Sitzung am 3. Ich möchte alſo die Herren bitten, in dieſem Punkte über das Kompromiß hinauszugehen und unſerm Antrage ſtattzugeben. Vorſteher Dr. Frentzel: Herr Kollege Katzenſtein, Sie ſprachen von einem Antrage. Ich muß Sie dar⸗ auf aufmerkſam machen, daß bis zur Stunde ein An⸗ trag hier nicht vorliegt. (Stadtv. Katzenſtein: Dann werde ich ihn niederſchreiben!) — Ich kann ihn auch ohne Niederſchrift zur Ab⸗ ſtimmung bringen, wenn Sie ihn nur formulieren wollen. Sie beantragen alſo zu Punkt 3, daß für jeves Kind 12 ℳ gewährt werden ſollen? (Zuſtimmung des Stadtv. Katzenſtein.) 05 können wir von der ſchriftlichen Faſſung ab⸗ ſehen. Stadto. Otto: Meine Herren! Wie der Herr Kollege Katzenſtein ſelbſt hervorgehoben hat, iſt die heutige Vorlage ein Kompromiß, Sehr richtig!) und ich muß im Namen meiner Freunde ausſprechen, daß wir aufs peinlichſte davon überraſcht ſind, daß dieſes Kompromiß nicht gehalten wird. (Sehr richtig!) Sachlich will ich nur bemerken, daß gerade Freunde des Herrn Kollegen Katzenſtein nicht nur dieſer Vor⸗ lage zugeſtimmt haben, ſondern daß ſie ihnen zum Teil zu weit⸗ gegangen iſt. Aus dieſen Gründen wer⸗ den wir entſchieden gegen den Antrag des Herrn Kol⸗ legen Katzenſtein ſtimmen, und müſſen für die Zu⸗ kunft uns überlegen, ob wir noch in ſolchen wichtigen Fragen mit den Kollegen des Herrn Katzenſtein und mit ihm ſelbſt Kompromiſſe ſchließen. (Sehr richtig!) Stadtv. Katzenſtein: Meine Herren! Ich bin etwas erſtaunt über die Entrüſtung, mit der Herr Kol⸗ lege Otto dieſe Frage behandelt. Wenn eine Fraktion Vertreter in dieſen Ausſchuß entſendet, ſo ſind das Leute ihres Vertrauens; aber ſie begibt ſich damit doch nicht des Rechtes, die Dinge nachzuprüfen und gegebenenfalls einen anderen Standpunkt einzuneh⸗ men. Aus rein ſachlichen Erwägungen ſind wir dazu gekommen, dieſe Erhöhung zu beantragen, und ich möchte die Herren bitten, ohne Rückſicht auf formelle Vorausſetzungen aus den angeführten ſachlichen Grün⸗ den unſerm Antrage zuzuſtimmen. Stadtv. Rieſenberg: Ich kann mich im Namen meiner Freunde nur dem anſchließen, was Herr Kol⸗ lege Otto geſagt hat. Wir waren aufs peinlichſte über⸗ raſcht, als wir dieſen Antrag zu Geſicht bekamen. Man muß dabei berückſichtigen, daß hier nicht ein Ausſchuß vorberaten hat, ſondern daß eine gemiſchte Kom⸗ miſſion, Vertreter des Magiſtrats und der Stadtver⸗ oronetenverſammlung, ſich in langwierigen Verhand⸗ lungen auf ein Kompromiß geeinigt hat. Dieſes Kompromiß, glaubten wir, müßte unter allen Um⸗ ſtänden gehalten werden, wenn man bedenkt, daß doch November 1915 119 vielleicht nur 10 Stadtverordnete, im aünſtigſten Falle 12, die hier vorliegenden Verhältniſſe ganz und voll beherrſchen. Wer nicht in den Unterſtützungs⸗ kommiſſionen mitgearbeitet hat, kann einem derarti⸗ gen Antrage nicht ohne weiteres ſeine Zuſtimmung geben, es ſei denn, daß der Antrag in einer Ausſchuß⸗ ſitzung noch einmal beraten würde; dann hätte jeder das Recht, zu ſagen, ich ſtimme ſo oder ſo. Wenn wir leute 10end mit einem derartigen Antrag überraſcht werden — anders kann ich es nicht nennen —, ſo iſt nicht zu verwundern, daß wir nicht in der Lage ſind, dieſem Antrage zuzuſtimmen. Es wäre etwas anderes, wenn die ſozialdemokratiſche Fraktion den Antrag geſtellt hätte, die ganze Angelegenheit einem Ausſchuſſe zu überweiſen. Wir wären dann wohl be⸗ reit geweſen, die Frage noch einmal zu prüfen, und wir wären dann vielleicht zu einem Reſultat gekom⸗ men, daß dem Antrage entſpricht. Aber uns heute vor die Frage zu ſtellen: entweder ja oder nein, — das wird man uns nicht zumuten können. Meine Freunde lehnen es deswegen ab, dieſem Antrage zuzuſtimmen. (Bravo!) Stadtv. Dr. Hubatſch: Ich möchte auch die Er⸗ klärung abgeben, daß wir bei dem Kompromiß bleiben und nicht darüber hinausgehen wollen. Stadtv. Gebert: Meine Herrenl Ich gebe ohne weiteres zu, daß es in manchen Fällen unangenehm iſt, wenn geſchloſſene Kompromiſſe durchbrochen wer⸗ den. Ich gebe auch zu, daß es Ihnen vielleicht unan⸗ genehm iſt, jetzt zu hören, daß ein derartiger Antrag von unſerer Seite geſtellt wird. Wir ſind aber von dem Empfinden geleitet worden, daß die durch das Kompromiß geſchaffene Grundlage nicht das bietet, was Sie alle wollen. Sie wollen doch ebenfalls die Unterſtützung ſo geſtalten, daß die Krienerfranen und Einwohner Charlottenburgs die teure Zeit überſtehen. Sie wollen genau ſo wie wir, daß die drückenden Verhältniſſe nicht Zuſtände hervorrufen, die uns eines guten Tages bitterböſe Vorwürfe eintragen. Alles das wollen Sie, und auf Grund deſſen, glaube ich, können wir heute ohne weiteres über das ge⸗ ſchloſſene Kompromiß hinweggehen. Wir ſind alle ohne Unterſchied davon überzeugt, daß wir den in Betracht kommenden Kriegerfrauen helfen müſſen, über die unglückliche Zeit hinwegzukommen. Mit Rückſicht darauf ſollten wir alle Formalitäten bei Seite werfen und uns die Frage vorlegen, ohne erſt einem Ausſchuß die Angelegenheit zu überweiſen: können wir es machen oder nicht. Ich ſtehe auf dem Standpunkt, meine Herren, daß wir es machen kön⸗ nen. Wir können hier einen Schritt weiter gehen, als der Ausſchuß ſeinerzeit beſchloſſen hat. Sollte aber dieſe Frage wieder vertagt werden, dann wird der Sturm, der bereitsbei der letzten Aus⸗ zahlung in einzelnen Unterſtützungskommiſſionen ſich abgeſpielt hat, geradezu Wellen ſchlagen. Im In⸗ tereſſe unſerer Stadt, im Intereſſe unſerer Bevölke⸗ rung bitte ich Sie, von dieſer Formalität Abſtand zu nehmen und unſern Antrag anzunehmen. (Der Antrag des Stadtv. Katzenſtein, für jedes Kind 12 %ℳ Unterſtützung zu gewähren, wird abgelehnt. Die Verſammlung nimmt darauf einſtimmig von der Mitteilung des Magiſtrats zuſtimmend Kenntnis.) Vorſteher Dr Frentzel: Punkt 4 der Tages⸗ ordnung: ,