Sitzung am 16. Marz 1916 eſſe unſerer Fraktion zeigen wollen. Denn ich fürchte mich vor einem ſpäteren Wahlkampfe nicht. So, wie wir bei den letzten Kampfwahlen geſiegt haben, ſo werden wir meiner Ueberzeugung nach auch bei ſpäteren Kampfwahlen ſiegen. Ich überlaſſe das mit Ruhe der Zukunft. Es ſteht jedoch hier etwas Wichti⸗ geres auf dem Spiel, und das iſt der finanzielle Ruf der Stadt Charlottenburg. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Wir haben allen Grund, dafür zu ſorgen, daß ſich auch nicht vorübergehend in weiteren Kreiſen der Glaube feſtſetzt, als habe eine Mehrheitspartei bisher Verſchwendung getrieben und die Kaſſandrarufe einer ſehr hervorragend geſcheiten Minderheit in den Wind geſchlagen. (Heiterkeit und Sehr gut! bei den Liberalen.) Ich werde wenigſtens kurz dartun, daß das in der Tat nicht geſchehen iſt, und ich darf da zunächſt darauf hinweiſen, daß von den verehrten Herrn Kollegen von der Rechten überhaupt kaum der Beweis wird ange⸗ treten werden können, daß ſie in beſtimmten Fällen nennenswerte Ausgaben haben vermeiden wollen oder können, die ſeitens der Liberalen Fraktion und der Sozialdemokratie hier in dieſem Saale beſchloſſen worden ſind. Der Herr Kollege Dr Liepmann hat als erſtes Beiſpiel — und ich muß annehmen, daß ihm das das Wichtigſte und Beweiskräftigſte zu ſein ſchien — die Krankenhäuſer erwähnt. (Stadtv. Dr Liepmann: Und die Theater!) — Ich will eins nach dem andern nehmen, Herr Kol⸗ lege, das iſt doch beſſer. — Nun bin ich ganz der Anſicht des Kollegen Dr Liepmann, daß es allerdings bedauerlich iſt, daß in unſeren Krankenhäuſern das Bett ſo ſehr viel mehr koſtet, als es nach den An⸗ ſchauungen, die jetzt an leitender mediziniſcher Stelle herrſchen, zu koſten braucht. Nur das eine weiß ich nicht, warum Herr Kollege Dr Liepmann die Vorwürfe dieſerhalb an die Mehrheit dieſer Verſamm⸗ lung richtet; denn er ſollte doch wiſſen, daß die Kran⸗ kenhäuſer ſchon im Laufe des letzten Jahrzehnts des vorigen Jahrhunderts erbaut worden ſind, in einer Zeit, in der hier die Liberale Fraktion eine ſchwache Minderheit war, eine Minderheit, Herr Kollege Ir Liepmann, die bei weitem nicht den Einfluß hatte oder auch nur zu haben ſich einbilden konnte, den Sie ſich beimeſſen nach dem, was Sie in der vorigen Sitzung geſagt haben. (Heiterkeit. — Zuruf des Stadtv. UDr. Liepmann: Sie unterſchätzen ſich!) Herr Kollege Ir Liepmann hat weiter auf die Theater Bezug genommen. Hinſichtlich des Schillertheaters gilt jedoch genau dasſelbe wie für die Krankenhäuſer; es iſt ebenfalls erbaut worden, bevor die Liberale Partei hier eine Mehrheitspartei war. Unter den Beiſpielen, die Herr Kollege Ir Liepmann angeführt hat, bleibt alſo nur das Opernhaus, das allerdings in einer Sitzung der Stadtverordnetenverſammlumg vom 30. Mai 1911 beſchloſſen worden iſt, alſo zu einer Zeit, zu der zweifellos die Liberale Fraktion in der Stadtver⸗ urdnetenverſammlung ausſchlaggebend war. In 65 dieſer Beziehung darf ich doch aber daran erinnern, daß in der denkwürdigen Sitzung vom 30. Mai 1911 der einzige Widerſpruch gegen das Opernhaus aus den Reihen der Liberalen Fraktion geäußert worden iſt. Der einzige Redner dagegen war der verſtor⸗ bene Kollege IDr. Flatau, während der jetzige Frak⸗ tionsvorſitzende der Fraktion, der Herr Kollege Dr Liepmann angehört, Herr Kollege Dr Stadthagen, eine ſehr überzeugende Rede für den Bau und die Bewilligung der Mittel des Opernhauſes gehalten hat, (Hört! hört! und Heiterkeit bei den Liberalen) eine Rede, deren Schluß war: Ich möchte auch meinerſeits den Appell an Sie richten, der ganzen Vorlage, wie ſie aus dem Ausſchuß hervorgegangen iſt, Ihre Zuſtimmung zu geben, um eine Charlottenburg und ganz Groß⸗Berlins würdige Oper zu ſchaffen. (Hört! hört! bei den Liberalen.) Meine Herren, ich habe mich in meinen hiſtori⸗ ſchen Studien nicht beſchränken zu ſollen geglaubt auf die Fälle, die der Herr Kollege Dr Liepmann hier mir gütigſt in ſeiner Etatsrede als Material unterbreitet hat, ſondern ich habe die ſtenographiſchen Berichte und Vorlagen der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung ſeit 1908 durchblättert, um zu ſehen, ob nicht vielleicht in anderen Fällen die Liberale Frak⸗ tion große, die Stadt jett erheblich belaſtende Aus⸗ gaben beſchloſſen hat im Widerſpruch und trotz der Mahnungen und Warnungen der Herren Kollegen von der Rechten. Da habe ich gefunden, daß ſeit dem Jahre 1908, d. h. ſeit dem Zeitpunkt, wo die Liberale Fraktion die Mehrheit hat, nur in zwei Fällen eine Spaltung innerhalb der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung deutlich erkennbar geworden iſt, bei Ausgaben, die zu einer erheblichen Belaſtung der Stadt geführt haben. Das war einmal am 3. November 1909 bei der Abſtimmung über die Untergrundbahn vom Kurfürſtendamm nach dem Wittenbergplatz und zwei⸗ tens am 28. September 1911 bei dem Ankauf der Grundſtücke am Lietzenſee. Was die erſte Abſtimmung anlangt, ſo haben für die Untergrundbahn damals alle Herrn Kollegen von der Rechten mit der großen Mehrheit der übrigen Fraktionen ge⸗ ſtimmt, während der Geſichtspunkt der Sparſamkeit im Sinne des Herrn Kollegen Dr Liepmann von ſechs Mitgliedern der Liberalen Fraktion und zwei Mitgliedern der Sozialdemokratiſchen Fraktion auf⸗ recht erhalten wurde. Dieſe acht Herren bildeten die Minderheit gegenüber der Mehrheit, der, wie geſagt, ſämtliche Herren Kollegen der Rechten angehörten. Was die Lietzenſeegrundſtücke betrifft, ſo iſt hierüber zwar in geheimer Sitzung beſchloſſen worden, aber die namentliche Abſtimmung iſt in einer öffent⸗ lichen Vorlage mitgeteilt worden, und daraus ergibt ſich, daß der Grundſtücksankauf mit 23 gegen 23 Stimmen genehmigt wurde, und daß unter den 23 ablehnenden Stimmen 19 Liberale und 4 von der Rechten waren, während unter den zuſtimmenden Herren nur 11 Liberale und 6 von der Rechten ge⸗ weſen ſind, darunter wieder Herr Kollege Dr. Stadt⸗ hagen, der jetzige Vorſitzende der Fraktion des Herrn Kollegen Dr Liepmann. (Gegen eine hauptſächlich aus der Liberalen Fraktion gebildete Minderheit wurde damals der Ankauf beſchloſſen, wobei die Stimme unſeres ſehr verehrten Herrn ſtellvertreten⸗