108 allernächſter Zeit durch die viel wichtigere Aufgabe der Fleiſchbeſchaffung abgelöſt werden wird. Herr Kollege Meyer hat vorher ſchon in ſeinen Ausführungen die foloſſale Steigerung der Preiſe geſtreift. Wenn Sie die letzten Notierungen der Berliner Lebensmittel⸗ preiſe betrachten, ſo finden Sie Preisſteigerungen für Fleiſch ſeit dem vorigen Jahre, die über 50 bis 100% und darüber hinausgehen. ſchwierige Aufgabe nicht löſen. ſtarken Hand des Reiches. Ferner beunruhigt die großſtädtiſche Bevölke⸗ rung die Ungewißheit über etwaige Vorräte von But⸗ ter, Fett u. dergl. Es geht das Gerücht, daß jolche noch in Magazinen aufgeſpeichert ſeien. Es ſoll alſo das Spekulantentum ſich der Sache angenommen haben, es ſollen Vorräte vorhanden ſein. Ucber dieſe Dazu bedarf es der Dinge herrſcht keine Klarheit. Sicherlich wird es nötig ſein, daß nicht nur das Reich prüft, ſondern jede Stadt Beſtandsaufnahmen anordnet, um zu wiſſen, ob Vor⸗ räte da ſind, die etwa noch zurückgehalten werden, und ferner feſtſtellt, in welchem Umfange die Produktion in der Lage iſt, die Nachfrage zu befriedigen. Des weiteren müſſen wir fragen, ob denn die großſtädtiſche Bevölkerung machtlos der jetzigen ſort⸗ geſetzten unerhörten Verteuerung von Lebensmitteln gegenüberſteht. Meine Herren, die großſtädtiſche Be⸗ völkerung iſt gewiß genan ſo wie die Bevölkerung auf dem Lande ihrer Pflichten dem Vaterlande gegenüber bewußt. Wenn das Wort: wir ſollen durchhalten, wir wollen durchhalten, nicht zur Phraſe werden ſoll, ſo werden alle Bevölkerungsſchichten, auch die großſtädtiſchen, ihre Opferwilligkeit zeigen müſſen. Sie haben ſie bisher gezeigt, und ſie haben in Geduld bis jetzt dieſe ſchwere Zeit ertragen. Aber was die großſtädtiſche Bevölkerung verlangen kann, das iſt dieſes: Erſtens Klarheit über die Marktlage. Man muß wiſſen, in welcher Weiſe der Zwiſchenhandel auf den Preis gewirkt hat. Es muß darüber Klarheit ge⸗ ſchaffen werden, in welchen Mengen und zu welchen Preiſen die Landwirtſchaft ihre Produkte abgibt. Den Gefahren kann man am beſten entgegentreten, wenn man ſie in ihren Einzelheiten durchſchaut. Das iſt jetzt noch nicht der Fall. Zweitens kann die großſtädtiſche Bevölkerung nerlangen, daß der Landwirtſchaft nicht ein ungebühr⸗ licher Nutzen zugeführt wird. (Sehr richtig!) Meine Herren, es iſt eine Tatſache, daß durch die Monopoliſierung des Kornverkaufs, des Mehlver⸗ kaufs und des Brotes die Landwirtſchaft eine zum mindeſten geſagt auskömmliche Einnahme hat. Die Höchſtpreiſe, die der Landwirtſchaft für Korn für die jetzige Ernte bewilligt worden ſind, ſind weſentlich höher, als ſie ſeit einem Menſchenalter waren. Sehr richtig!) Die großſtädtiſche Bevölkerung wird der Landwirt⸗ ſchaft einen angemeſſenen Nutzen gönnen, denn auf dem Gedeihen der Landwirtſchaft beruht das geſamte wirtſchaftliche Leben des Staates. die Höhe der Getreidepreiſe notwendig und bedingt ſei durch die hohen Futtermittelpreiſe, mag, wie ich zu⸗ geben will, zutreffend ſein. Aber dann darf man nicht noch einmal dieſen Grund für die Erhöhung der an⸗ deren Produkte der Landwirtſchaft ins Feld führen, für die Produkte der Viehzucht. Zweimal möge man mit dieſem Grunde nicht kommen. Ich bin der An⸗ Die Städte können dieſe Der Grund, daß Sitzung am 20. Oktober 1915 ſicht, daß gerade im Hinblick auf die drohende Gefahr der weiteren Verteuerung auch des Fleiſches die Reichs⸗ regierung die Pflicht hat, der Landwirtſchaft gegen⸗ die großſtädtiſche Bevölkerung in Schutz zu nehmen. (Bravo!) Meine Herren, der Zweck unſeres Antrags iſt der, den Magiſtrat um Auskunft zu bitten, was er in die⸗ ſer Richtung bisher getan hat und was er jetzt und in der allernächſten Zeit im Hinblick auf dieſe Gefahren zu tun gedenkt. (Lebhaftes Bravo.) Stadtv. Dr. Hubatſch: Wir ſtimmen den Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Wöllmer vollkommen zu und werden alle für den Antrag ſtimmen, einen Ausſchuß einzuſetzen. Bürgermeiſter Dr Maier: Meine Herren! Dem Antrage des Herrn Stadtv. Wöllmer und ſeiner Freunde, der ſa jetzt von Herrn Stadtv. Hubatſch für ſeine Freunde aufgenommen worden iſt, auf Ein⸗ ſetzung eines Ausſchuſſes, kann der Magiſtrat nur zu⸗ ſtimmen. Allerdings möchte ich betonen, daß nicht erſt der Ausſchuß etwa in Charlottenburg die ernſten Fragen, die heute alle Gemüter bewegen, zur Er⸗ örterung ſtellen ſoll, ſondern daß die von den Ge⸗ meindekörperſchaften eingeſetzte gemiſchte Deputation, die ſich mit den Maßnahmen gegen die Lebensmittel⸗ teuerung ſeit langem beſchäftigt, ſich eingehend und immer wieder die Frage vorlegt: wie und auf wel⸗ chem Wege kann man der Bevölkerung beiſtehen, um ſie vor Notſtänden, wie ſie gegenwärtig teilweiſe vor⸗ handen ſind, zu bewahren. Ié länger, je mehr erkennen wir aus der Praxis, daß alle Maßnahmen, die getroffen werden, Stück⸗ maßnahmen bleiben, ſolange die einzelnen Kom⸗ munen allein ſich an dieſen Dingen verſuchen. (Sehr nichtig!) Mehr denn je tritt die Einheit des Wirtſchaftsgebiets des Deutſchen Reiches jetzt während des Krieges in klarer Weiſe vor unſere Augen. Wir erkennen auf der einen Seite die Produktionsfähigkeit dieſes Wirt⸗ ſchaftsgebietes und auf der andern die Notwendig⸗ keit zur Einfuhr in dieſes Gebiet. Es liegt auf der Hand, daß, ſoweit Produkte innerhalb dieſes Wirt⸗ ſchaftsgebietes nicht hinreichend erzeugt werden, die uns auch von außerhalb nicht mehr oden in unzu⸗ reichendem Maße zugeführt werden, es ein Kampf aller gegen alle ſein würde, wenn es die Kommunen als ihre Aufgabe betrachten würden, mit Rückſichts⸗ loſigkeit ſich auf dieſe Erzeugniſſe zu ſtürzen, um ſie ihren Bevölkerung zu ſichern. (Sehr richtig!) Diejenigen Kommunen, die den größten Geldbentel haben, würden ſchließlich die minderbemittelten Kom⸗ munen zurückdrängen, durch die Konkurrenz die Preiſe ins Ungeheuerliche ſteigern und den Wirt⸗ ſchaftsmarkt zu einem Chaos, zu einer Anarchie führen. Deswegen muß nach meinem Dafürhalten in allen den Fällen, wo die Produktion des Landes knapp iſt, das Reich eingreifen, um durch geeignete