Sitzung am 9. (Die Verſammlung beſchließt mit großer Mehr⸗ heit nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Das Pachtverhältnis an den der Chriſt⸗ ſchen Stiftung gehörigen Grundſtücken Berliner Straße 1§2 wird unter den im Vertrage vom 7. Juni/2. Mai 1907 mit dem Kommerzienrat Georg Haaſe in Breslau vereinbarten Bedin⸗ gungen bis zum 30. September 1928 verlän⸗ gert und der Magiſtrat ermächtigt, den Pacht⸗ verlängerungsvertrag mit der Böhmiſches⸗Brau⸗ haus⸗Aktiengeſellſchaft als Rechtsnachfolgerin des Geh. Kommerzienrats Haaſe abzuſchließen.) Punkt 7: Vorlage betr. Charlottenburger Hypothekenbankverein. — Druckſache 17. (Die Verſammlung nimmt von der Mitteilung über die dem Charlottenburger Hypothekenbankverein erteilte miniſterielle Genehmigung Kenntnis und be⸗ ſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Gewährung eines Darlehns von 10 000 ℳ an den genannten Verein, zu 5 Proz. verzins⸗ lich und innerhalb 3 Monaten rückzahlbar, unter Anrechnung auf das dem Verein zum Zwecke der Beſchaffung von Hypotheken in Ausſicht geſtellte Darlehn in Höhe von 1 000 000 ℳ, wird zugeſtimmt.) Punkt 8: Antrag der Stadtv. Ahrens und Gen. betr. Ver⸗ kehrsverhältniſſe nach Simensſtadt. — Druckſache 18. (Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung erſucht den Magiſtrat, die notwendigen Schritte zu tun, um die für den Verkehr zwiſchen Charlottenburg und Siemensſtadt beſtehenden außerordentlichen Mißſtände recht ſchleunig zu beſeitigen.) Antragſteller Stadtv. Wilk: Meine Herren! Die Verkehrsverhältniſſe nach Siemensſtadt haben ſchon ſeit einer Reihe von Jahren Gegenſtand unſerer Be⸗ ratungen gebildet. Unſere heutigen Wünſche und Beſchwerden richten ſich nun nicht etwa gegen den Magiſtrat. Wir müſſen vielmehr anerkennen, daß der Magiſtrat in dieſer Beziehung alles Menſchen⸗ mögliche geran hat, um die ſchwierigen Verkehrs⸗ verhältniſſe nach Siemensſtadt in beſſere Bahnen zu lenken. Wir wenden uns in der Hauptſache nur des⸗ halb an den Magiſtrat, damit durch ſeine Vermittlung bei dem Zweckverbande, der bekanntlich die Regelung der Verkehrsfragen von Groß⸗Berlin auf ſeine Fahne geſchrieben hat, eine Beſſerung der beſtehenden ſchlech⸗ ten Verhältniſſe herbeigeführt werde. Es führen nur zwei Bahnen den Verkehr nach Siemensſtadt: einmal §ie Staatsbahn mit Bahnhof Fürſtenbrunn, das andere Mal die Große Berliner Straßenbahn. Die Staatsbahn ſcheint nach meinem Dafürhalten tatſächlich jetzt an der Grenze ihrer Leiſtungsfähigkeit angekommen zu ſein. Soweit ich ſelbſt beobachtet habe, iſt ſie heute nicht mehr im⸗ ſtande, dieſen koloſſalen Vekehr zu bewältigen; jeden⸗ Februar 1916 23 falls gibt ſie ſich abſolut keine Mühe, die beſtehenden Mißſtände zu beſeitigen. So habe ich ſelbſt beob⸗ achtet, daß Züge, die auf Fürſtenbrunn einfahren, in ihren einzelnen Wagenabteilen derartig vollge⸗ pfropft ſind, daß die Türen ſich nicht mehr ſchließen ließen, ſo daß die Paſſagiere einfach den Wagen⸗ ſchlag zuhalten müſſen. So kamen die Wagen auf der Station Fürſtenbrun an. Nun muß ja anerkannt werden, daß unter den heutigen ſchwierigen Ver⸗ hältniſſen die Staatsbahn auch nicht ſehr viel mehr leiſten kann. Ganz anders liegen die Dinge aber bei der Großen Berliner Straßenbahn. Hier fehlt es, glaube ich, nur am guten Willen. Der Beweis iſt dafür ſehr leicht zu erbringen. Die Große Berliner Straßen⸗ bahn führt heute die Linie 164 bis nach Siemens⸗ ſtadt heraus. Die Linie kommt durch ganz Berlin, geht über den Nollendorfplatz nach Charlottenburg. Weiter gehen von Norden aus dem Zentrum der Stadt zwei Linien bis zum Landgericht am Tegeler Weg, die Linien 54 und 18. Es liegt, glaube ich, wenig Entgegenkommen bei der Großen Berliner vor, daß ſie dieſe beiden Linien nicht bis Siemensſtadt verlängert. Wenn man die beiden Linien am Tegeler Weg halten laſſen kann, ſo könnten die Strecken auch um die 3, 4, höchſtens 5 Minuten verlängert werden, um an den Verwaltungsgebäuden der Siemenswerke umzukehren. Als die Siemenswerke vor einigen Jahren eingerichtet wurden, hatte man noch nicht ahnen können, welchen ungeheuren Auf⸗ ſchwung ſie nehmen würden. Soweit ich feſtgeſtellt habe, ſind zurzeit etwa 30 000 Perſonen dort be⸗ ſchäftigt. und hiervon entfällt mindeſtens ein Drittel auf Charlottenburg. Allerdings konzentriert ſich der Verkehr auf ganz beſtimmte Zeiten, trotzdem er im Laufe des Tages nicht weſentlich geringer wird. Für einen derartigen Verkehr genügt ſelbſtverſtändlich die Linie 164 auf keinen Fall. In der Zeit, wo wir das ſchlechte Wetter hatten, die anhaltende Regen⸗ periode, haben ſich draußen, wie ich ſelbſt beobachtet habe, Szenen abgeſpielt, die geradezu jeder Beſchrei⸗ bung ſpotten. Die Leute ſind zum Teil von be⸗ ſonders rohen Perſonen oftmals einfach vom Tritt⸗ brett heruntergeſtoßen worden und ſind dann in den ziemlich ſtarken Dreck hineingepurzelt. Ich habe vor⸗ hin ſchon geſagt, daß es nur an dem guten Willen der Großen Berliner Straßenbahn liegt. Ich habe auch noch feſtgeſtellt, daß einer der Beamten eines Tages, als ſein Wagen bereits überfüllt war, einfach die überzähligen Fahrgäſte erſuchte, den Wagen zu verlaſſen, da aber niemand ging, ihn dann auf ein totes Gleis fahren ließ und nicht weiter fuhr. Das ſind doch Rückſichtsloſigkeiten gegenüber dem Publikum, die ſich nur die Große Berliner Straßenbahn heraus⸗ nehmen kann: ſie iſt ja dafür ſchon bekannt. Bei der Gelegenheit möchte ich noch an den Magiſtrat eine Bitte richten. Die Verhältniſſe können dort auch noch auf eine andere Weiſe weſentlich ge⸗ beſſert werden, wenn ſich der Magiſtrat nämlich dazu entſchließen würde, den Stadtteil jenſeits der Spree, beſonders im Nordweſten, der Bebauung zuzuführen. Dadurch würde ein ziemlich erheblicher Prozentſatz der Angeſtellten und Beamten der Siemenswerke dort⸗ hin ziehen, und die Verkehrsverhältniſſe würden dann nicht mehr ſo im argen liegen, wie es heute der Fall iſt. Freilich läßt ſich das nicht von heute auf morgen machen, die Bauverhältniſſe liegen heute ja auch ſehr ſchwierig. Aber hoffentlich nimmt ſich der Magiſtrat dieſer Sache an, ſo daß wir bei einem,