14 meindlichen Wohnungsbaues einzuwirken. Es wird erfomwderlich ſein, wie das ja ſchon lange erſtrebt wird, die Bauord nung in einer Weiſe zu ändern, daß der Bau kleiner Wohnungen nicht mehr durch unge⸗ heuer geſteigerte Straßenbaukoſten erſchwert wird. Es wird weiter notwendig ſein, die Mittel zu beſchaf⸗ fen, daß nicht mehr ausſchließlich, wie es bisher we⸗ nigſtens in dem Weichbilde der Groß⸗Berliner gro⸗ ßen Gemeinden allgemein der Fall iſt, Mietkaſernen gebaut werden. Man wird für den Reihenbau kleiner Häuſer, auch für die halboffene Bau⸗ weiſe, wie wir ſie heute bei den Bauten der Beamten⸗ baugenoſſenſchaften ſehen, die Möglichkeit ſchaffen müſſen. Vor allen Dingen wird es notwendig ſein — und das iſt die Aufgabe der Gemeinden —, Land zu erſchließen. Wir haben in Char⸗ lotenburg in den letzten Jahren eine Reihe wunder⸗ ſchöner Straßen bekommen, Prachtſtraßen mit an⸗ ſchließendem Villenterrain. Es iſt erforderlich, um der viel dringenderen Not der Kleinwohnungsbeſitzer abzuhelfen, nunmehr auch dafür zu ſorgen, daß für dieſe Schichten die erforderlichen Wohnungen beſchafft werden. Wir haben im Norden von Charlotten⸗ burg jenſeits der Spree, wir haben auch im Nord⸗ weſten noch ganz ausgedehnte Stadtteile, und die Möglichkeit iſt gegeben, hier durch eine entſprechende Bauordnung den Bau kleiner Häuſer zu erleichtern. Aber es iſt noch mehr notwendig. Es muß vor allen Dingen der Bevölkerung die Möglichkeit ge⸗ geben werden, weiter hinauszugehen, in größerer Entfernung von den eigentlichen Häuſerreihen der Stadt zu wohnen, damit ſie ſich die Vorteile einer weiträumigen Bauweiſe, wie das nur auf billigem Boden möglich iſt, verſchaffen kann. Dazu gehört die Enwicklung des Schnellbahnſyſt ems, eine Entwicklung, die anderwärts, z. B. in Amerika, in ſehr ausgedehntem Maße vorhanden iſt. Bei uns fehlt noch viel, es fehlt an dem Ausbau der Strek⸗ ken, es fehlt an der Fahrtgeſchwindigkeit, es fehlt auch an ausreichend billigen Tarifen. Eine Sache ſcheint mir durchaus notwendig zu ſein: daß nämlich die Gemein de ſelber eintritt, um, wenn der Betrieb verſagt, ſelbſt Wohnungen zu ſchaffen. Ich ſagte ſchon: Die Geldknappheit wird nach dem Kriege eine große Rolle ſpielen. Selbſtver⸗ ſtändlich wird es auch für die Gemeinden kein Leich⸗ tes ſein, Geld zu beſchaffen. Immerhin iſt es für die Gemeinde leichter; denn es handelt ſich ja um An⸗ lagen, die unbedingt ſicher ſind, bei denen kein Pro⸗ fit gemacht werden ſoll, wohl aber die Koſten gedeckt werden, ſoweit man nicht aus ganz beſtimmten dring⸗ lichen ſozialen Rückſichten hier Ausnahmen ein⸗ treten laſſen will. Solche Rückſichten werden aller⸗ dings in mancher Hinſicht geboten ſein. Zunächſt ſollte man den Grundſatz aufſtellen, daß für die Höhe der Miete bei derartigen Kleinwohnungen nicht unbedingt die Größe der Wohnungen maß⸗ gebend ſein darf, ſondern daß auch der Be darf, die Lebensverhältniſſe der Familie berückſichtigt werden. Man hat das bereits in Dentſchland ge⸗ tan. Die bekamnte Stiftung für Kleinwohnungen in Leipzig, die ſogenannte Meyerei, vermietet ihre Wohnungen, angepaßt der Größe der Familie; Fa⸗ milien mit 5, 6 Kindern erhalten eine größere Woh⸗ nuna als kleinere Familien. Aber die Miete wird durchweg mit 14% des Lohnes bezahlt, ganz ohne Rückſicht auf die Größe der Wohnung. Das kann ſelbſtverſtändlich nur eine Stiftung oder eine Ge⸗ Sitzung am 19. Januar 1916 meinde tun, da hier der gemeinnützige Zweck maß⸗ gebend iſt. Aehnlich iſt man in großem Maße auch in Paris und in anderen Ländern vorgegangen. Dieſer Grundſatz ſollte auch hier zur Geltung gebracht werden. Ferner ſollte man bei derartigen Wohnungen vor allen Dingen Familien mit großer Kinder⸗ zahl berückſichtigen. Die Herren wiſſen ja, welch große Erſchwerung heute den Familien zuteil wird, die mehr als ein oder höchſtens zwei Kinder haben. Ich habe neulich einmal den Fall erlebt, daß man einer Frau eine Parterrewohnung verweigerte, weil ſie zwei wohlerzogene Knaben von 7 und 9 Jah⸗ ren hat. Und der Fall des Mannes, der ſich kurz vor dem Kriege umgebracht hat, weil er mit ſeiner Familie von 5 Kindern keine Wohnung finden konnte, iſt ein Zeichen der Zeit, in der wir vor dem Kriege ſchon gelebt haben und die, fürchte ich, in ganz anderem Maße wiederkehren wird. Man ſollte nach dem Muſter der Frankfurter Aktienbaugeſell⸗ ſchaft für kleine Wohnungen Familien mit größerer Kinderzahl in erſter Linie berückſichtigen und bei der Bemeſſung der Wohnungsmiete ebenfalls darauf Rückſicht nehmen. Weiterhin ſollte man dafür ſorgen, daß die man⸗ gelnden Einrichtungen der kleinen Wohnungen, die ja nicht alles das bieten können, was vom Kultur⸗ ſtandpunkt aus verlangt werden muß, durch andere Einrichtungen erſetzt werden. Man kann ja das, was für den Bedarf einer Familie notwendig iſt — ſagen wir Kinderpflege: Fürſorge für Säuglinae, Kindergärten, Kinderhorte uſw. —, ſelbſtverſtänd⸗ lich nicht in die einzelne Wahnung legen; man kann aber mit dem Wohnungskompler Einrichtungen verbinden, die dieſem Bedürfnis abhelfen, ebenſo Bildungsveranſtaltungen, wie das die genannte Ge⸗ ſellſchaft in Frankfurt a. M. in vorbildlicher Weiſe in Gemeinſchaft mit der Stadt ſowohl wie mit ge⸗ meinnützigen Vereinen verſchiedener Art getan hat. Meine Herren, ich weiß nicht, ob man dem großen Bedarf, der ja nicht erſt kommen, ſondern der ſich nur verſchärfen wird, vollkommen wird ge⸗ nügen können mit dem Gelände, das jetzt in unmit⸗ telbarer Nähe der Stadt vorhanden iſt. Man wird vielleicht genötigt ſein, noch weiter hinauszugehen. Man hat ausgerechnet, daß heute das Gebiet der ge⸗ ſteigerten Grundrente ſich auf einen Kreis um Berlin mit dem Radius von vielleicht 40 m erſtreckt, alſo 5000 qkm. Nun bin ich überzeugt — dafür liegen auch Belege vor —, daß in etwas weiterer Entfer⸗ nung, ſagen wir, etwa über 20 km hinaus, noch Ge⸗ lände frei ſein wird, das nicht dieſe ungeheure Preis⸗ ſteigerung, wie wir ſie in nächſter Nähe von Groß⸗ Berlin haben, aufweiſt. Hier ſcheint es mir notwen⸗ dig, daß die Gemeinde ſelber vorangeht, um ſich Ge⸗ legenheit zu einem Wohnungsbau großen Stils zu ſchaffen. Wir müſſen das, was ſchon lange gefordert worden iſt, einmal in die Praris überführen. Die Gemeinde, am beſten Groß⸗Berlin im großen Maß⸗ ſtabe, wenn das nicht geſchieht, die einzelne Ge⸗ meinde, muß hier die Möglichkeit finden — und ſie wird ſie finden, wenn ſie will —, in etwas größere Entfernungen hinauszugehen und in Verbindung mit einer guten Schnellbahnanlage eine Kolonie zu ſchaffen, in die man ganz leicht Induſtrieunterneh⸗ mungen wird ziehen können, in die man auch ſtä⸗ dtiſche Anlagen wird verbrinaen können und wo der ungeheure Beſtandteil der Miete, der aus der Boden⸗