60 Geld und das Perſonal haben, hier und in anderen Vororten Berlins Filialen zu unterhalten, ſchützt. (Zuruf: Das iſt eine Mehrbelaſtung der Hausbeſitzer!) — Nein, das wäre auch keine Mehrbelaſtung der Hausbeſitzer; denn die Mietskontrakte, die ſicher doch zum Teil noch auf längere Zeit laufen, wünden von den Inhabern der Filialen nicht gekündigt werden. Dieſe würden ſich hüten, auf die teuere Einrichtung und die Kundſchaft, auf die ſie angewieſen ſind, zu verzichten. Sie können eben nicht in der Lietzen⸗ burger Straße oder in einer anderen Nebenſtraße von Wilmersdorf oder Schöneberg ihre Läden aufmachen; ſie ſind auf die Tauentzienſtraße, auf den Anfang des Kurfürſtendamms, und wie unſere anderen vor⸗ nehmen Geſchäftsſtraßen ſonſt heißen, angewieſen, da ihre kaufkräftigen Abnehmer bei uns wohnen, und die Einwohner des Weſtens keine Zeit und Luſt haben, ſich wegen jedes Einkaufs in das Stadtinnere, etwa nach dem Spittelmarkt, zu begeben. Vorſteher Dr Frentzel (unterbrechend): Sie ver⸗ ſprachen, anzudeuten, (Heiterkeit.) und in der Annahme, daß Sie Ihr Verſprechen hielten, habe ich Ihnen eine Redefreiheit gewährt, die wohl faſt beiſpielslos iſt. Aber ich möchte bitten, dieſe meine Langmut nicht ſo weit zu mißbrauchen, daß ich geſchäftsordnungswidrig handeln würde. Ich möchte bitten, ſich etwas kürzer zu faſſen; Sie werden ja zu dieſen Ausführungen noch bei anderen Kapiteln Gelegenheit haben. Stadtv. Dr Liepmann (fortfahrend): Ich wollte nur noch ſagen, daß ich nur die Filialen von gut fundierten Geſchäften, die mit großem Umſatz und Er⸗ trag arbeiten, faſſen will und in dieſem Sinne das Vorbild der Steglitzer Steuerordnung empfehle. Ich hebe nochmals hervor, daß ſolche Filialen auf die ver⸗ mögenden Bewohner des Groß⸗Berliner Weſtens und damit auf die großen Geſchäfts⸗ und Prachtſtraßen angewieſen ſind. Deswegen würden dieſe Filialen nicht auszichen, und die Hausbeſitzer würden durch Einführung der Steuer nicht leiden. Meine Herren, wenn derartige unſererſeits unter⸗ breitete Erwägungen größere Berückſichtigung ge⸗ funden hätten, wäre es, glaube, ich, doch möglich ge⸗ weſen, unſere Bevölkerung vor der weiteren Erhöhung des Gaspreiſes zu ſchützen. Da das nun nicht ge⸗ ſchehen iſt, müſſen wir uns mit der Erleichterung be⸗ gnügen, die für die allerärmſten und leiſtunas⸗ ſchwächſten Klaſſen, die die Gasautomaten verwenden, vorgeſehen iſt. Meine Herren, wenn wir nun mit keiner größeren Gabe für die Bürgerſchaft aus dem Aus⸗ ſchuß herauskommen, ſo ſind wir trotzdem nicht nieder⸗ gedrückt. Wir betrachten erſtens die vom Ausſchuß empfohlene Erhöhung des Gaspreiſes als eine bald vorübergehende Maßnahme. Wir ſind der Hoffnung, ohne das allerdinas in iroendeiner Weiſe im Namen der Mehrheit dieſer Verſammlung verſprechen zu können, daß die Erhöhung als Kriegsabgabe anae⸗ ſehen und bald wieder verſchwinden wird. Ferner ſind wir der Hoffnung, daß die Sparſamkeit, die in dem diesmaligen Etat — ich kann ſagen: zum erſten Mal — ihren Ausdruck findet und der ich meine volle Anerkennung zolle, weiter walten werde. Dann Sitzung am 16. März 1916 wird es auch in Charlottenburg dämmern, es wird nicht nur in den Köpfen dämmern, 1 4 (Surufe) ſondern auch dämmern bei der Morgenröte dieſer weiſen Sparſamkeit, und wir wenden in unſeren Fi⸗ nanzen bald wieder das Gleichgewicht haben, auf das wir früher ſtolz ſein konnten. (Bravo! bei der Vereinigten alten Fraktion.) Stadtv. Hirſch: Meine Herren! Ich kann mich dem Wumſche des Herren Kollegen Dr. Liepmann, daß es bald in ſeinem Sinne dämmern möge, leider nicht anſchließen. , (Heiterkeit.) Ich fürchte gerade nach ſeinen jetzigen Ausführungen, daß, wenn ſich ſeine Anſichten Bahn brechen, eine Zeit für Charlottenburg kommt, die von unſeren Bürgern nicht beſonders freudig begrüßt werden wird. Meine Herren, wir ſind mit dem Herrn Kollegen Dr Liepmann einig in der Ablehnung der erhöhten Gaspreiſe. Ich habe die Gründe dafür bereits in der vorigen Sitzung ausgeführt, und auch im Etatsaus⸗ ſchuß iſt die Frage ſo eingehend behandelt worden, daß ich wohl auf eine nähere Erörterung in dieſem Augenblick verzichten kann. Ich möchte Herrn Kolle⸗ gen Dr Liepmann gegenüber nur betonen, daß wir noch genau auf demſe ben Standpunkt ſtehen wie bei der erſten Leſung. Wir ſind auch jetzt noch grundſätz⸗ liche Gegner einer Erhöhung der Gaspreiſe, und wir haben uns durch die Ausführungen im Etatsausſchuß nicht davon überzeugen laſſen, daß unſer Standpunkt falſch iſt. Herr Kollege Dr Liepmann hat einen Vergleich zwiſchen der Erhöhung der Gaspreiſe und der Er⸗ höhung der Pflegeſätze in den Krankenanſtalten ge⸗ zogen. Ein ſolcher Vergſeich iſt abſolut unzuläſſig. Bei den Krankenanſtalten handelt es ſich um ſoziale Einrichtungen der Stadt, um eine Einrichtung, die ſie im Intereſſe der Volkshygiene trifft, und da ſtehen meine Freunde auf dem Standpunkt, daß ſolche An⸗ ſtalten unter Umſtänden auch Zuſchüſſe erfordern müſſen. Ganz anders aber bei den Gasanſtalten! Die Gasanſtalten ſind ein gewerbliches Unternehmen, das aber nicht ſo betrieben werden darf, daß mög⸗ lichſt hohe Ueberſchüſſe herausgewirtſchaftet werden ſollen, lediglich zu dem Zweck, die Steuerlaſt der Bevölkerung, insbeſondere der Beſitzenden, niedrig zu halten. Daß das aber der ausgeſprochene Zweck der diesmaligen Erhöhung des Gaspreiſes iſt, unter⸗ liegt gar keinem Zweifel. Ich habe bereits im Etats⸗ ausſchuß an einigen Beiſpielen da gelegt, wie un⸗ geheuer gerade die kleinen Leute und die Gewerbe⸗ treibenden durch die Erhöhung der Gaspreiſe belaſtet werden und wie ſie weit weniger bedrückt werden würden, wenn man ſtatt deſſen einige Prozente mehr an Zuſchlägen zur Einkommenſteuer erhebt. Wenn ich mit dem Herrn Kollegen Dr Liepmann auch in der Ablehnung der erhöhten Gaspreiſe einig bin, ſo weiche ich doch in den ſonſtigen Vorſchlägen, die er gemacht hat, vollkommen von ihm ab. Herr Kollege Dr Liepmann iſt vor der Konſequenz zurück⸗ geſchreckt; denn die Konſequenz müßte ſein, daß er die Zuſchläge zur Einkommenſteuer erhöht. Statt deſſen hat er uns allerlei Mittelchen angegeben, und