64 Sollten heute noch weitere Aenderungen im Stadthaushaltsplan beſchloſſen werden, ſo wäre der Ausgleich noch nachträglich bei den Anſätzen des Kapitels 1 zu bewirken. Ich empfehle die unveränderte Annahme des Kapitels 1 und den Beſchluß betr. der Zuſchriften. Stadtv. Meyer: Meine Herren! Ich habe bei dieſem Kapitel Anlaß, zu den Reden Stellung zu nehmen, die bei der erſten Leſung des Haushalts⸗ plans von den Herren Kollegen Ir Liepmann und Panſchow gehalten worden ſind. Es gibt mir dazu die formelle Grundlage die Nummer 1 im Ab⸗ ſchnitt 1, aus der wir erſehen, daß wir in dieſem Jahre leider mit einem Verwaltungsüberſchuß aus dem vorigen nicht zu rechnen haben werden. Dieſe Tatſache iſt von dem Herrn Kämmerer bereits in ſei⸗ ner Etatsrede eingehend behandelt worden. Sie hat auch Anknüpfung geboten für meinen Freund Dr. Frentzel, der aus den früheren Ueberſchüſſen, die uns noch im zweiten Kriegsjahr erlauben, von Re⸗ ſerven zu zehren, mit den Schluß gezogen hat, daß „die ſtädtiſche Finanzpolitik, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten verfolgt haben, im weſent⸗ lichen richtig geweſen iſt.“ In der vorigen Sitzung haben demgegenüber nun die Herren Kollegen Dr Liepmann und Panſchow recht polemiſche Aus⸗ führungen gemacht, und namentlich aus den Worten des Herrn Kollegen Ir Liepmann hat es hervorge⸗ klungen, als ob er die bisherige Finanzpolitik für eine durchaus verſchwenderiſche hielte und in Gegenſatz hierzu die Forderung nach Sparſamkeit gewiſſer⸗ maßen als eine patentierte Erfindung von ihm und ſeinen Freunden ſtellte. (Stadtv. Iö Liepmann: Sehr richtig! — Große Heiterkeit.) Obwohl der Herr Kollege Dr Liepmann das ſchon mit einem „Sehr richtig!“ beſtätigt, möchte ich doch die Entſchiedenheit, mit der er ſeine Auffaſſung ver⸗ treten hat, durch einige Zitate aus ſeiner Rede be⸗ leuchten. Herr Dr. Liepmann hat geſprochen von der „von uns“ — das iſt er und ſeine Herren Fraktionskolle⸗ gen — „leider ſo oft vergeblich empfohlenen Spar⸗ ſamkeit“. Er hat angeführt, daß eine andere Finanz⸗ politik getrieben wurde, „als wir ſie empfohlen haben“, und er hat hingewieſen auf das „Steigen der Ausgaben in weit zurückliegender Zeit“. Ich will dabei nur an unſere ſtädtiſcherſeits erbauten Theater, an die teure Einrichtung unſerer Krankenhäuſer er⸗ innern“. Und er hat ſchließlich gemeint: „Ich glaube, daß wir uns in etwas auch das Recht zuſprechen können, darauf hingewirkt zu haben, daß in ſpäterer Zeit etwas weniger verſchwenderiſch ge⸗ 1 daß bei den Ausgaben mehr gebremſt wurde“. In ähnlicher Richtung gingen, wenn ich ihn recht verſtanden habe, die Darlegungen des Herrn Kollegen Panſchow, der die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr Frentzel als „eines der intereſſanteſten Momente“ feſtgenagelt und geſagthat, Herr Ir Frentzel habe „die Richtigkeit der Wirtſchaftsgebarung ſeiner Freunde zu rechtfertigen geſucht ohne jede Veran⸗ laſſung. Ich weiß nicht, ob das nicht doch gewiſſe Schlüſſe zuläßt; vielleicht iſt da irgendwo eine Stelle, die nicht jedem ſo klar iſt.“ (Heiterkeit.) Sitzung am 16. März 1916 Aus den letzten Ausführungen könnte ich beinahe fol⸗ gern das würde Herrn Kollegen Panſchow in meinen Augen völlig rechtfertigen —, daß er nicht die Ausführungen meines Freundes Ir. Frentzel, ſondern nur die des Herrn Kollegen Dr Liepmann gehört und hiernach geglaubt hat, Herr Kollege Dr Frentzel habe die Finangpolitik der Liberalen Fraktion gefeiert, während er ſich in der Tat mit der ſt äd ti⸗ ſchen Finanzpolitik beſchäftigt hat, und zwar mit der der letzten Jahre und Jahrzehnte, alſo auch einer Zeit, in der nicht die Liberale Fraktion, ſondern die Vorgängerin der jetzigen Vereinigten alten Fraktion die Mehrheit in der Stadtverordnetenverſammlung gehabt hat. Meine Herren, nicht gern gehe ich hier auf dieſe Aeußerungen ein; hat doch auch der Herr Kollege Dr Liepmann daran erinnert, daß wir uns jetzt im Burg⸗ frieden befinden und andere Aufgaben haben, als uns gegenſeitig Vorwürfe zu machen. Ich hätte nur ge⸗ glaubt, daß er ſelbſt bei dieſer Erkenntnis auf ſeine Vorwürfe, zu denen er keineswegs herausgefordert worden iſt, beſſer verzichtet hätte, während ſo ſeine Rede mir vergleichbar ſcheint mit jener bekannten Beredſamkeit des Cicero, der, wenn er eine Aus⸗ führung recht hervorheben, recht betonen wollte, ſie immer mit den Worten begann: Laſſen Sie mich Davon ſchweigen, daß uſw. (Heiterkeit.) In ähnlicher Form hat Herr Kollege Dr Liepmann ſeine Vorwürfe unterſtrichen, und demgegenüber iſt meiner Ueberzeugung nach eine Abwehr erforderlich. Es iſt mir ja nicht recht klar, aus welchen Gründen die verehrten Herren Kollegen jetzt dieſe Angriffe gemacht haben. Ich möchte es nicht für wahrſcheinlich erklären, daß es ſich um die Vor⸗ bereitung eines künftigen Wahlkampfes handelt. Denn, meine Herren, wir haben nicht erſt ſeit dem Kriege Burgfrieden, vielmehr beſtand zwiſchen den bürger⸗ lichen Fraktionen dieſer Verſammlung bei den Wahlen ſchon ſeit einer Reihe von Jahren Frieden. Herr Kollege Panſchow wird ſich beſonders aut daran er⸗ innern, daß im Jahre 1910 die letzten Kampfwahlen ſtattgefunden haben, er wurde damals als Kandidat der Liberalen und ſeiner Freunde gegen die Anhänger des Herrn Kollegen Dr Liepmann gewählt. (Heiterkeit bei den Liberalen.) Seitdem haben wir bei den Stadtverordnetenwahlen keinen Wahlkampf zwiſchen den bürgerlichen Richtungen gehabt, und ich hatte gehofft, daß auch nach dem Kriege ſolche Stadtverordnetenwahlkämpfe im allgemeinen ausgeſchaltet oder doch auf ſeltene Ausnahmefälle beſchränkt werden könnten. Wenn Sie aber jetzt derartige Dinge vorbringen, dann müſſen wir uns darauf gefaßt machen, daß früher oder ſpäter einmal zu Kampfzwecken die Behauptung in der Oeffentlichkeit erhoben wird: das iſt in der Stadtver⸗ ordnetenveraſmmlung bei der Etatsberatung im Jahre 1916 den Liberalen vorgeworfen worden, und ſie haben nichts darauf zu ſagen gewußt. (Sehr gut! bei den Liberalen.) Deshalb ſind wir genötigt, zu zeigen, daß wir ſehr wohl etwas dazu zu ſagen haben. Ich lege aber den Hauptwert darauf, daß wir das nicht lediglich oder auch nur hauptſächlich im Inter⸗