Sitzung am 16. März 1916 Vorſteher Dr Frentzel: Sonderplan Nr. 4 — Elektrizitätswerk. Der Herr Berichterſtatter Dr Borchardt iſt noch nicht anweſend. Ich kann Ihnen mitteilen, daß der Haushaltsausſchuß nach Prüfung die unveränderte Annahme des Sonderplans empfiehlt. Das Wort wird nicht verlangt; Sie ſtimmen alſo dieſem Vor⸗ ſchlage zu. Es iſt ſo beſchloſſen. Sonderplan Nr. 5 — Gaswerke. Berichterſtatter Stadtv. Wöllmer: Meine Herren! Der Ausſchuß hat, wie die Ihnen heute vorliegende Druckſache ergibt, der Erhöhung des Ein⸗ heitspreiſes für den privaten Gasverbrauch von 13 Pf. auf 16 Pf. für das Kubikmeter unter der Bedingung zugeſtimmt, daß für Abnehmer von Gas durch Auto⸗ maten der Preis für Gas einſchließlich der Miete für Gasmeſſerapparate 16 Pf. für den Kubikmeter be⸗ trägt. Es handelt ſich da um 28 000 Automaten, und es würde ſich, wenn die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung dieſem Antrage zuſtimmt, ein Ausfall bei der Einnahme von etwa 170 000 ℳ ergeben. 70 000 % etwa von dieſen 170 000 ℳ werden durch einige Aenderungen an den Poſitionen beim Gasetat ſelbſt gedeckt, während ſich um rund 100 000 %“ der eigent⸗ liche Reingewinn der Gaswerke verringert, eine Min⸗ dereinnahme, die ja nachher im Kapitel I ihren Aus⸗ druck findet. Der Betrag muß, wie die ſpäteren Be⸗ richte ergeben werden, aus dem Ausgleichsfonds ge⸗ nommen werden, der dann wohl nahezu auf den Ge⸗ frierpunkt herabgeſunken ſein wird. Der Ausſchuß hat ferner, wie Sie aus der vor⸗ liegenden Druckſache erſehen, noch einige Aenderun⸗ gen vornehmen müſſen. Es iſt feſtgeſtellt worden, daß ſich ein ſehr viel geringerer Erlös für Ferrocyan⸗ calciumlauge ergibt, da eben nur die Hälfte herge⸗ ſtellt werden kann, was auch ziffernmäßig ſeinen Ausdruck finden muß. Auf der andern Seite iſt im Abſchnitt 21 eine Erhöhung beim Erlös für ſchwefel⸗ ſaures Ammoniak eingetreten, der von 275 000 % auf 300 000 ℳ erhöht worden iſt. Sodann gelangten die vorliegenden Zuſchriften zur gründlichen Beſprechung und Erledigung. Falls die Verſammlung dem Beſchluſſe des Etatsausſchuſſes zuſtimmen ſollte, würden dieſe Petitionen als er⸗ ledigt anzuſehen ſein. Es handelt ſich um die Peti⸗ tion des Haus⸗ und Grundbeſitzervereins von 1895 und des Vereins der Charlottenburger Gaſtwirte von 1876, die ſich gegen jegliche Erhöhung des Gaspreiſes wenden und das in ausführlicher Weiſe vom Stand⸗ punkte ihrer berechtigten Intereſſen aus begründen. Rechneriſch ergibt ſich dann nach den Aenderun⸗ gen, die der Etatausſchuß vorgenommen hat, daß der Reingewinn von etwa 2 030 000 ℳ um etwa 92 000 ℳ auf 1 938 000 ℳ herabgeſetzt werden muß. Die Gründe, die den Etatsausſchuß zu ſeiner Stel⸗ lungnahme veranlaßten, liegen erſtens in dem Gas⸗ etat ſelbſt. Meine Herren, die Gaswerke ſind ge⸗ werbliche Unternehmungen der Städte, die nicht nur die Zinſen und Tilaungsbeträge aufbringen ſollen, ſondern den ausdrücklichen Zweck haben, Gewinne abzuwerfen. So ſind denn auch die Reingewinne der ſtädtiſchen Gaswerke ſeit Jahrzehnten weſentliche Faktoren bei der Aufſtellung der Etats aller deutſchen Städte geweſen. Unſere Gasanſtalt, die ein Kapital von etwa 20 Millionen repräſentiert, hat in den 57 letzten Jahren rund 2 Millionen bis 2 800 000 %I Reingewinn abgeworfen. Selten iſt der Reingewinn unter 2 Millionen geweſen. Man muß auch nach der Anſicht der Mehrheit des Ausſchuſſes den kom⸗ munalpolitiſchen Standpunkt einnehmen, daß die Allgemeinheit, die ſo viele Millionen hergibt und gleichſam das Riſiko dafür trägt, das Anrecht hat, daß ſich dieſe 20 Millionen entſprechend verzinſen, daß ſie einen angemeſſenen Reingewinn abwerfen. Denn, wie geſagt, die gewerbliche Unternehmung der Gasanſtalt hat nicht nur den Zweck, Zinſen und Til⸗ gung aufzubringen, ſondern Gewinne für die Kom⸗ munalwirtſchaft abzuwerfen. Wenn nun der Gas⸗ preis von 13 Pf. nicht erhöht werden würde, ſo wür⸗ den nach Anſicht des Ausſchuſſes unſere Gaswerke nicht mehr wirtſchaftlich arbeiten, ſie würden zu einem unwirtſchaftlichen kommunalen Betriebe herabſinken. Der Reingewinn würde ſogar noch geringer ſein, wenn man ſo vorſichtig die Ausgaben einſtellen wollte, wie man das in guten Jahren getan hat. Ich weiſe darauf hin, daß wir 200 000 ℳ Abſchreibungen weniger vornehmen, als wir in den letzten Jahren vorgenommen haben. Die eigentliche Urſache des wirtſchaftlichen Rück⸗ ganges der Gaswerke liegt ja in der koloſſalen Ver⸗ teuerung der Kohle. Wir müſſen für unſere Gas⸗ werke gegen das vergangene Jahr 1½2 Millionen %1 mehr ausgeben für Kohle und gegen das Jahr vor⸗ her ſogar 2½ Millionen ℳ mehr. Dabei iſt noch hinzuzufügen, daß die Schätzung des vorausſichtlichen Verbrauchs an Kohle auf der Annahme beruht, daß eine Tonne Kohle 280 chm Gas ergibt. Nach den letzten Erfahrungen, die die Gaswerke mit der, wenn ich ſo ſagen darf, Kriegskohle aus allen Richtungen des Vaterlandes, ſogar auch aus Oeſterreich, wen ich recht unterrichtet bin, gemacht haben, ſtellt ſich leider heraus, daß die Ausbeute ſehr viel geringer iſt; ſie ſoll zum Teil bis auf 240, 250 ehm herabgehen. Wenn man den Ertrag auf 265 ehm ſchätzt, ſo wür⸗ den wir ſchon 350 000 ℳ mehr einſetzen müſſen, als im Etat eingeſetzt iſt, weil entſprechend mehr Kohlen zur Erzeugung des Gaſes nötig werden. Sie ſehen alſo aus dieſen Ziffern, daß der Etat der Gaswerke, wenn man den Gaspreis nicht erhöhen wollte, in ſich zuſammenfällt und die Gaswerke unwirtſchaftlich werden. Ja, es würde ein Zuſchußetat werden. Man kann die Frage des Gaspreiſes auf die einfache For⸗ mel bringen: die Verteuerung der Produktionskoſten erheiſcht eine Verteuerung des Produktes. Wenn der Maaiſtrat vorſchlägt, den Gaspreis von 13 Pf. auf 16 Pf., alſo um 3 Pf. zu erhöhen, ſo entſpricht das der Verteuerung der Produktionskoſten um 1½ Mil⸗ lionen ℳ. Etwa 52 Millionen chm Gas werden als ſogenanntes Privatgas verbraucht. 3 Pf. mal 52 Mil⸗ lionen macht 1½ Millionen ℳ Mehreinnahme. Demgegenüber ſteht die um 1% Millionen ℳ gegen das vergangene Jahr geſtiegene Ausgabe für Kohle. Aus rein wirtſchaftlichen Erwägungen ergibt ſich alſo ſchon nach ſoliden kaufmänniſchen Grundſätzen die Notwendigkeit, eine Erhöhung des Gaspreiſes um 3 Pf. vorzunehmen. Wir folgen damit auch nur dem Beiſpiele von vielen anderen deutſchen Städten. Nach den vom Deutſchen Städtetag angeſtellten Ermittlungen haben bereits etwa 100 Städte in der letzten Zeit den Gas⸗ preis erhöht. So war denn auch die Mehrheit des Ausſchuſſes unbedingt der Anſicht, daß eine ange⸗ meſſene Erhöhung des Gaspreiſes eintreten müßte. Dabei wurde der von mir ſchon vorhin erwähnte An⸗ trag angenommen, den Preis für die Münzgasmeſſer