1 Noch am Tage der Mobilmachung, am 1. Auguſt 1914, reiſten Sie von uns ab zu Ihrer Truppe, um ſehr bald darauf mit Ihrem Regiment an den hefti⸗ 2e und glorreichen und erfolgreichen Kämpfen jenes riegsmonats beteiligt zu werden. Kaum von Ihrer Verwundung geneſen, gingen Sie wieder zu Ihrem Regiment zurück, um dann ſeit vor etwa Jahresfriſt bis vor kurzem im erſter Linie in ſteter Berührung mit dem Feinde Ihren Pflichten als Bataillonskom⸗ mandeur zu genügen. Für Ihre ausgezeichneten Leiſtungen, für die Umſicht, mit der Sie Ihr Ba⸗ taiſlon geführt haben, ſind Sie, verehrter Herr Ober bürgermeiſter, mit dem Eiſernen Kreuz erſter Klaſſe ausgezeichnet worden. Und wenn jetzt, wie ich weiß. gegen Ihren Wunſch und Willen eine glücklicherweiſe leichte Krankheit und die Sorge und die Rückſicht auf Ihren Geſundheitszuſtand Sie zwingt, den Soldaten⸗ rock auszuziehen, ſo freuen wir uns doch über dies Er⸗ eignis und hegen die Hoffnung, daß der weitere Ver⸗ lauf der Kriegsereigniſſe es ermöglichen wird, daß Sie dauernd hier in unſerer Mitte weilen und an den Arbeiten unſerer Stadt teilnehmen. (Allſeitiges Bravo.) Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Meine ſehr ver⸗ ehrten Herren! Die heutige Zeit iſt nicht zum Reden geeignet, ſondern zum Handeln. Wäre es umgekehrt, ſo würden vorausſichtlich unſere Feinde längſt auf militäriſchem und auf wirtſchaftlichem Gebiete geſiegt haben, denn im Reden ſind ſie uns zweifellos über, (Heiterkeit.) und nicht wir würden geſiegt haben, die wir ihnen im Handeln überlegen ſind. Aus dieſem Grunde rechne ich auf Ihre Zuſtimmung, wenn ich nur ganz kurz, aber um ſo heralicher, Ihnen, hochverehrter Herr Vor⸗ ſteher, für die liebenswürdigen Worte danke, die Sie an mich zu richten die Güte batten, und Ihnen, meine verehrten Herren, für den Beifall, den Sie dieſen Worten haben zuteil werden laſſen. Der warme Emp⸗ fang, den Sie mir hier in dieſem Kreiſe bereitet haben. macht mich ſofort auf dem alten Boden wieder hei⸗ miſch, und aus dieſem Gefühl der Zuſammengehörig⸗ keit heraus bitte ich Sie, mit Ihnen eintreten zu dürfen in die gemeinſchaftliche Arbeit zum Wohle unſerer ſchönen Stadt. (Lebhaftes Bravo Vorſteher Dr. Frentzel: Nun hat noch vor Ein⸗ tritt in die Tagesordnung Herr Kollege Guttmann das Wort erbeten. Stadtv. Guttmann: Meine ſehr geehrten Herren! Ich werde mir die Mahnung des Herrn Oberbürger⸗ meiſters, daß jetzt nicht Zeit zum Reden iſt, hinter die Ohren ſchreiben und will nur einine Worte zu Ihnen chen. Der Magiſtrat und die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung haben durch ihre berufenen Vertreter mir anläßlich meines am 1. November ſtattaehabten 70. Geburtstages ihre Glückwünſche bekundet, und es drängt mich, dafür an dieſer Stelle meinen herzlichen und ergebenſten Dank auszuſprechen. Es ſind mir überdies aus den Kreiſen der ſtädtiſchen Verwaltun in großer Zahl herzliche und freundſchaftliche Glück⸗ wünſche, reiche Blumenſpenden und ſonſtige ſinniae Aufmerkſamkeiten zuteil geworden, die mich mit Sitzung am 3. November 1915 großer Freude erfüllt haben. Aus beredtem Munde iſt meinem beſcheidenen Wirken im ſtädtiſchen Dienſte eine Anerkennung ausaeſprochen worden, die mir nicht verdient erſcheint. Aber alle dieſe Kundgebungen haben mih mit herzlichem Danke und mit innerer Freude erfüllt. Ich ſtimme mit meinem hochgeehrten Vorgänger auf dem Wege ins 71. Lebensjahr, Herrn Geheimrat Dr Hubatſch, überein, daß es ſich nicht empfiehlt, in ſo hohen Jahren Verſprechungen zu machen, wie er es jüngſt hier ausgeſprochen hat. Aber ich darf es ſagen, daß die Beweiſe von Vertrauen und Ireundſchaft, die ich erhalten habe, mich aneifern wer⸗ den, mein beſcheidenes Können und Wiſſen, ſolange meine geiſtigen und körperlichen Kräfte es geſtatten, auch fernerhin mit Liebe, Treue und Hingebung in 20 Dienſt unſerer lieben Stadt Charlottenburg zu ſtellen. (Lelhaftes Bravo.) Vorſteher Dr. Irentzel: Wir treten in die Tages⸗ ordnung ein. Punkt 1: Mitteilung betr. Jahresabſchluß für 1914. Druck⸗ ſache 152. (Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 2: Mitteilung betr. Vermögens⸗ und Schuldlagerbuci) nach dem Abſchluſſe am 31. März 1915. — Duck⸗ ſache 153. (Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 3: Mitteilung betr. Kriegsfamilienunterſtützungen. Druckſache 154. Sladtv. Katzenſtein: Meine Herren! Obwohl uns bekannt iſt, daß dieſe Vorlage auf einem Kom⸗ promiß beruht, haben wir trotzdem den Abänderungs⸗ untrag geſtellt, die Unterſtützung für Kinder ohn⸗ Unterſchied auf je 12 ℳ monatlich zu bemeſſen. Es Zeſchicht das aus der Erwägung, daß bei den jetzigen Lebensmittelpreiſen die von uns gewährten Unter⸗ ſtützungen unzureichend ſind. Wir haben bloß den Satz für Kinder zu erhöhen beantragt, weil die an ſich begrüßenswerte Erhöhung des nicht anzurechnenden Arbeitseinkommens auf 40 ℳ natürlich in erſter Linie den kinderloſen Frauen oder den Müttern mit weniger Kindern zugute kommen wird, während Frauen mit größerer Kinderzahl nicht imſtande ſein werden, ohne die Kinder verwahrloſen zu laſſen, ſich der Erwerbsarbeit zu widmen. Wenn man vielfach der Meinung iſt, daß ſich mit der wachſenden Kinder⸗ zahl der Haushalt verbillige, ſo trifft das in einer Hinſicht wohl zu, in anderer aber nicht. Denn bei einer größeren Zahl von Kindern werden immer einige ältere Kinder dabei ſein, die bekanntlich ſtarke Eſſer ſind und für ſich mehr gebrauchen als die Mutter. Aus dieſen Gründen ſcheint es mir nur der Billigkeit zu entſprechen, wenn wir den unzureichen⸗ den Satz von 11 ℳ, 9 ℳ uſw. durchgehends auf 12 % erhöhen. Die finanzielle Wirkung wird ja natürlich zu verſpüren ſein, aber ſie wird doch⸗nicht ſo groß ſein, wie man fürchten könnte; denn die Zahl der kinder⸗ reichen Familien iſt beſchränkt. 1