114 gefordert wird, ſo daß mir die Anſicht des Herrn Stadtrats Dr Gottſtein, daß die Gewinne des Klein⸗ handels auf dieſem Gebiete nicht als übermäßig an⸗ geſehen werden können, nicht begründet erſcheint. Ebenſo haben wir noch andere Dinge, von denen etwas zu beziehen heute noch außerordentlich wertwvoll iſt. Es muß aber, wie der Herr Bürgermeiſter mit Recht geſagt hat, darauf hingewirkt werden, daß dieſe Be⸗ darfsverſorgung zentraliſiert wird. Die Gemeinde muß hier nach Möglichkeit eingreifen, wenn auch die Preiſe hoch ſind; ſie werden vorausſichtlich noch höher werden. Weiterhin iſt es notwendig, daß wir überall den Grundſatz des Verkaufs zum bloßen Koſtenpreiſe durchführen. Ich weiß ſehr wohl, daß es nicht in der Abſicht der Gemeinde liegt, hier irgendwelche Profite zu erzielen; aber wir müſſen auch den Grundſatz auf⸗ ſtellen, daß ein Ausfall, der auf irgendeinem Gebiete wider Erwarten durch beſondere Umſtände eingetreten iſt, als ein Teil der Kriegskoſten der Gemeinde ge⸗ tragen werden muß, wie das bereits in anderen Städten geſchieht, daß er nicht aus anderen notwendi⸗ gen Lebensmitteln gedeckt werden darf. Wir wollen deshalb den Grundſatz des Verkaufs zum Koſten⸗ preiſe für die einzelnen Verkaufsgegenſtände an⸗ erkannt wiſſen; wir wollen nicht, daß irgendein Defizit auf der andern Seite durch Ueberpreiſe aus⸗ geglichen wird. Schließlich halten wir es für notwendig, daß für die minderbemittelte Bevölkerung mehr, als es bisher geſchehen iſt, eine beſondere Rückſicht⸗ nahme obwaltet. Es handelt ſich hier nicht nur darum, daß dort die Not im allgemeinen größer iſt, ſondern wir wiſſen auch, daß es in ſehr vielen Fällen den Beſſerbemittelten, die beſſere Kunden der Liefe⸗ ranten ſind, möglich iſt, ſich überhaupt noch mit Lebensmitteln zu verſorgen, wo die Minderbemittel⸗ ten dazu gar nicht mehr in der Lage ſind. Wir haben ja erfahren — es iſt bereits von Herrn Kollegen Wöllmer darauf hingewieſen worden „ daß die Mei⸗ nung vorhanden iſt — und ich weiß das auch —, daß da und dort ſelbſt beim ſtädtiſchen Fleiſchverkauf eine Bevorzugung ſtattfindet. Das kann die Gemeinde nicht unter allen Umſtänden verhüten; ich bin über⸗ zeugt, daß ſie alles tun wird, um dem entgegenzu⸗ wirken. Aber wenn das bei einem ſolchen gemein⸗ nützigen Verkauf vorkommen kann, dann iſt es ſelbſt⸗ verſtändlich, daß es im allgemeinen (GGeſchäftsverkehr noch viel mehr der Fall iſt, daß die guten und alten Kunden in ganz anderer Weiſe berückſichtigt werden als diejenigen, die in der Zeit der Not vielleicht nur ganz kleine Beträge abnehmen können. Deshalb iſt es notwendig, daß man in der gleichen Weiſe, wie es bei der Brotverſorgung ge⸗ ſchehen iſt, auf dem Gebiete aller wichtigen und not⸗ wendigen Lebensmittel vorgeht. Die Einführung der Milchmarken begrüßen wir, die Einführung der Speckmarken für den ſtädtiſchen Verkauf iſt ebenfalls ein Fortſchritt; nur meine ich im Gegenſatz zu den Ausführungen des Herrn Stadtrats, daß doch das Syſtem der numerierten Marken den Vorzug verdient. Ich betrachte den jetzigen Zuſtand, bei dem die Frauen genötigt ſind, 6 bis 7 Stunden auf der Straße zu ſtehen, in einer Zeit, wo ſich die Witte⸗ rung ſtändig verſchlechtert und wir in Kürze mit größerer Kälte und ſtärkeren Regengüſſen rechnen müſſen, für unhaltbar; da muß Abhilfe geſchaffen] werden. Aber, wie geſagt, das ſind einzelne Fragen, über die wir uns im Ausſchuß unterhalten können. Ich möchte nur noch das eine bemerken: 2 weiter beſtehen. e itung am 24). Ottober 1915 Es iſt in weiteſten Kreiſen die Ueberzengung vorhanden, aß wir dieſenigen Opfer, die nun ein⸗ mal mit dem Kriegszuſtande verbunden ſind, hin⸗ nehmen müſſen; es kann der einzelne nicht aus der Reihe herausſpringen, und die Maſſe kann es auch⸗ nicht. Wir ſind weit davon entfernt, uns etwa durch die wirtſchaftlichen Zwangsmaßregeln unſerer Gegner niederdrücken zu laſſen; aber es muß auch die Er⸗ kenntnis vorhanden ſein, daß nur die notwendi⸗ gen Beſchränkungen ertragen werden müſſen, nicht Beſchränkungen, die durch wucheriſche Maßnahmen beſtimmter Kreiſe herbeigeführt werden. Jetzt, wo die große Maſſe genötigt iſt, ſich ſolche Beſchränkungen aufzuerlegen und derartige Opfer zu bringen, müſſen wir davor behüter werden, daß nicht kleine Gruppen von Produzenten und Händlern ganz unverhältnis⸗ mäßige und im höchſten Grade unſittliche Ge⸗ winne erzielen. (Sehr richtig!) Ich habe einmal ein Wort gehört, das mir ſehr zu denken gab; es hieß: Der Aushungerungsplan der Engländer iſt mißglückt, aber der Aushungerungs⸗ plan beſtimmter Kreiſe unſerer eigenen Patrioten iſt gelungen. (Sehr richtig!) Meine Herren, derartige Dinge dürfen nicht Wenn die ganze Sache nur vom parteipolitiſchen Standpunkte aus zu betrachten wäre, könnte ich mich in gewiſſem Sinne, ich will nicht ſagen, darüber freuen, aber beruhigt ſein; denn dieſe Dinge müſſen in einem Sinne agitieren, wie wir uns das nur wünſchen können. Wir denken aber nicht an die Intereſſen der Partei, ſondern an die Lebens⸗ intereſſen der Geſamtheit und daran, daß wir für die Zukunft ſorgen müſſen. Den Krieg werden wir durch⸗ halten, aber wie wir aus dem Kriege herauskommen werden, iſt die Frage. Wie die Folgen dieſer Zu⸗ ſtände für die nächſte Generation ſein werden, wie ſich in der nächſten Generation das Schickſal der deut⸗ ſchen Bevölkerung geſtalten wird, das wird zum großen Teil von unſerer Wirtſchaftspolitik während des Krieges abhängen, und ich hoffe nochmals, daß unſere Gemeindevertretung hier mit aller Entſchieden⸗ heit die notwendigen Maßregeln ergreift. (Bravo Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Katzen⸗ ſtein, Sie haben zwar nicht ausdrücklich den Antrag auf Ausſchußberatung geſtellt, ihr aber in Ihren Ausführungen als ſelbſtverſtändlich zugeſtimmt. Dann darf ich annehmen, daß Sie auch für den An⸗ trag Nr. 2 eine Ausſchußberatung, wie ſie für den Antrag Nr. 1 vorgeſchlagen iſt, beantragen wollen. (Zuſtimmung.) Nunmehr kommen wir zum letzten Antrage, nämlich dem 45