92 1. Der Eröffnung der erweiterten Kinderabteilung des ſtädtiſchen Bürgerhauſes zum 1. Oktober 1915 wird zugeſtimmt. Die erforderlichen Mittel in Höhe von rund 16 200 ℳ werden aus dem Dispoſitionsfonds bewilligt.) Punkt 4: Vorlage betr. Verſtärkung der Mittel für Schulkinder⸗ ſpeiſung. Druckſache 122. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Etatsnummer Ord. Kapitel X Abſchn. 9 Nr. 1 für 1915 (Verabreichung von Mittag⸗ eſſen an Schulkinder) wird um 11 300 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds verſtärkt.) Punkt 5: Mitteilung betr. Strafſache in einer Unterſtützungs⸗ angelegenheit. — Druckſache 123. Meine Herren! Der Magiſtrat weiſt in ſeiner Mitteilung darauf hin, daß auch das Urteil des König⸗ lichen Landgerichts in ſeiner Begründung außer Frage ſtellt, daß der gegen Herrn Schulvater erhobene Vor⸗ wurf völlig unbegründet iſt. Ich möchte meinerſeits erklären, daß ich nach ſorgfältiger Prüfung der Akten, der Urteile ſowohl des Schöffengerichts als auch des Landgerichts, habe feſtſtellen können, daß beide Ge⸗ richtshöfe nach ſtattgehabter Beweisaufnahme zu Oer Ueberzeugung gelangt ſind, daß Herr Schulvater die ihm zugeſchriebene Aeußerung nicht getan hat. Ich möchte dies hier vor aller Oeffentlichkeit feſtſtellen. Das Wort wird nicht verlangt. Ich ſtelle feſt, daß die Verſammlung von dieſer Mitteilung des Magiſtrats Kenntnis genommen hat. Punkt 6 der Tagesomdnung: Mitteilung betr. Aenderung der Mehlverteilung zu Beginn des Erntejahres 1915. — Druckſache 124. Stadtv. Katzenſtein: Meine Herren! Die Mehl⸗ verteilung iſt eine Sache von ſo allgemeiner Bedeu⸗ tung, daß ſie zweifellos das Intereſſe der Oeffentlich⸗ keit in hohem Maße in Anſpruch nimmt, zumal wir ja alle unter den hohen Preiſen außerordentlich leiden. Nun heißt es hier in der Vorlage, daß mit der Be⸗ ſchäftigung des ſtädtiſchen Kommiſſionärs nicht uner⸗ hebliche Koſten der Stadt verbunden geweſen ſind und daß infolgedeſſen eine Neuregelung notwendig gewor⸗ den iſt. Ich möchte mir die Frage geſtatten, erſtens, wie hoch dieſe Koſten geweſen ſind, und zweitens, aus welcher Quelle ſie gefloſſen ſind. Es liegt zweifellos im Intereſſe der Bümgerſchaft, zu erfahren, unter wel⸗ chen Umſtänden und zu welchen Beträgen dieſe Ge⸗ ſchäfte beſorgt worden ſind. Außerdem wäre es von Intereſſe zu wiſſen, aus welchen Gründen der ſonſt bewährte bisherige Kommiſſionär nicht mehr Oazu hat veranlaßt werden können oder ſich veranlaßt geſehen hat, weiterhin die Geſchäfte der Stadt, die nunmehr unantgeltlich beſorgt werden, zu übernehmen. Bürgermeiſter Dr Maier: Meine Herren! Die bisherige Regelung der Mehlverteilung iſt auf Grund eines Vertrages mit dem Mehlkommiſſionär Baumann derart vorgenommen worden, daß Herr Baumann Sitzung am 8. September 1915 gegen eine Entſchädigung von 50 Pf. pro Sack die Ver⸗ teilung des Mehles, die Auſbewahrung, die Speiche⸗ rung des Mehles, die Unter/uchung, die Prüfung und etwaige Beanſtandung gegenüber der betreffenden Lie⸗ ferantin, früher dem Kreiſe Weſtpriegnitz, ſpäter der Kriegsgetreidegeſellſchaft, vorzunehmen hatte. Herr Baumann hatte das erforderliche Perſonal dafür und ſeine geſamte Arbeitskraft in den Dienſt der Stadt zu ſtellen. Er iſt verpflichtet worden, während der Dauer der Führung der Geſchäfte ſeinerſeits auf jede Neben⸗ tätigkeit zu verzichten, und er hat in Erfüllung dieſer Verpflichtung ſein Geſchäft aufgegeben und ſeine An⸗ ſprüche aus dieſem Geſchäft einer andern Mehlfirma übertragen. Dieſe Regelung, die wir jetzt aufgegeben haben, war erforderlich, weil wir bei Beginn der Mehl⸗ verteilung noch nicht von der Kriegsgetreidegeſellſchaft, ſondern im freien Mehlhandel uns das erforderliche Mehl beſchaffen mußten und bei den koloſſalen Um⸗ ſätzen, die eine Stadt wie Charlottenburg in Mehl macht, ein großes Riſiko mit derartigen Geſchäften verbunden war. Dieſes Riſiko haben wir durch Ver⸗ trag dem Herrn Baumann übertragen und haben ihm dagegen das Entgelt von 50 Pf. pro Sack zugebilligt, was nach der geſamten Lage der Verhältniſſe damals als durchaus angemeſſen anzuſehen war. Inzwiſchen iſt die Kriegsgetreidegeſellſchaft ins Leben getreten. Bei der Kriegsgetreidegeſellſchaft ſind bezüglich der Mängelrügen beſondere Grundſätze feſtgeſtellt worden, die das Riſiko der Mehlaufſpeicherung und Mehlver⸗ teilung für die Kommune ganz weſentlich vermindern. Infolgedeſſen iſt es uns bei der neuen Ernteperiode zweckmäßig geſchienen, nunmehr eine Verteilung Durch unſere eigenen Organe zu bewirken und das Riſiko der Mehlſpeicherung auf uns zu nehmen, nachdem ſich, wie wir in der Vorlage zum Ausdruck gebracht haben, einer unſerer Mitbürger bereit erklärt hat, als Mehl⸗ ſachverſtändiger ehrenamtlich für uns zu fungieren. Es lag alſo gar keine Veranlaſſung mehr vor, die bis⸗ herigen Speſen aufzuwenden, nachdem wir erkannt hatten, daß wir in der Lage ſind, ſelbſt die Geſchäfre zu führen und uns damit das Geſchäft zu verbilligen. Wie ſich dieſe Koſten endgültig pro Sack uns ſelbſt ſtellen werden, läßt ſich noch nicht überſehen. Aber es iſt anzunehmen, daß immerhin eine erhebliche Ver⸗ billigung eintreten wird und wir daher zweckmäßig ge⸗ handelt haben, die Geſchäfte ſelbſt zu beſorgen. Irgendwelche Gründe aus der Perſon des Herrn Baumam, ihm das Geſchäft zu entziehen, etwa aus mangelnder Geſchäftsführung oder aus anderen Grün⸗ den, lagen nicht vor. Die Perſon des Herrn Baumann ſpielt bei der Aenderung der Regelung gar keine Rolle; im Gegenteil, wir können heute nur feſtſtellen, daß Herr Baumann die Geſchäfte mit größter Sorgfalt und immer unter peinlichſter Wahrung der ſtädtiſchen In⸗ tereſſen geführt hat. Stadtv. Katzenſtein: Ich hatte die Frage geſtellt, wie hoch ſich insgeſamt die Koſten belaufen haben u. aus welcher Quelle ſie gefloſſen ſind. Wir haben hisher nur die Vergütung pro Sack gehört. Daraus geht noch nicht hervor, wie hoch die Geſamtuufwendungen geweſen ſind und wie hoch insbeſondere die Aufwen⸗ dungen für den Komiſſionär. Ich möchte dabei be⸗ merken, daß es mir verkehrt erſcheint, derartige öffent⸗ liche Aufgaben in einem ſolchen puivaten Vertragsver⸗ hältnis erledigen zu laſſen, wo einem Privatmanne ein Riſtko auferlegt wird, bei dem er je nachdem ſchwer zu Schaden kommen oder einen erheblichen Gewinn er⸗ zielen kann. Setzen wir den Fall, Herr Baumann wäre bei der Sache bedeutend in Schaden geraten, dann