48 gen und Schätzungen angewieſen bin. Immerhin aber finden wir im Etat ganz zweifellos Poſitionen — ich will ſie nicht näher bezeichnen, dazu wird im Etats⸗ ausſchuß Gelegenheit ſein —, von denen jedes Mit⸗ glied der Verſammlung und auch jedes Mitglied des Magiſtrats weiß, daß Einnahmen eingeſtellt ſind, auf die wir in dieſem Jahre ſicherlich nicht rechnen können, und es handelt ſich dabei durchaus nicht etwa um kleine Summen Meine Herren, was den vorliegenden Etat aus⸗ zeichnet, iſt nicht nur die Sparſamkeit, mit der er aufgeſtellt iſt, und bei dieſer Gelegenheit möchte ich dem Herrn Kollegen Dr Liepmann gegenüber be⸗ tonen, daß nach Anſicht meiner Freunde — ich glaube auch nach Anſicht der großen Mehrheit der Verſamm⸗ lung — von einer unangebrachten Sparſamkeit in früheren Jahren nicht die Rede ſein kann, (Heiterkeit und Rufe: Stimmt ſchon!) — ich habe mich verſprochen, ich wollte ſagen, daß wir in früheren Jahren durchaus ſparſam gewirt⸗ ſchaftet haben und daß von übertriebenen Ausgaben, die wir angeblich gemacht haben, nicht die Rede ſein kann. — Ich ſage, daß dieſen Etat einmal die Spar⸗ ſamkeit auszeichnet, mit der er aufgeſtellt iſt, ſodann aber die überall zu Tage tretende Sucht nach Er⸗ ſchließung neuer Einnahmequellen. Meine Herren, wir geben dem Herrn Kämmerer darin recht, daß es verſtändig iſt, dahin zu ſtreben, daß wir im Jahre 1916 nicht wieder mit einem Defizit abſchließen. Denn die Defizits der beiden letzten Jahre ſind bereits ſo hoch, namentlich wenn man noch die hohen Ausgaben dazu rechnet, die uns aus der Kriegswohlfahrtspflege entſtehen, daß es jeden mit Angſt und Sorge erfüllen muß, wenn er daran denkt, wie einmal in Zukunft dieſe Defizits gedeckt werden ſollen. (Sehr richtig!) Deswegen haben wir allen Anlaß, danach zu ſtreben, einen Etat aufzuſtellen, der vorausſichtlich nicht wie⸗ der mit einem Defizit abſchließt. Die allgemeinen Grundſätze, die der Magiſtrat ſeinem Erläuterungsbericht vorangeſchickt hat, bil⸗ ligen wir durchaus; aber ich glaube, in bezug auf den Weg unterſcheiden wir uns doch in mancher Be⸗ ziehung. So hätten wir gewünſcht, daß man bei ver⸗ ſchiedenen Poſitionen doch nicht allzu ſparſam zu Werke gegangen wäre. Das gilt z. B. für den Etat der Gemeindeſchulen. Der Herr Kämmerer hat ja ſelbſt geſagt, daß hier nur das Allernotwendigſte eingeſtellt worden iſt. Wir ſind weit hinter dem zurückgeblieben, was wir in Friedensjahren für unſer Gemeindeſchulweſen zu tun gewohnt waren, und wir werden uns vorbehalten, im Etatsausſchuß entſprechende Anträge zu ſtellen. Das gleiche gilt für die Armenpflege. Gewiß hat der Magiſtrat recht, wenn er ſagt, daß wir im Armenetat Erſparniſſe erzielen, weil ſich die Ausgaben infolge der Kriegswohlfahrtspflege ver⸗ ringern werden. Aber wir wiſſen nicht, was uns die Zukunft bringt, und wenn die Steigerung der Lebens⸗ mittelpreiſe weiter anhält, ſo iſt ſehr wohl damit zu rechnen, daß das, was wir auf der einen Seite er⸗ ſparen, auf der andern Seite durch die infolge der Steigerung der Lebensmittelpreiſe notwendige Er⸗ höhung der Unterſtützungen wieder wettgemacht wird. Sitzung am 8. März 1916 Im Grunde genommen iſt es ja ziemlich gleichgültig⸗ welche Ausgabeſumme in den Etat der Armenverwal⸗ tung eingeſtellt iſt; wir werden das geben müſſen, was wir zu geben gezwungen ſind. Ich möchte aber dringend davor warnen, daß man etwa daraus, daß die Sätze diesmal verhältnismäßig niedrig eingeſtellt ſind, den Schluß zieht, daß wir nun in bezug auf die Unterſtützungen an wirklich Bedürftige eine andere Politik einſchlagen als bisher. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Auch hier wäre Sparſamkeit am unrechten Orte, die wir auf das allerentſchiedenſte verurteilen müßten. Nun iſt es möglich, daß wir tatſächlich mit der Summe, die der Magiſtrat in den Armenetat einge⸗ ſtellt hat, auskommen; es iſt aber auch möglich, daß es umgekehrt kommt. Nehmen wir einmal an — und wir wollen es ja alle hoffen —, daß wir noch in dieſem Jahre den Frieden bekommen, dann können wir damit rechnen, daß die Ausgaben der Armenver⸗ waltung wieder ganz erheblich ſteigen. Kein Menſch von uns weiß, wie es nach Beendigung des Krieges in unſerm Wirtſchaftsleben ausſehen wird. Wir wiſ⸗ ſen nicht, ob nicht viele Familien, die heute von der Kriegswohlfahrtspflege unterſtützt werden, dann, wenn die Männer aus dem Felde zurückkommen und nicht ſofort Arbeit finden, erſt recht auf Unterſtützun⸗ gen angewieſen ſind; wir wiſſen auch nicht, ob die Geſetzgebung uns dann die Möglichkeit gibt, dieſe Leute, was wir ja wohl alle wünſchen, anders als auf dem Wege der Armenpflege zu unterſtützen. Aber auch das ſind wieder Vermutungen, von denen nie⸗ mand weiß, ob ſie zutreffen. Ebenſo iſt es ſehr leicht möglich, daß wir den Kriegern, wenn ſie aus dem Felde zurückkehren, auf Koſten der Armenverwaltung weitere Mietbeihilfen geben müſſen, die heute aus anderen Fonds genommen werden. Meine Herren, bei dieſer Gelegenheit möchte ich, da ich von Mietunterſtützungen rede, ein Wort, aller⸗ dings ein ganz kurzes Wort, über die Bedeutung der Wohnungsfrage ſagen, die ja von meinen Freunden ſchon wiederholt hervorgehoben worden iſt. Ich fürchte ſehr — ich weiß allerdings, daß ich mich da nicht in Uebereinſtimmung mit einigen maßgeben⸗ den Vertretern des Magiſtrats befinde —, daß wir nach dem Kriege einen großen Mangel an Woh⸗ nungen, namentlich an kleinen und mittleren Woh⸗ nungen, haben werden, nicht nur deswegen, weil die Bautätigkeit während der ganzen Kriegszeit geruht hat, ſondern auch deswegen, weil ſehr viele Familien gezwungen ſind, mit kleineren Räumen als bisher fürlieb zu nehmen. Deswegen möchte ich den Wunſch, dem wir erſt vor kurzem Ausdruck verliehen haben, wiederholen, daß der Magiſtrat ſchon jetzt dieſer wichtigen Frage ſeine Aufmerkſamkeit zuwendet, um zu verhindern, daß wir nach Beendigung des Krieges vor eine Kataſtrophe geſtellt ſind. (Sehr richtigi bei den Sozialdemotraten.) Meine Herren, ich bedaure auch, daß es immer noch Stadtteile, und zwar ſolche Stadtteile, die aller Vorausſicht nach für die Arbeiterbevölkerung be⸗ ſtimmt ſind, aibt, in denen den Erbauern von Woh⸗ nungen gewiſſe Baubeſchränkungen auferlegt werden, in denen ihnen vorgeſchrieben wird, daß ſie nur Woh⸗ nungen von einer beſtimmten Größe bauen dürfen⸗