Sitzung am 8. März 1916 37 ſchaftliche Exiſtenz des ganzen deutſchen Volkes iſt. Daraus müſſen wir die Schlußfolgerung ziehen, daß dieſe Vernichtung von blühenden Menſchenleben, dieſe Vernichtung von Milliardenwerten ſicherlich ſchwer⸗ wiegendere Folgen haben wird, als wir urſprünglich angenommen haben. Iſt dies aber der Fall, dann werden wir die Folgen, die ungewiß ſind, die noch unſicherer gewor⸗ den ſind, als ſie früher waren, je nach unſerer indivi⸗ duellen Veranlagung optimiſtiſch oder peſſimiſtiſch beurteilen. Ich kann für den Magiſtrat erklären, daß wir trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller Teu⸗ rung und aller Not geneigt geweſen ſind, die Lage in optimiſtiſchem Sinne anzuſehen, und daß wir des⸗ halb den Etat durchweg mit einem, wie wir hoffen, geſunden Optimismus aufgeſtellt haben. Sie werden daher in dieſem Haushaltsplan eine ganze Reihe von Poſttionen ſinden, bei denen man zweifelhaft ſein kann, ob ſie in ihren Einnahmen nicht weſentlich zu hoch, in ihren Ausgaben zu gering dotiert ſind. Aber dieſer Optimismus hat die weitere Folge, daß man damit rechnen muß, daß an anderen Stellen unbe⸗ dingt ein Ausgleich ſtattfindet, wenn man nicht von vornherein ſich ſagen will, daß die ganze Rechnung trügeriſch iſt und unter allen Umſtänden mit einem Fangun endigt. Dieſer Optimismus iſt der erſte eſichtspunkt, den ich bei der Prüfung des Etats im Auge zu behalten bitte. Sodann kommt ein noch viel wichtigerer Ge⸗ ſichtspunkt, das iſt die Geſtaltung unſerer Abſchlüſſe. Ich möchte ſagen, gewiſſermaßen von alters her ſind wir gewohnt geweſen, immer mit Ueberſchüſſen zu vechnen, und ich kann für meine Perſon erklären, daß ich aus Ihrer Mitte eigentlich niemals gefragt worden bin: wie wird der Jahresabſchluß werden ſondern eigentlich immer gefragt worden bin: wie hoch wird der Ueberſchuß ſein? (Heiterkeit.) Dieſe Frage war berechtigt ſeit dem Jahr 1895. Ich kann Sie daran erinnern, daß wir tatſächlich in die⸗ ſen ganzen Jahren bis zum Jahre 1913 ſtets mit erheblichen Ueberſchüſſen gerechnet haben, die immer bis auf ein einziges Jahr den Betrag von 1 Million und darüber, ja ſogar von 2 Millionen erreicht haben. Dieſe Ueberſchußwirtſchaft hat ihre ſehr guten Fol⸗ gen für uns gehabt. Wir ſind in die Lage gekom⸗ men, Fonds anzuſammeln, Fonds, die uns eine ganze Reihe von Jahren hindurch über ſchwierige Verhält⸗ niſſe hinweggeholfen haben. Auf der andern Seite muß ich heute erklären: nach der Meinung des Ma⸗ giſtrats ſind dieſe fetten Jahre vorüber, ja, die mage⸗ ren Jahre ſind längſt eingetreten, und wenn man ſich auch in mageren Jahren durchhelfen muß, ſo muß man doch dafür ſorgen, daß dieſe mageren Jahre nicht gar zu mager werden, d. h. nicht gar zu große Fehlbeträge zeitigen. Wir haben im Jahre 1913 zum erſten Male mit einem Fehlbetrage rechnen müſſen. Er war gering, betrug 300 000 ℳ; ſeine Deckung aus dem Ausgleichsfonds hat uns keinerlei Schwierig⸗ keiten gemacht. Anders iſt es ſchon mit dem Jahre 1914. Ueber dieſes Jahr haben Sie die Vorlage be⸗ reits in Händen und wiſſen, daß hier ein Fehlbetrag von etwa 1 200 000 vorhanden war, ein Fehl⸗ betrag, der daraus entſtand, daß einmal die Steuern durch den plötzlich eintretenden Krieg ſtark ſanken, viele Steuern von denen, die ins Feld zogen, aus⸗ fielen, ſo daß wir da eine Unterbilanz von 1 Million hatten; daß aber ferner unſer beſter Barometer, unſere Werke, ſofort einen ſtarken Zug nach unten bekamen und in ihren Ergebniſſen weſentlich zurückgingen. So hat uns die Gasanſtalt gegenüber dem Voranſchlag um 700 000%, das Elektrizitätswerk um 580 000 ℳ im Stich gelaſſen. Wenn trotzdem der Fehlbetrag, wie ich Ihnen ſagte, nur 1 200 000 ℳ geweſen iſt, ſo iſt das darauf zurückzuführen, daß in zahlreichen Ka⸗ piteln immer noch Beträge vorhanden waren, die geſpart werden konnten. Meine Herren, dieſer Fehl⸗ betrag iſt, wie Sie wiſſen, bisher ungedeckt, und trotz eifrigſten Suchens werden Sie auch in dem neuen Haushaltsplan keine Stelle gefunden haben, wo über die Deckung irgend erwas geſagt iſt. Leider habe ich die Pflicht, Ihnen zu ſagen, daß auch das Jahr 1915, wie Sie es wohl nicht anders erwartet haben und wie es auch in anderen Städten überall der Fall iſt, mit einem ganz erheblichen Fehlbetrag abſchließen wird. Der Fehlbetrag wird mindeſtens die Höhe von 2 Millionen ℳ erreichen. (Hört! hört!) Das iſt die Folge davon, daß wiederum die Ein⸗ kommenſteuer um etwa 500 000 ℳ zurüchbleibt, daß ferner die Umſatzſteuer noch 300 000 ℳ. weniger er⸗ gibt, als wir im Voranſchlage für 1915 vorgeſehen hatten, daß die Grundſteuer um 50 000 ℳ zurück⸗ bleibt und daß eigentlich von den Steuern nur die Kinoſteuer dasjenige ergeben wird, was wir er⸗ warteten, vielleicht ſogar noch etwas mehr. (Hört! hört!) Beinah möchte ich ſagen, das iſt ein erfreuliches Zeichen, ein Zeichen, daß das Publikum immer noch Geld für Beluſtigungen am Abend hat, Geld für Er⸗ holungen in den Kinotheatern und in den Cafés. — Selbſtverſtändlich werden aber auch unſere Werke lange nicht den Ertrag liefern, den wir von ihnen er⸗ wartet haben. Die Gaswerke — das konnten Sie ja nach der Vorlage, die Sie in der vorigen Sitzung be⸗ ſchäftigt hat und die von Ihnen bei den Kohlen allein eine Nachbewilligung von 1 Million Mark rund forderte, nicht anders erwarten — werden kaum balanzieren, vielleicht werden ſie ganze 200 000 ℳ Ueberſchuß geben, d. h. ein Weniger von 1 350 000 ℳ. Auch das Elektrizitätswerk wird um 140 000 ℳ und das Waſſerwerk um etwa 200 000 ℳ im Ertrage zu⸗ rückbleiben. Meine Herren, wenn Sie die Summen, die ich Ihnen genannt habe, zuſammenrechnen, ſo kommt noch ein erheblich höherer Betrag als 2 Millionen Mark heraus. Wenn ich trotzdem die Hoffnung habe — ich ſpreche aber auch nur die Hoffnung aus —, daß es nicht viel mehr als 2 Millionen Fehlbetrag ſein wird, ſo beruht das darauf, daß man jetzt ſchon erkennen kann, daß mit der Sparſamkeit, die von unſerer Leitung allen Verwaltungsſtellen immer wieder ein⸗ geſchärft worden iſt, gearbeitet iſt und daß daher Er⸗ ſparniſſe an anderen Stellen eintreten werden. Dieſen Geſichtspunkt — die Fehlbeträge — dürfen wir nicht außer acht laſſen. Wir müſſen beſtrebt ſein, gerade an dieſer Stelle nach Möglichkeit Abhilfe zu ſchaffen und die Anſätze jetzt ſchon ſo zu wählen, daß man keines⸗ falls, wenn irgend möglich, im Jahre 1916 wieder mit einem Fehlbetrag abſchließt. Denn man kann und darf jahrelang eine Ueberſchußwirtſchaft treiben, von der ich vorhin geſprochen habe, ſie kann für eine Stadt durchaus heilſam ſein: aber man darf und kann vor