154 IIch richte deshalb die dringende Bitte an Sie, beſonders an den Magiſtrat, doch endlich dafür zu ſorgen, daß in dieſer Frage Ernſt gemacht wird. Es handelt ſich hier ganz beſonders um unſere minder⸗ bemittelte Bevölkerung. Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Wilk, Sie haben bei der Kritik der Maßnahmen der Reichsre⸗ gierung den Ausdruck jammervoll gebraucht, der nach meiner Auffaſſung das Maß der Kritik, die Ihnen zuſteht, überſchreitet. Ich muß dieſen Ausdruck des⸗ wegen rügen. Oberbürgermeiſter Dr. Scholz: Ich will dem Herrn Vorredner in ſeiner Kririk der Reichsregie⸗ rung nicht folgen; ich halte es im Gegenteil für äu⸗ ßerſt erwünſcht, daß man die Lebensmittelfragen in vollſter Ruhe gegenüber der Orffentlichkeit verhandelt, (Stadtverordneter Wilk: Da ſoll man noch Ruhe bewahren!) weil wir alle überzeugt ſein werden, daß gerade in dieſen Fragen das pſychologiſche Moment eine nicht unweſentliche Rolle ſpielt und weil es auf die geſamte Bevölkerung, die wir zu vertreten berufen ſind, nur beruhigend wirken kann, wenn ſich die Ausſprache darüber in voller Ruhe und im Einverſtändnis beider Körperſchaften, wie das bisher geweſen iſt, vollzieht. (Bravo!) Meine Herren, ſelbſtverſtändlich hat der Magi⸗ ſtrat auch ſeine Augen, und ſelbſtverſtändlich ſehen und bedauern auch wir dieſe Anſammlungen, die ſich jetzt täglich vor den Butterläden zeigen, aufs herz⸗ lichſte. Aber ehe man irgend einen Sprung ins Dunkle riskiert, den ja der Herr Vorredner offenbar empfehlen zu wollen ſcheint, muß man ſich doch über⸗ legen, ob die Mittel, die man ergretft, auch wirklich zum Ziele führen. In erſter Linie kommt es doch ſchließlich bei allen Lebensmittelfragen darauf an, daß Lebensmittel in einigermaßen zureichender Weiſe beſchafft werden. (Sehr richtig!) Erſt in zweiter Linie kommt die Frage der Ver⸗ teilung, guf die allerdings der Herr Vorredner, glaube ich, alle in eingegangen iſt. Nach meinem Gefühl wäre es richtiger geweſen, zunächſt die Frage zu ſtellen: iſt es möglich, für eine einigermaßen zurei⸗ chende Lebensmittelzufuhr zu uns bzw. nach dem Stadtbezirk Charlottenburg überhaupt zu ſorgen. Nun, meine Herren, die Anfrage bezieht ſich auf Butter und auf Fleiſch. Nach beiden Richtungen hin bin ich, wenn es mir auch nicht möglich iſt, hier alle Zweifel und alle Anſtände zu beſeitigen, doch in der Lage, Ihnen gewiſſe beruhigende Mitteilungen zu machen. Als ich Ihnen das letzte Mal in der Stadt⸗ verordnetenverſammlung ſagte, daß entſcheidende Verhandlungen in Berlin über die Butterfrage ſchwebten, bezog ſich das darauf, daß damals die Ver⸗ ordnung beraten wurde, die inzwiſchen zu Ihrer aller Kenntnis gekommen iſt, die das Verhältnis zwiſchen der Auslandsbutter und der Inlandsbutter regelt und die den Zweck hot, einen erhöhten Zuſtrom der Ware nach Groß⸗Berlin herbeizuführen. Dieſe Ver⸗ ordnung iſt gleichmäßig für alle Groß⸗Berliner Ge⸗ Sitzung am 22. Dezember 1915 meinden, die ſich dem Abkommen angeſchloſſen hatten. in Kraft getreten. Vorausſichtlich wird nach einer geſtern erfolgten Beſprechung der Kreis dieſer Ge⸗ meinden noch ausgedehnt werden. Dieſe Verordnung und die vorher gepflogenen Verhandlungen haben auch bereits den erfreulichen Erfolg gezeigt, daß die Zufuhr von ausländiſcher und bis zu einem gewiſſen Grade auch von inländiſcher Butter verſtärkt worden iſt. Wir können in dieſer Weihnachtswoche mit einer Zufuhr von ausländiſcher Butter rechnen, die ſich ungefähr in dem Rahmen des gewöhnlichen Friedenszuſtandes hält, allerdings, wohl gemerkt, natürlich nicht des Friedenszuſtandes gerade in der Weihnachtswoche, die früher wegen der Kuchenbäckerei uſw. einen erhöhten Bedarf an Butter verlangt hat. Aber ſchon dieſer Erfolg iſt, wie Sie, glaube ich, zugeben werden, recht erfreulich, daß wir unſeren Hausfrauen ſagen können: in dieſer Weih⸗ nachtswoche wird euer Butterbedarf ſo weit gedeckt, wie das in Friedenszeiten im gewöhnlichen Laufe der Dinge üblich war. Auch bezüglich der Weiterverſorgung mit Butter haben die Vertreter der Zentraleinkaufsgeſellſchaft relativ beruhigende Mitteilungen machen können. Ich möchte allzu große Hoffnungen natürlich nicht er⸗ wecken; denn eine Knappheit wird bleiben, davon können wir nicht abkommen. Aber die Vertreter der Zentraleinkaufsgeſellſchaft haben uns jedenfalls verſichert, daß ſich die Zufuhr an Butter, ſowohl an Auslands⸗ wie an Inlandsbutter, auch in der nächſten Zeit, alſo im Anfang des nächſten Jahres, gegen⸗ über den letzten, ja beſonders butterarmen Wochen jedenfalls erheblich ſteigern wird, ſo daß wir auch in dieſer Beziehung — und das iſt ja das Wichtigſte — mit einer erhöhten Zufuhr dieſes Volksnahrungs⸗ mittels zu rechnen haben werden. Meine Herren, was nun die Frage des Fleiſches beſonders des Schweinefleiſches betrifft, das ja durch ſein Fett indirekt wieder mit der Frage der Butter im Zuſammenhang ſteht, ſo haben Sie ja alle geleſen, daß die Staatsregierung durch Zurverfügungſtellung größerer und billigerer Mengen von Kraftfutter für eine erhöhte Schweinezucht Sorge tragen will und be⸗ reits Sorge getragen hat, ſo daß in erhöhtem Um⸗ fange hochgemäſtete Fettſchweine an induſtrielle Be⸗ zirke geliefert werden können. Auch auf die Stadt Chailottenburg wird ein großer Teil dieſer Schweine entfallen, und zwor 6000 Stück im Mindeſtgewicht von etwa 210 Pfund, alſo immerhin recht gut ge⸗ mäſtete fette Schweine. Die Verhandlungen über die Abnahme dieſer Schweine ſind heute morgen von der Nahrungsmitteldeputation genehmigt worden, und ſie garantieren uns, daß in der Zeit von Januar bis Mai dieſe Geſamtſumme von fetten Schweinen nach Charlottenburg unter näher vereinbarten Be⸗ dingungen eingeführt wird, und zwar ſo, daß ſich die Menge der Schweine je nach dem Verlauf nach dem Sommer zu ſteigert. Dieſes letztere Moment wird uns andererſeits verenlaſſen, unſer Gefrierfleiſch, deſſen Verkauf Ihnen ja bekannt iſt, jetzt in erhöhtem Maße an den Markt zu bringen. Wir haben bereits Anordnungen getroffen, daß der Verkauf von Ge⸗ frierfleiſch jetzt um 50%, d. h. von 400 auf 600 Zentner die Woche, geſteigert wird, und wir werden die Sache ſo einrichten, daß die Lieferung dieſer Fett⸗ ſchweine und die Zurverfügungſtellung unſeres Ge⸗ ſfrierfleiſches korreſpondieren, d. h., daß da, wo die