier etwas liberaler ver⸗ fahren können als der Staat und vielleicht den Frauen etwas mehr, eventuell noch den dritten Monat — wir werden uns ja darüber unterhalten können — belaſſen können, alſo nur einen kleineren Teil zu⸗ rückfordern. Unbedingt muß aber meines Erachtens einſtweilen in dieſem Puntte bei den Unterſtützungs⸗ kommiſſionen gleichmäßig verfahren werden. Ich halte es nicht für richtig, wenn in einer Unter⸗ ſtützungskommiſſton einer Frau, deren Mann viel⸗ leicht vor 8 oder 9 Monaten gefallen iſt, die Rente, die erſt nach dieſer Zeit feſtgeſetzt wird, in voller Höhe belaſſen wird, während eine andere Unter⸗ ſtützungskommiſſton ſo verfährt, was nach der bis⸗ herigen Magiſtratsverfügung möglich iſt, daß ſie den geſamten Betrag der ſtädtiſchen Familienunter⸗ ſtützungen von der Hinterbliebenenrente einfordert. Ich meine, das geht nicht: hier müſſen wir ſofort eine einheitliche proviſoriſche Regelung haben; wir können uns ja die endgültige Regelung vorbehalten. Deshalb möchte ich Sie bitten, von der Ma⸗ giſtratsvorlage mit dem Erſuchen Kenntnis zu nehmen, für die Wiedererſtattung der ſtädtiſchen Unter⸗ ſtützungsbeiträge im Falle rückwirkend gezahlter Hinterbliebenenrente umgehend einheitliche Grund⸗ ſätze aufzuſtellen. Das beabſichtigt ja der Magiſtrat, ich möchte jedoch damit eine möglichſte Beſchleunigung der Sache erreichen; denn es würde unangenehme Nachwirkungen haben, wenn auf dieſem Gebiete keine Einheitlichkeit beſtände. Ich möchte dazu bemerken, daß die Hinterbliebenenrenten leider außerordentlich verſchieden — das liegt ja vielfach in den Verhält⸗ niſſen —, langſam oder ſchnell, feſtgeſetzt werden. Es gibt Fälle, in denen bereits nach zwei Monaten die Feſtſetzung der Hinterbliebenenrente erfolgt iſt, und wieder andere, wo ſie erſt nach 8 Monaten ſtatt⸗ findet. Es wird wahrſcheinlich künftig Fälle geben, in denen ſie erſt nach 1½ Jahren erfolgt, je nachdem wie lange der Krieg dauert; bei Vermißten iſt das ja gar nicht zu umgehen. Es muß aber einheitlich geregelt werden, wieviel man den Frauen von der doppelten Kriegsunterſtützung bei der Hinterbliebenen⸗ rente beläßt. Meiner Meinung nach muß man von dem Geſichtspunkt ausgehen, daß man den Frauen, die nunmehr gezwungen ſind, nachdem ihre Ernährer gefallen ſind, ſich eine neue Exiſtenz zu gründen, in einem gewiſſen Umfange entgegenkommt und ihnen einen kleinen Geldbetrag in der Hand läßt, damit ſie dieſen Uebergangszuſtand leichter überwinden können. Aber man muß dieſen Betrag in den verſchiedenen Kommiſſionen möglichſt einheitlich bemeſſen. Vorſteher Dr. Frentzel: Herr Kollege Dr Stadt⸗ hagen, Sie ſprachen im Anfang von einem Antrag. Da es ſich aber um eine Mitteilung handelt, ſind An⸗ träge nicht zuläſſig. Sie ſind aber wohl damit ein⸗ verſtanden, daß das, wie wir es früher gemacht haben, in ein Erſuchen gekleidet wird. Dann würde der Wortlaut ſo ſein: Die Verſammlung nimmt Kenntnis mit dem Erſuchen an den Magiſtrat, 75 a) die vorgeſchlagene Berechnungsart einheit⸗ lich vom 1. Mai 1915 ab eintreten zu laſſen, 5) für die Wiedererſtattung der ſtädtiſchen Unterſtützungsbeiträge im Falle rückwirkend gezahlter Hinterbliebenenrente umgehend einheitliche Grundſätze aufzuſtellen. (Zuſtimmung des Stadtv. Dr Stadthagen.) Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Ich möchte darum bitten, daß wir derartige kaſuiſtiſche Fragen hier nicht im Plenum der Stadtverordneten⸗ verſammlung erledigen. (Sehr richtig!) Es iſt ein Ding der Unmöglichkeit, daß die einzelnen Herren, die mit der Materie nicht genau vertraut ſind, überhaupt den Ausführungen des Herrn Stadtv. Dr. Stadthagen folgen können. (Sehr richtig!) Im übigen haben die Beſchlüſſe der Stadtverordneten⸗ verſammlung immer nur allgemeine Grundſätze auf⸗ geſtellt; Einzelfälle ſind nie Gegenſtand der Beſchluß⸗ faſſung geweſen. Wenn ſich die Verſammlung mit der Erörterung von Einzelfragen beſchäftigen will, kann ſie in jeder Sitzung über ein halbes Dutzend Anträge beraten und beſchließen. (Sehr richtig!) Herr Stadtv. Dr Stadthagen weiß, daß derartige Anträge nicht unter den Tiſch fallen, wenn er ſie an uns bringt; ich möchte aber bitten, daß das außer⸗ halb dieſer Verſammlung geſchieht. Er als Vor⸗ ſitzender einer Unterſtützungskommiſſton ſteht ja mit dem Magiſtrat in unmittelbarer Verbindung. Der Magiſtrat wird nicht unterlaſſen, ſeinen Wünſchen ſchleunigſt zu folgen, ſoweit das angängig iſt. Stadtv. Hirſch: Ich kann nach den Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters auf das Wort verzichten und möchte nur erklären, daß es vielleicht richtiger iſt, wenn wir uns lediglich mit der Kenntnisnahme der Magiſtratsvorlage begnügen und den Antrag Stadthagen, deſſen Tragweite ich trotz ſeiner Aus⸗ führungen nicht überſehen kann, ablehnen. Stadtv. Dr. Stadthagen (zur Geſchäftsordnung): Ich ziehe meinen Antrag nach dieſen Erklärungen zurück und werde den andern Weg einſchlagen. (Die Verſammlung nimmt von der Mitteilung des Magiſtrats Kenntnis.) Vorſteher Dr. Frentzel: Punkt 2 der Tagesord⸗ nung: Mitteilung betr. Kriegsmaßnahmen. Druckſache 79. (Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 3: Mitteilung betr. Beſtimmungen über die Abgabe von Brot und Mehl. — Druckſache 80. (Die Verſammlung nimmt Kenntnis.)