Sitzung am 8. September 1915 ſtänden wir heute vor der Entſcheidung, entweder das] ſehr peinlich feſtſtellen zu müſſen oder ſchließlich das Rifiko aus Billigkeitsgründen nachträglich doch auf die Stadt zu übernehmen. Nun ſoll ja die Sache anders geweſen ſein. Jedenfalls wäre es meines Er⸗ achtens von Intereſſe, darüber Näheres zu hören; denn es iſt für die Bürgerſchaft, die ſo ungeheure Aufwen⸗ dun en für die notwendigſten Lebensmittel zu machen hat, zweifellos von Wichtigkeit, zu erfahren, aus wel⸗ chen Gründen ſich dieſe Koſten vielleicht etwas höher geſtellt haben, als es unbedingt notwendig geweſen wäre. Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Es iſt durchaus unrichtig, daß die Koſten durch dieſe Regelung für die Bürgerſchaft auch nur um einen Pfennig teurer geworden ſind, als wenn wir die Rege⸗ lung übernommen hätten, die jetzt Platz greift. Der Preis für den Verkauf des Mehles iſt in Groß⸗Berlin ganz allgemein feſtgeſetzt und wird durch die Spezial⸗ regelung, die wir getroffen haben, in keiner Weiſe berührt. Wenn der Herr Stadtv. Katzenſtein wiſſen will, wieviel Mehl im ganzen umgeſetzt worden iſt, um dar⸗ aus zu berechnen, welche Bruttoeinnahme der Mehl⸗ kommiſſionär in der vorigen Ernteperiode gehabt hat, ſo kann ich ihm auf dieſe Frage natürlich Antwort geben; aber er kann ſich dieſe Frage auch ſelber beant⸗ worten, wenn er ſich einmal klar macht, wie viel Mehl wir in Charlottenburg pro Tag gebraucht haben, und auf der andern Seite erwägt, daß die Koſten des Be⸗ triebs des angemieteten Lagerſpeichers, die Annahme und Unterhaltung der Angeſtellten uſw. ſowie die eigentliche Verteilung zu Laſten des Herrn Baumann gegangen ſind. Ich ſtelle anheim, meine Herren, die Akten daraufhin einzuſehen, die mir nicht zur Hand ſind. Ich werde Ihnen nachher die Zahlen des Um⸗ ſatzes an Mehl aus den Akten mitteilen. Hervorheben möchte ich jedoch, daß dieſe Aufklärungen irgendwelche ſachliche Wirkung vom Standpunkt des Intereſſes am Mehlpreis durchaus nicht haben, ſondern daß ſie nur geeignet ſind, die Zweckmäßigkeit unſerer Maß⸗ regel zu beleuchten. Ich möchte darauf hinweiſen, daß die zuſtändige Deputation, die mit den erforderlichem Aufträgen von den ſtädtiſchen Körperſchaften verſehen worden iſt, dieſe Regelung einſtimmig getroffen hat und daß auch die Freunde des Herrn Katzenſtein an ihr mitgewirkt haben (Hört! hört!) und gegen dieſe Form der Regelung gar nichts ein⸗ zuwenden hatten. Die allgemeinen Erwägungen, die Herr Katzenſtein anſtellt, ſind nach meinem Dafür⸗ halten abſolut verfehlt. In einem Augenelick, wo den Kommunen ein Riſikogeſchäft auf einem Gebiete über⸗ tragen wird, das ſie noch niemals bisher bearbeitet haben, iſt es durchaus Pflicht der Gemeinden, ſich nach Möglichkeit zu entlaſtan, und deshalb begründet, wenn dies durch das Engagement eines abſolut ſachverſtän⸗ digen bekannten und ſolventen Mannes geſchieht, der möglichſt das Riſtko der Stadtgemeinde abnimmt, (Sehr richtig! bei den Liberalen) wozu er kraft ſeines Sachverſtärdniſſes in der Lage iſt. Wir ſind keine Mehlſachverſtändigen, wir mußten uns alſo eines Mehlſachverſtändigen bedienen, der, mit voller Verantwortung belaſtet, die Diligenz prä⸗ ſtierte, die wir im Intereſſe der Sache hier aufgewendet ſehen wollten. 93 Meine Herren, ich entnehme aus den mir ſoeben vorgelegten Akten, daß 61 582 Sack Roggen⸗ und Weizenmehl von Herrn Baumann umgeſetzt worden ſind, daß es ſich alſo um ein Millionengeſchäft handelt urd daß bei dieſem Millionengeſchäfßt summa summarum etwa ein Betrag von 27 000 ℳd“) für die Kommiſſion gezahlt worden iſt. Aus dieſem Be⸗ trage hatte Herr Baumann aber die ihm obliegenden Unkoſten zu decken, das Riſiko der ordnungsmäßigen Speicherung zu tragen und gleichzeitig ſeine eigene Arbeitskraft aufzuwenden, auch war er verpflichtet, das eigene Geſchäft aufzugeben. Daß das, was wir ihm damals bewilligt haben, durchaus angemeſſen und im Hinblick auf den Millionenumſatz kein übermäßiger Verdienſt war, iſt uns von Sachverſtändigen beſtätigt worden. Daher halte ich ſchon die bedingte Anzweif⸗ lung der Angemeſſenheit dieſer 50 Pf. für verfehlt und bedauerlich. Ich möchte noch einmal feſtſtellen, daß aus der Tatſache, daß wir jetzt dieſe Regelung anders getroffen haben, keinerlei Schlüſſe auf die Angemeſſen⸗ heit der früheren Regelung gezogen werden können. Stadtv. Katzenſtein: Wir haben ja nun dieſe ſpeziellere Aufklärung, um die es mir zu tun war, er⸗ halten. In bezug auf die Beurteilung der ganzen Sache habe ich mich allerdings nicht überzeugen laſſen können, da ich der Meinung bin, daß auch ein Ver⸗ trauensmann der Stadt, der nicht Gewinn und Ver⸗ luſt dabei riskiert, in gewiſſenhafter Weiſe ſolche Ge⸗ ſchäfte erledigen kann. Im übrigen erkläre ich mich durch die erhaltene Auskunft für befriedigt. Vorſteher Dr Frentzel: Das Wort iſt nicht weiter verlangt. Ich ſtelle feſt, daß die Verſammlung von der Mitteilung des Magiſtrats Kenntnis genommen hat. Wir kommen zu Punkt 7: Mitteilung betr. Kriegsfamilienunterſtützungen und Mietbeihilfen. — Druckſache 125. (Die Verſammlung nimmt zuſtimmend Kennt⸗ nis.) Punkt 8 der Tagesordnung: Vorlage betr. Regelung des Dienſteinkommens der im Kriegsdienſt befindlichen ſtädtiſchen Privatdienſtver⸗ pflichteten und Stadtarbeiter. — Druckſache 126. Stadtv. Wilk: Meine Herren! Wir haben gegen die Vorlage ſelbſt nichts einzuwenden. Ich möchte aber bei der Gelegenheit dem Wunſche Ausdruck geben, daß uns der Magiſtrat in allernächſter Zeit eine Vor⸗ lage unterbreite, die ſich mit der Regelung des Dienſt⸗ einkommens der nicht im Kriegsdienſt befinolichen ſtädtiſchen Angeſtellten und Privatdienſtverpflichteten befaßt. Die Gehälter und Löhne der hieſigen Stadt⸗ arbeiter ſind bekanntlich durch den Normaletat feſt e⸗ legt, der jedoch den heutigen Teuerungsverhältniſſen keineswegs mehr Rechnung trägt. Wir haben im An⸗ fange dieſes Jahres ſchon inſofern Vorſorge getroffen, als wir eine Teurungszulage gewährten, die aber nur eine Beihilfe vom nicht einmal 10 Pf. täglich darſtellt. Das iſt ſelbſtverſtändlich unter den heutigen Verhält⸗ niſſen außeromdentlich wenig. Sie alle wiſſen ja aus ) Die Zahl iſt irrig aus einer nicht maßgebenden . entnommen. Tatſächlich ſind 61 582 50 % an ommiſſionsunkoſten brutto entſtanden. Dr. Maier.