66 den Vorſterers, zugleich Vorſitzenden der Fraktion des Herrn Kollegen Panſchow, den Ausſchlag ge⸗ geben hat. (Hört! hört! bei den Liberalen.) Meine Herren, ich möchte nun eins bemerken. Ich betrachte die Dinge heute nicht etwa, als ob ich ein Verſchulden in der Bewilligung dieſer Aus⸗ gaben ſehe. Ich beſpreche ſie auch nicht etwa in dem Sinne, als ob wir Mitſchuldige ſuchen. Ich habe ſelbſt bei den meiſten dieſer Fragen zur Mehrheit gehört, und ich halte es überwiegend für ein Ver⸗ dienſt, daß die Ausgaben bewilligt worden ſind, wenn auch die eine oder die andere durch Fügung der Zeit, durch Ereigniſſe, die nicht vorauszuſehen waren, die Stadt — wie ich hoffe, vorübergehend mehr be⸗ laſtet hat, als wir damals annehmen konnten. Aber gegenüber dem Beſtreben der Herren Kollegen Dr Liepmann und Panſchow, die belaſtenden Ausgaben immer der Liberalen Fraktion und wohl auch der Sozialdemokratiſchen, für die ich ja kein Recht habe, hier zu ſprechen, jedenfalls alſo den übrigen Frak⸗ tionen der Stadtverordnetenverſammlung zur Laſt zu legen, gegenüber ſolchem Beſtreben ſcheint mir doch die Feſtſtellung ſeh rintereſſant und durchaus notwendig zu ſein, daß alle dieſe Ausgaben unter her⸗ vorragender Miwwirkung der Führer, meiſtenteils auch der Mehrheit der Fraktionen der rechten Seite dieſes Hauſes beſchloſſen worden ſind, und daß auch ſie ſich mithin der Verantwortung billigerweiſe nicht ent⸗ ziehen können. Schließlich muß ich mich noch mit einem Worte zu einer Aeußerung des Herrn Kollegen Ir Liepmann wenden, die mich eigentlich am allermeiſten überraſcht hat. Dieſe Aeußerung lautet: „Ich halte nicht die Heberſchußpolitik, ſondern die Sparſam⸗ keitspolitik für die richtige“. Meine Herren, ich kann Sie verſichern, ich habe das ſtenographiſche Protokoll gebeugt, um den Gegen⸗ ſatz zu finden, den Herr Kollege Ur. Liepmann zwiſchen einer Ueberſchußpolitik und einer Sparſam⸗ keitspolitik macht, weil ich mich gar nicht von der An⸗ ſchauung zu trennen vermag, daß ein Ueberſchuß doch nur dadurch erzielt werden kann, daß man ſparfam iſt und ſo gegenüber dem Anſchlage Beträge erübrigt, die nachher in Abſchnitt 1 Ziffer 1 als Verwaltungs⸗ überſchuß erſcheinen können. Ich glaube, daß der GGegenſatz ein Irrtum von Herrn Kollegen Ior Liep⸗ mann iſt. Wenn er etwa meinen ſollte, daß die Ueberſchüſſe erzielt worden ſind, weil zu viel Steuern bewilligt worden ſind, mehr Steuern, als nötig waren, dann darf ich wieder erinnern an die Ausfüh⸗ rungen des Herrn Kollegen 1)1. Frentzel, der hier dar⸗ gelegt hat, daß dieſe Ueberſchüſſe gerade in den Jahren erzielt worden ſind, in denen wir mit 100% ausge⸗ kommen ſind, alſo zu einer Zeit, wo die Belaſtung der Bürgerſchaft mit Steuern außerordentlich mäßig war, ſo mäßig, daß uns die weitaus meiſten Städte in Preußen darum beneideten, daß wir ſo geringe Steuern zu nehmen brauchten. Als ſich nachher die Verhältniſſe änderten, da war es die Liberale Frak⸗ tion ich will anerkennen: nicht allein, aber auch die Liberale Fraktion , die dafür eingetreten iſt, ſolange wie möglich die Einkommenſteuerzuſchläge auf 100% zu belaſſen. Ich empfehle Herrn Kollegen Dr Liepmann die Lektüre der Ausführungen der Red⸗ ner meiner Fraktion aus den Jahren 1911, 1912, 1913, des Herrn Kollegen Kaufmann, des Herrn Kol⸗ mich eine ganze Weile über Sitzung am 16. März 1916 2 legen Wöllmer, in denen er ſtets den Gedankengang finden wird, daß tunlichſt an den 100%, feſtgehalten werden ſollte, nicht zum wenigſten deshalb, um den Anreiz zu Ausgaben zu vermindern und größtmög⸗ liche Sparſamkeit zu bewirken. Alſo, wie geſagt, erklärlich iſt mir der Gegenſatz zwiſchen Ueberſchußpolitik und Sparſamkeitspolitik nicht. Aber wenn ich verſuchen will, den ſchwierigen (Kedankengängen des Herrn Kollegen I)r. Liepmann nachzugehen, dann möchte ich glauben, daß er viel⸗ leicht Anſtoß nimmt an der, wie auch Herr Kollege⸗ I)r. Frentzel zugegeben hat, r e i chl ichen Finan z⸗ politik, die bewußt in guten Jahren getrieben worden i ſt. Das iſt es offenbar, was Herr Kollege Dr Liepmann zum Ziele ſeines Angriffs hat machen wollen. Ich wiederhole, daß wir das zugeben und daß wir heute noch der Anſicht ſind, daß dieſe reichliche Politik n icht der Gegen⸗ ſt an d eines begründeten Vorwurf i ſt, ſondern ein Verdienſt, weil wir durch die Ausgeſtaltung unſerer Straßen, durch die Erhal⸗ tung grüner Plätze, durch die Verbeſſerung der Ver⸗ kehrsmittel, durch die gute Bezahlung unſerer Ange⸗ ſtellten unſerer Stadt genützt haben, (Sehr richtig! bei den Liberalen.) dadurch den Zuzug der leiſtungsfähigen Steuerzahler vermehrt haben (Sehr richtig!) und auf dieſe Weiſe eine im wirtſchaftlichen Sinne ſparſame Finangpolitik in Charlottenburg getrieben haben, wenn ſie auch an ſich in jenen guten Jahren als reichlich zu bezeichnen iſt. (Sehr richtig!) Ja, meine Herren, ich gebe auch zu, daß wir in dieſen Jahren — und daran nimmt ja Herr Kollege I)r. Liepmann, ſoviel ich weiß, beſonderen Anſtoß in der Sozialpolitik weit vorgeſchritten ſind, daß wir es ſogar für unſere Pflicht gehalten haben, in dieſer Beziehung eine führende Stellung unter den preußiſchen Städten einzunehmen. Auch das wollen wir heute nicht verſchweigen, auch darauf wollen wir ſtol z ſein. (Bravo!) Die Stadt Charlottenburg hat auf dieſe Weiſe ihr Anſehen gehoben, und ich behaupte, daß ſie im Ein⸗ verſtändnis mit der wohlhabenden Bürgerſchaft ſo⸗ gehandelt hat, die zu uns gezogen iſt und die es durch⸗ aus billigt, daß ein angemeſſener Teil ihrer Steuern ſozialen Zwecken zugeführt wurde. (Bravo! und Sehr gut! bei den Liberalen.) Laſſen Sie mich hiermit ſchließen. Ich will die Verhandlung nicht unnütz aufhalten. Herr Kollege Hirſch hat ja auch ſchon gekennzeichnet, wie wenig annehmbar die Vorſchläge ſind, die von Herrn Kolle⸗ gen Ir Liepmann in anderer Richtung, nämlich zur Vermehrung unſerer Einnahmen, gemacht worden ſind. Ich will mich jeder Wiederholung enthalten und nur die Hoffnung ausdrücken, daß wieder eine Zeit kommen wird, in der die Ziffer 1 des Ab⸗ ſchnitts 1, Verwaltungsüberſchuß, ausgefüllt werde